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Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers

Titel: Bartimäus 03 - Die Pforte des Magiers
Autoren: Jonathan Stroud
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Tusche. Am Himmel funkelten vereinzelte Sterne. Ein-, zweimal leuchteten verwischte blaugrüne Lichter auf und verloschen wieder, wie ferne Unterwasserdetonationen.
    Auf der zweiten Ebene ging es schon turbulenter zu, dort sah man zwei Vogelschwärme unter wüstem Einsatz von Flügeln, Schnäbeln, Klauen und Schwänzen miteinander zanken. Derart flegelhaftes Benehmen wäre schon bei Möwen und anderem unbedeutendem Federvieh tadelnswert gewesen, die Tatsache, dass es sich hier um Adler handelte, war umso erschütternder.
    Auf den höheren Ebenen verzichtete man vollends auf die Vogelgestalt, dort konnte man die wahren Erscheinungsformen der kämpfenden Dschinn begutachten. 3
(Falls man das überhaupt so sagen kann. Im Grunde sind wir in unserer formlosen Gestaltlosigkeit alle gleich, aber jede Wesenheit hat einen bestimmten »Look«, der ihr entspricht und der sie während ihres Aufenthalts auf der Erde verkörpert. Auf den höheren Ebenen ist unsere Substanz auf diese eine Gestalt festgelegt, auf den unteren wählen wir die Erscheinungsform den Umständen entsprechend. Sag mal, hab ich dir das nicht schon mal erklärt?)
Aus meinem Blickwinkel wimmelte und wuselte es am Nachthimmel nur so von aufeinander prallenden Gestalten, verschwommenen Umrissen und verdächtiger Betriebsamkeit.
    Sämtliche Gebote der Fairness waren außer Kraft. Ich beobachtete, wie jemand seinem Gegner das stachelbewehrte Knie schwungvoll in den Magen rammte, worauf dieser schwer angeschlagen hinter einen Schornstein trudelte. Abscheulich! Wäre ich daran beteiligt gewesen, ich hätte mich nie zu so etwas hinreißen lassen. 4
( Ich hätte ihm erst das Knie in den Magen gerammt, ihn dann mit der Flügelspitze ins Auge gepiekt und gleichzeitig tüchtig vors Schienbein getreten. Das ist wesentlich wirkungsvoller. Die Kampftechnik des jungen Dschinn war so stümperhaft, dass ich kaum zusehen konnte. )
    Aber ich war nicht daran beteiligt. Man hatte mich ja aus dem Verkehr gezogen.
    Hätte ein Afrit oder Marid mir das angetan, hätte ich noch damit leben können, aber dem war leider nicht so. Ich hatte mich von einer Dschinnijah der dritten Kategorie überwältigen lassen, so einer, wie ich sie sonst in die Westentasche stecke und nach dem Abendessen in der Pfeife rauche. Von dort, wo ich lag, konnte ich sie beobachten. Ihre weibliche Anmut wurde allerdings von ihrem Schweinskopf und dem langen Schürhaken, den sie schwenkte, einigermaßen beeinträchtigt. Sie stand auf einem Briefkasten und hieb mit solchem Elan um sich, dass die Regierungstruppen, denen auch ich offiziell angehörte, zurückwichen und sie nicht weiter behelligten. Sie war ein echtes Prachtexemplar und hatte, nach ihrem Kimono zu urteilen, geraume Zeit in Japan verbracht. Ich gestehe, dass ich mich von ihrer harmlosen Erscheinungsform hatte täuschen lassen und mich ohne einen Schutzschild an sie herangewagt hatte. Ehe ich mich’s versah, hörte ich es durchdringend quieken, etwas kam auf mich zugeflogen und rums! – schon lag ich rücklings auf der Straße, unfähig, mich aus eigener Kraft zu befreien.
    Wie dem auch sei, meine Truppen gewannen nach und nach die Oberhand. Es war ein erhebender Anblick! Dort schritt Cormocodran einher, brach eine Straßenlaterne ab wie einen morschen Ast und drosch damit um sich, drüben wütete Hodge und feuerte eine Salve Giftpfeile nach der anderen ab. Der Feind geriet ins Wanken und nahm immer verzagtere Erscheinungsformen an. Etliche große Insekten summten an mir vorbei, ein paar panisch flackernde Irrlichter und diverse Ratten auf der Suche nach dem nächsten Loch, nur die Schweinefrau beharrte unbeirrt auf ihrer Gestalt. Meine Kameraden unternahmen einen Ausfall. Ein Käfer schmierte in einer Rauchspirale ab, ein Irrlicht wurde von einer Doppeldetonation zerfetzt. Der Feind ergriff die Flucht, das kapierte sogar die Schweinedame. Sie hüpfte graziös auf einen Vorbau, von dort mit einem Salto aufs Dach und war weg. Die siegreichen Dschinn nahmen unverzüglich die Verfolgung auf.
    Auf der Straße kehrte Ruhe ein. Wasser tröpfelte an meinen Ohren vorbei. Vom Haarknoten bis zu den Zehen war meine Substanz wund und zerschunden. Ich seufzte schwer.
    »Ach herrje«, kicherte jemand, »wen haben wir denn da? Eine Jungfrau in Nöten!«
    Ich sollte vielleicht erwähnen, dass ich in dieser Nacht, um mich von den ganzen Zentauren und Unholden abzuheben, eine menschliche Erscheinungsform gewählt hatte, und zwar die eines jungen Mädchens: schlank,
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