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Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt
Autoren: Wolf Schreiner
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gerufen haben. Ich dachte zuerst, es sei ein Postbote, deshalb habe ich es nicht beachtet. Das Haus ist ein wenig unübersichtlich.« Quirin Eder lächelte. »Außerdem war es noch aus einem anderen Grund gut, dass ich gekommen bin. Das Wasser im Bad tropfte, gar nicht auszudenken, wenn es eine Überschwemmung gegeben hätte.«
    »Das ist für Anton gar nicht typisch, so nachlässig zu sein.«
    »Aber ich sage Ihnen, das Wasser lief.«
    »Bleibt die Tatsache, dass Sie bei Ihrem Eindringen das Fenster beschädigt haben.«
    »Ich sagte doch schon, es war eine Notlösung. Ein Notfall. Da darf man zu ungewöhnlichen Mitteln greifen.« Eder klang genervt.
    »Außerdem gibt es keinen Geschädigten.«
    »Sie meinen, weil Ihr Vater tot ist?«
    »Ich meine, weil ich vermutlich der Erbe dieses Anwesens sein werde, oder nicht?«
    5
    W ährend der ganzen Morgenandacht war Baltasar unkonzentriert. Die Bänke vor ihm waren leer, lediglich einige Landwirte, die ihre Stallarbeit mit einem Gottesdienst beenden wollten und wohl um reiche Ernten beteten, einige Rentner, die Langeweile und Einsamkeit aus dem Hause trieb. Die Begegnung mit Anton Grafs Sohn ging ihm nicht aus dem Kopf. Ob der junge Mann tatsächlich die Polizei über seinen ungewöhnlichen Besuch im Haus seines Vaters informieren würde?
    Noch mehr störte ihn das Schweigen seiner Glocken. Eine Messe ohne Läuten war wie ein Film, bei dem man den Ton abgedreht hatte. Glocken dienten bereits in vorchristlicher Zeit dazu, Kontakt mit den Überirdischen, mit Göttern aufzunehmen, eine Verbindung zwischen Himmel und Erde herzustellen, egal ob in China, Indien, Ägypten oder Mesopotamien. Zugleich vertrieb der Klang der Glocken die Dämonen und Geister, ein magisches Musikinstrument, glaubten die Menschen damals, Unwetter würden abgewehrt. Nach der Auffassung der Hindus waren sie das Symbol allen Lebens. Priester trugen Goldglöckchen im Saum ihrer Kleider. Nach Christi Geburt ersetzten Glocken die Uhren und riefen zum Gebet, die Stimme der Kirche, für alle hörbar. Bis heute. Praktischerweise liebten mittlerweile alle Menschen, Christen wie Heiden gleichermaßen, das Bimmeln der Glocken, in moderner Form auch als Handy-Klingelton.
    Baltasar musste etwas unternehmen. Auf die finanzielle Barmherzigkeit der Diözese zu warten konnte bis zum Jüngsten Tag dauern. Der Scheck seines Nachbarn war zumindest eine Basis, er hatte keine Ahnung, was die Reparatur tatsächlich kosten würde.
    Den Abschlusssegen ratterte er herunter, als gelte es, den ersten Preis im Schnellsprechwettbewerb zu gewinnen. Er sparte sich die Verabschiedung an der Kirchentüre und verschwand stattdessen in die Sakristei zum Umziehen. Der schwarze Anzug war genau das Richtige für sein Projekt.
    Im Schalterraum der Sparkasse wandte er sich an eine Mitarbeiterin, die er flüchtig von den Gottesdiensten kannte.
    »Ich würde gern mit Herrn Trumpisch sprechen, einen Termin habe ich nicht vereinbart.«
    »Sie sind früh dran, Hochwürden, vielleicht haben Sie Glück, und der Herr Bankdirektor hat noch etwas Luft, bevor die Besprechungen beginnen.« Sie verschwand in einen Flur an der Rückwand. Nach einer Weile kam sie zurück. »Wenn Sie mir bitte folgen würden, Herr Pfarrer.«
    »Bemühen Sie sich nicht, ich kenne den Weg, danke nochmals.«
    Er ging vor bis zu dem Eckbüro, klopfte an die Tür und wartete auf das »Herein«.
    Alexander Trumpisch kam ihm entgegen und lotste ihn zu einem Ledersessel, dem Element einer kleinen Sitzgruppe am Fenster. Teppichboden dämpfte die Schritte, Schreibtisch und Schränke bestanden aus weiß geschlämmtem Holz.
    »Ihr Besuch überrascht mich, Herr Senner. Stimmt etwas nicht mit Ihrem Konto?«
    »Alles in Ordnung, außer dass das Minus immer größer wird – aber das ist nicht Ihre Schuld, Herr Trumpisch.«
    »Na, da bin ich froh. Wenn Sie einen kleinen Überbrückungskredit brauchen, wir machen das ganz diskret, Sie erhalten selbstverständlich Sonderkonditionen, und Kontoführungsgebühren berechnen wir Ihnen natürlich auch nicht.«
    »Damit sind wir beim Thema. Ich bräuchte tatsächlich ein Darlehen, aber nicht für mich persönlich, sondern für unsere Kirche. Wie Sie sicher schon gehört haben, ist ein Teil des Dachgebälks eingestürzt und hat unsere Glocke damit außer Gefecht gesetzt.«
    »Ja, ja, das war Tagesgespräch im Ort. Aber was wollen Sie von der Sparkasse?«
    »Geld eben. Zur Restaurierung. Damit die Glocke in unserem Ort wieder läuten kann.«
    »Unsere
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