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Balthazar: Roman (German Edition)

Balthazar: Roman (German Edition)

Titel: Balthazar: Roman (German Edition)
Autoren: Claudia Gray
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Aufgabe vorbereiten würde. Zum Beispiel, jemanden zu erwürgen. Was, wie Skye entschied, eine vollkommen paranoide Vorstellung war. Sie konnte nicht zulassen, dass sich ihre Visionen in jeden ihrer wachen Gedanken mischten. Sie blickte wieder auf den Weg, der vor ihr lag, und fragte sich, ob sie es wagen konnte, Eb noch weiter anzuspornen. Der Boden war steinig und schneebedeckt, aber nicht allzu schlimm. Und so stieß sie Eb die Hacken in die Flanken, aber nicht grob, sondern nur um ihm anzuzeigen, dass es Zeit wäre, sich etwas schneller zu bewegen. Was Eb dann auch tat.
    Wieder blickte Skye über ihre Schulter. Der Mann rannte hinter ihnen her. Und er wollte mehr als nur mithalten.
    Dies war real. Es war keine Paranoia und auch keine übernatürliche Vision von einem Toten oder eine hysterische Halluzination, angefacht durch das, was sie in Evernight durchgemacht hatte. Diesen Mann gab es wirklich. Und er wollte ihr etwas tun!
    Skye grub ihre Absätze in Ebs Flanken und ließ die Zügel schnalzen, was für ihn das Signal war, in Galopp zu verfallen. So tückisch der Untergrund auch sein mochte, Eb reagierte sofort und stürmte los. Skye beugte sich nach vorne, um nicht von einem zurückschnellenden Ast der Bäume, an denen sie nun vorbeirasten, im Gesicht getroffen zu werden. Ihr Atem ging jetzt rascher, und die Luft war so entsetzlich kalt, dass ihre Kehle schmerzte. Angst stieg in ihr auf, aber auch ein Zorn, der heftig genug war, um beinahe sogar ihre Furcht zu überlagern. Wie konnte dieser Kerl es wagen, ihr nachzustellen? Er war ein abscheulicher Mistkerl, und sie wünschte sich, sie hättte ihm einfach eins mit der Pferdepeitsche überziehen können. Aber ihr war klar, dass sie stattdessen alles dransetzen musste, ihn abzuschütteln.
    Über ihr in den Bäumen hörte sie ein seltsam dumpfes Geräusch. Als ihr Blick nach oben schoss, konnte sie den Umriss des Mannes erkennen, allerdings durch die Bewegung nur verschwommen. Er war über ihr. Mindestens fünf Meter hoch …
    O mein Gott , dachte sie. Er ist ein Vampir .
    Eb stolperte so unvermittelt, dass nicht einmal mehr Skyes Profisattel ihr Halt geben konnte. Sie wurde Hals über Kopf vornüber abgeworfen und landete so hart auf dem gefrorenen Boden, dass es ihr den Atem verschlug.
    Benommen rappelte sie sich wieder auf. Ein Stückchen von ihrem Helm lag abgesplittert im Schnee; aber wenn sie den Helm nicht getragen hätte, wäre es ihr Schädel gewesen, den es zerschmettert hätte. Ihre linke Hand war aufgerissen, und das Blut tropfte heftig hinab. Einen Moment lang sah sie zu ihrem Pferd, das sich nicht mehr gerührt hatte, seit es gestolpert war, als ob es angewurzelt wäre. Wenn es sich das Bein gebrochen hätte, würde man es töten müssen, o Gott, nein, nicht Eb …
    In diesem Augenblick landete der Vampir nur wenige Schritte von ihr entfernt.
    Skye stürzte so schnell davon, wie sie nur konnte, aber er war flinker. Mit einem Satz war er vor ihr, sodass sie abrupt abbremsen musste. Verzweifelt riss sie sich den Helm vom Kopf und hielt ihn vor ihre Brust – der einzige Schild, den sie hatte –, doch der Vampir brach in Gelächter aus.
    Er lachte sie aus . Spielte mit ihr. Und es gab, verdammt noch mal, nichts, was sie dagegen hätte tun können.
    »Hast du dir wehgetan?«, fragte er. Seine Stimme war weich und angenehm. Er sprach, als habe er sie gerade eben verletzt gefunden und sei gewillt, ihr zu helfen. Natürlich konnte er ihr nichts vormachen, und das wusste er ganz genau. Es war nur ein Spiel, das er genoss.
    Nun, sie würde einen Teufel tun, bei dieser Posse mitzumachen. »Verschwinde.«
    Der Vampir bückte sich und tauchte zwei seiner Finger in die kleine, rote Lache, die ihre Blutstropfen im Schnee hinterlassen hatten. »Es sieht wunderschön auf dem Weiß aus, nicht wahr?«, fragte er verträumt. »Wie rote Rosen in einem Hochzeitsstrauß.« Dann hob er die beiden Finger an die Lippen und leckte das Blut ab.
    Und plötzlich geschah etwas mit ihm. Sein Blick wurde trüber, und seine Kiefer wurden schlaff; sein ganzer Körper war mit einem Mal reglos. Es war vollkommen bizarr, aber es war eine Chance, und Skye hatte vor, sie zu nutzen.
    Sie schoss zurück zu Eb. Wenn er sich wirklich etwas getan hatte, dann – nein, daran durfte sie nicht denken. Wenn er aber unversehrt war, dann konnte sie vielleicht wieder aufsitzen und leise von hier fortreiten. Skye schwirrte der Kopf, während sie schneller und schneller lief und nach Ebs dunkler
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