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Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels

Titel: Barcelona 03 - Der Gefangene des Himmels
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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schielen.«
    »Solange er seine Hände im Zaum hält … Ich weiß aus sehr guter Quelle, dass dir Fermín immer treu gewesen ist.«
    »Ich weiß, ich weiß. Aber wissen Sie, was mir Angst macht, Señora Bea? Dass ich zu wenig bin für ihn. Wenn ich ihn so sehe, wie er mich verzückt anguckt und sagt, wir wollen zusammen alt werden und all die Schmeicheleien, die er von sich gibt, dann denke ich immer, eines Tages wacht er morgens auf, schaut mich an und sagt: Wo habe ich denn dieses Dummchen aufgegabelt?«
    »Ich glaube, du täuschst dich, Bernarda. So etwas wird Fermín niemals denken. Er verehrt dich.«
    »Das ist eben auch nicht gut, wissen Sie, ich habe so manchen jungen Herrn gesehen, der seine Señora verehrt hat wie eine Jungfrau und dann dem erstbesten Luder hinterhergerannt ist wie ein brünstiger Hund. Sie glauben nicht, wie oft ich das mit diesen Äuglein gesehen habe, die mir Gott geschenkt hat.«
    »Aber Fermín ist nicht so, Bernarda. Fermín ist einer, der das Herz auf dem rechten Fleck hat. Davon gibt es nur wenige, Männer sind wie die Kastanien, die auf der Straße feilgehalten werden: Wenn man sie kauft, sind sie alle heiß und riechen gut, aber wenn man sie aus der Tüte zieht, werden sie sofort kalt, und die meisten erweisen sich als wurmstichig.«
    »Damit meinen Sie aber nicht Señor Daniel, nicht wahr?«
    Bea zögerte eine Sekunde.
    »Nein, natürlich nicht.«
    Die Bernarda schaute sie von der Seite an.
    »Alles in Ordnung zu Hause, Señora Bea?«
    Bea spielte mit einer Falte von Bernardas Unterrock, die über ihrer Schulter hervorschaute.
    »Ja, Bernarda. Aber ich glaube, wir beide haben uns Männer ausgesucht, die ihre Eigenheiten und Geheimnisse haben.«
    Die Bernarda nickte.
    »Manchmal kommen sie mir vor wie Kinder.«
    »Männer. Man muss ihnen Auslauf geben.«
    »Aber mir gefallen sie«, sagte die Bernarda, »und ich weiß schon, was Sünde ist.«
    Bea lachte.
    »Und wie magst du sie? Wie Evaristo?«
    »Nein, um Gottes willen. Der schaut sich so oft im Spiegel an, dass er ihn regelrecht abnutzt. Ein Mann, der länger braucht als ich, um sich herzurichten, da könnte ich die Wände hochgehen. Ich mag sie ein wenig ungeschliffen, wie soll ich sagen? Und ich weiß, mein Fermín ist nicht hübsch, was man so hübsch nennt. Aber für mich ist er hübsch und gut. Und sehr männlich. Und am Ende ist es das, was zählt, dass er gut ist und ein richtiger Mann. Und dass man sich in einer Winternacht an ihn anschmiegen kann und er einem die Kälte aus dem Körper zieht.«
    Bea nickte lächelnd.
    »Amen. Aber mir hat ein Vögelchen zugezwitschert, dass dir eigentlich Cary Grant gefällt.«
    Die Bernarda errötete.
    »Ihnen etwa nicht? Nicht zum Heiraten natürlich. Ich habe das Gefühl, der hat sich verliebt, als er sich das erste Mal im Spiegel sah, aber unter uns gesagt, und Gott möge mir verzeihen, von der Bettkante würde ich ihn nicht stoßen …«
    »Was würde Fermín sagen, wenn er dich so hören könnte, Bernarda?«
    »Was er immer sagt: ›Na ja, wir werden alle eine Beute der Würmer …‹«

Fünfter Teil
      
Der Name des Helden
      
1
      
Barcelona, 1958
      
    Jahre später sollten die dreiundzwanzig zum Feiern vereinten Gäste Rückschau halten und sich an den historischen Abend vor dem Tag erinnern, an dem Fermín Romero de Torres einen Schlussstrich unter sein Junggesellendasein zog.
    »Das ist das Ende einer Ära«, proklamierte Professor Alburquerque mit erhobenem Champagnerglas, und keiner von uns hätte treffender sagen können, was wir alle fühlten.
    Fermíns Junggesellenabschied, dessen Auswirkungen auf den weiblichen Teil der Weltbevölkerung Don Gustavo Barceló mit dem Tod Rudolph Valentinos verglich, fand an einem klaren Februarabend des Jahres 1958 im großen Tanzsaal von La Paloma statt, dem Schauplatz von Fermíns infarktischen Tangos und weiteren Momenten, die nun Teil der Geheimakte einer langen Karriere im Dienste des Ewigweiblichen wurden.
    Mein Vater, den wir für einmal aus dem Haus gebracht hatten, hatte das halbprofessionelle Tanzorchester La Habana del Baix Llobregat verpflichtet, das zu einem Schleuderpreis aufzuspielen bereit war und uns mit einem Potpourri aus Mambos, Guarachas und bäuerlichem Son Montuno erfreute, die den Bräutigam in die weit zurückliegenden Tage der Welt der Intrigen und des internationalen Glamours in den großen Kasinos des vergessenen Kubas zurücktrugen. Die Festgäste legten jede Befangenheit ab und stürzten sich auf
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