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Baeuerin sucht Frau

Baeuerin sucht Frau

Titel: Baeuerin sucht Frau
Autoren: Rebecca Stein
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interessieren den nicht die Bohne. Er will einfach auch aus Scheiße noch Geld machen, im wahrsten Sinne des Wortes. Und blöderweise gelingt ihm das mit der Gülle aus seinen Ställen und dieser Anlage sogar. Das ist wahrer Fortschritt! Wen interessieren da die fragwürdigen Bedingungen unter denen die angeketteten Tiere in viel zu engen Ställen ihr kurzes Leben fristen? Kaum jemanden.
    Für Wuttke bedeutet meine Ablehnung eine erhebliche Verzögerung des Projektes und, da er nun vier Kilometer weiter weg baut, wesentlich längere Transportwege von den Stallungen zum Werk. Es ist deshalb eine seiner Lieblingsbeschäftigungen, mir das Leben schwer zu machen. Mir durch diese Maklerin meine Kapitalnot unter die Nase zu reiben, passt genau da rein. Unterton: Hättest du mal mein Angebot angenommen.
    »Noch ist er ja nicht gewählt«, meint Antje. Und weil sie eine echte Freundin ist fügt sie hinzu. »So beliebt ist er nun auch wieder nicht bei den Leuten. Ich stimme jedenfalls nicht für ihn. Und Erik sicher auch nicht.«
    Gut dann haben wir schon zwei Gegenstimmen. Plus meine eigene, macht drei. Fehlen nur noch etwa vierhundertfünfzig weitere. Ich mache mir nichts vor. Wuttke ist der größte Arbeitgeber im Dorf, hat Einfluss wie kein zweiter. Im Grunde regiert er hier schon, ihm fehlt nur der offizielle Status.
    »Warum trifft es ausgerechnet mich«, beklage ich mein Schicksal. »Ich habe doch schon genug Sorgen.«
    Antjes Gesicht wird ernst. »Ist es so schlimm?«
    »Na ja, sagen wir mal so: Dieses Jahr brauche ich etwas mehr Glück, sonst sieht es echt finster aus.« 
    Der lange warme Sommer im letzten Jahr hat mich einiges gekostet. Nicht nur die Kartoffelernte fiel wegen der Käferplage schlecht aus. Im Mais und Roggen wüteten die Thripse. So ein Jahr wünsche ich mir nicht so schnell wieder. Die finanziellen Auswirkungen spüre ich jetzt noch. Ich seufze. Immerhin habe ich der Bankangestellten gestern die Zusage entlocken können, meinen Dispo raufzusetzen. Sie wollte sich nur noch mal bei ihrem Chef rückversichern und dann die Änderung vornehmen. Diese Woche noch! Das wird für diesen Monat meine Rettung.
    Besorgt sieht Antje mich an. »Erik brubbelte gestern irgend etwas von gefräßigen Käferlarven.«
    »Ja, die Biester sind schon wieder ziemlich rege. Wir müssen in jedem Fall spritzen. Vielleicht sogar zweimal. Aber mehr darf nicht.« Ich schnaufe missmutig. »Als Ökobäuerin kann ich es mir nicht so einfach machen wie die Wuttkes dieser Welt.«
    Die mixen eine Chemiekeule nach der anderen und schmeißen sie auf die Felder. Ich stehe daneben, und muss zusehen, wie die natürlichen Alternativen nach und nach unwirksam werden. Die Anzahl der Mittel, die ich einsetzen kann, wird von Jahr zu Jahr kleiner.
    »Wenigstens steht ihr, du und Wuttke, euch in eurer Antipathie zueinander in nichts nach«, meint Antje lakonisch.
    »Ich habe im Grunde gar nichts gegen Wuttke«, behaupte ich. »Wenn er mich in Ruhe lassen würde, wäre alles gut. Er ist ja nicht der Einzige, der fleißig Gifte versprüht. Und mit den anderen habe ich auch keinen Ärger.« Ich kann nur ihre Ignoranz nicht verstehen. Hier noch ein Mittelchen und dort noch eines. Nein, das schadet dem Menschen nicht. Wie denn auch? Wir essen zwar später die Pflanzen, die wir mit allem Möglichen überschüttet haben, nehmen wer-weiß-was mit ihnen auf. Aber wir sind eine moderne Gesellschaft in der es auch dafür eine Lösung gibt: Bedienungsanleitungen für Obst und Gemüse. Wie es zu waschen und zuzubereiten ist, um es, ganz unbedenklich, weil nicht grenzwertüberschreitend, zu uns nehmen zu können.
    Unbedenklich? Eher ohne zu denken!
    »Willst du damit sagen, die Tatsache, dass Wuttke dich hinter deinem Rücken als spinnerte Ökolesbe betitelt, stört dich nicht?«, stichelt Antje.
    Und wie mich das stört! Das weiß Antje auch. Meine Meinung dazu habe ich ihr, ebenso wie Erik, deutlich verklickert. Sie lautet: Wer sich selber vergiften will, darf das gerne tun. Aber bitte durch direkte Einnahme von dem Zeug und nicht über den Umweg Boden, Grundwasser, Gewässer. Wo die längst nicht abgebauten, schädlichen Substanzen zu Tier- und Pflanzensterben führen. Die Welt will nicht gerettet werden, bekomme ich oft zu hören. Aber will sie verseucht werden? Wer hat die Welt überhaupt gefragt?
    »Das mit der Lesbe hat er umsonst«, brumme ich missmutig. »Aber er wertet mit dieser Betitelung meine Grundsätze ab. Das kann ich nicht vertragen.«
    Antje
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