Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bartimäus 02 - Das Auge des Golem

Titel: Bartimäus 02 - Das Auge des Golem
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
mein Sohn?«
    »Nein, Sir, noch schlechter.«
    Dann eben nicht. Im Aufmuntern war ich noch nie besonders gut. »Na schön«, brummte ich. »In dem Fall rate ich dir, rechtzeitig den Kopf einzuziehen und wegzulaufen. Wenn du Glück hast, erwischt es zuerst deinen Herrn. So gedenke ich es jedenfalls zu halten.«
    Ich hoffe, diese erhebende Ansprache erzielte die gewünschte Wirkung, denn in diesem Augenblick brach der Angriff los. Ein ferner Widerhall ließ alle sieben Ebenen erbeben. Es war der Klang eines einzigen gebieterischen Befehls. Ich fuhr herum und spähte ins Dunkel und die fünf Wachposten, aufgestellt wie die Orgelpfeifen, streckten die Köpfe über die Zinnen.
    Das gewaltige Heer vor der Stadt setzte sich in Marsch.
    An der Spitze segelten, von einer jähen Bö getragen, die rot und weiß gepanzerten Dschinn, in den Händen schlanke Spieße mit Silberspitzen. Ihre Flügel brausten, ihr Geschrei ließ den Turm erzittern. Darunter wogte zu Fuß ein gespenstischer Haufen heran: Die Horla mit ihren aus Knochen geschnitzten Dreizacken schlüpften auf der Suche nach Opfern in die vor den Stadtmauern gelegenen Hütten und Häuser. 6
(Wie ihr enttäuschtes Gejammer alsbald verriet, fanden sie niemanden mehr. Die Vororte waren verlassen. Kurz nachdem die britische Armee den Ärmelkanal überquert hatte, hatte die tschechische Obrigkeit begonnen, sich auf den unvermeidlichen Angriff vorzubereiten. Als erste Vorsichtsmaßnahme hatte man die gesamte Bevölkerung hinter den Stadtmauern versammelt – die damals zufällig die widerstandsfähigsten in ganz Europa waren, ein wahres Wunder magischer Ingenieurskunst. Habe ich schon erwähnt, dass ich an ihrer Errichtung nicht ganz unbeteiligt war? )
Dazwischen huschten wabernde Schatten einher: Ghule und andere Geister, Kälte und Elend im Gefolge, körperlos auf jeglicher Ebene. Und dahinter wiederum schwärmten wie ein Sandsturm oder ein riesiges Bienenvolk unter wildem Zähnefletschen und -mahlen tausende von Kobolden und Foliot aus. Sie alle und viele andere kamen geradewegs aufs Strachovtor zugestürmt.
    Der Frosch tippte mich an den Ellbogen. »Ich bin heilfroh, dass Sie noch kurz mit uns geredet haben, Sir«, sagte er. »Dank Ihnen bin ich jetzt total zuversichtlich.«
    Ich hörte kaum hin. Ich beobachtete die niedrige Anhöhe hinter dem schrecklichen Feind, den Hügel nahe der weißen Zeltkuppeln. Dort oben stand ein Mann mit einem Stock oder Stab in der Hand. Es war zu weit weg, als dass ich hätte Einzelheiten erkennen können, doch seine Macht spürte ich sehr wohl. Seine Aura erhellte den ganzen Hügel. Ich sah Blitze aus den brodelnden Wolken zucken und in die Spitze des ausgestreckten Stabes fahren. Der Hügel, die Zelte und die wartenden Soldaten wurden taghell beleuchtet. Dann absorbierte der Stab die Stromschläge und das Licht erlosch. Donner grollte über der belagerten Stadt.
    »Das ist er also«, sagte ich leise vor mich hin. »Der berühmte Gladstone.«
    Die Dschinn flogen über aufgewühlte Erde und die Ruinen erst kürzlich abgerissener Bauten und kamen der Mauer immer näher. Da wurde ein versteckter Abwehrzauber ausgelöst; blaugrüne Stichflammen schossen auf und verkohlten die ersten Reihen im Fluge. Doch das Feuer ging wieder aus und die nachrückenden Dschinn hielten unbeirrt auf die Stadt zu.
    Das war das Zeichen für die Verteidiger. Hunderte Kobolde und Foliot erhoben sich von den Mauern und schleuderten den heranfliegenden Horden unter blechernem Geschrei Detonationen entgegen. Die Angreifer vergalten es ihnen mit gleicher Münze. Inferno-und Flutzauber prallten aufeinander und vor den grellen Explosionen tanzten taumelnde Schatten. Dahinter gingen die Außenbezirke Prags in Flammen auf, und unter uns rückten die vordersten Horla gegen das Tor vor und versuchten, die robusten Bindezauber zu knacken, mit denen ich die Mauerfundamente gesichert hatte.
    Ich spreizte die Flügel und schickte mich an, mich ins Getümmel zu stürzen. Neben mir blies sich der Frosch auf und quakte trotzig. Da schoss urplötzlich ein spiralförmiger Kraftblitz aus dem Stab des Zauberers auf dem fernen Hügel, zischte in hohem Bogen über den Himmel und krachte direkt unterhalb der Brustwehr in den Torturm. Unser Schutzschild wurde zerfetzt wie Seidenpapier, Stein und Mörtel spritzten auf, dann sackte das Turmdach zusammen. Ich wurde hoch in die Luft gewirbelt…
    …und wäre beinahe auf dem Erdboden aufgeschlagen, landete aber stattdessen in einer Wagenladung
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher