Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising
Autoren: Glen Duncan
Vom Netzwerk:
Die kleine Lula, der du die Windeln gewechselt hast und deren verzücktes Gesicht, wenn sie den Rätseln der Erde oder den Sagen des Klassischen Griechenlands lauschte, eine deiner reinsten Freuden war. Ja, und außerdem hat sie einen Braten in der Röhre. Der Vater war auch ein Werwolf, aber er ist tot. Er hat Lula reich gemacht, musst du wissen. Da kommt der Schotter her …) Der Brief, den Cloquet für mich abholte, war von Miles Porter, Präsident der Coralton-Verne International Private Bank an der Ecke Fifth Avenue und 45th Street. Jake hatte Anweisungen hinterlassen: Sollte die Bank nach einem gewissen Datum keine weiteren Anweisungen mehr erhalten, sollte Mr Porter sich mit mir in Verbindung setzen. Ich war dazu autorisiert worden, das Schließfach zu öffnen, das dort unter Jakes Namen geführt wurde. Ich hatte Porters direkte Telefonnummer und sollte, so Jakes Anweisung, anrufen, sobald ich den sechsstelligen Sicherheitscode hätte.
    Den ich nicht hatte. Ich hatte auch keine Ahnung, wie ich darankommen sollte.
    Eine List der Vampire? Ein Trick der WOKOP? In unserer ersten Woche in Manhattan hatte Jake mir erklärt, dass er neben den zwanzig Millionen noch weitere Arrangements getroffen hätte, doch das Thema war so morbid, dass wir nie über Details sprachen. Nun war er fort, und ich wusste nicht, was ich tun sollte.
    Ich rief Miles Porter an und erklärte ihm, ich sei auf Reisen (tatsächlich übernachtete ich gerade in einem kleinen, zu teuren Hotel mit zu viel dunklem Holz in Cold Spring, meine Wohnung hatte ich untervermietet), würde mich aber nach meiner Rückkehr bei ihm melden. Dann heuerte ich einen Privatdetektiv an, um sicherzugehen, dass »Miles Porter« tatsächlich derjenige, war, für den er sich ausgab. Das war er. Dummerweise klärte das nichts. WOKOP setzte auch Zivilisten ein und die Vampire normale Menschen. Außerdem hatte ich den sechsstelligen Code nicht.
    Eine Woche ging vorüber. Ich rief den neuen Mieter in meiner alten Wohnung an, um nachzufragen, ob es irgendwelche Nachrichten oder Post für mich gäbe. Nichts. Dann rief die vielseitige Alison an. St Mark’s Bookshop hatte im Restaurant angerufen. Mein Exemplar von Herz der Finsternis könne abgeholt werden. Ich solle nach Stevie fragen.
    Ich hatte keine Bücher bestellt.
    Herz der Finsternis .
    Marlowe.
    Jake.
    Conrad, nicht Chandler. Bis zum Ende ein literarischer Snob. Ich schlich mich mit blonder Perücke und roter Sonnenbrille nach Manhattan zurück. Stevie war ein pummeliger junger Bursche mit gebleichten Haaren und Akne und einem Blick, der besagte, ganz gleich welcher Art von Arschgeigerei man auch nachging, er habe alles schon tausend Mal gesehen. Er trug ein Pearl Jam -T-Shirt und einen weißen Nasenstecker, den ich erst für einen riesigen Pickel gehalten hatte. »Der Kunde hat dafür vor fünf Monaten bezahlt und uns gesagt, wir sollten Sie an einem bestimmten Tag anrufen. Also gestern. Hat keinen Namen hinterlassen, aber gesagt, Sie wüssten schon.«
    Die Seiten drei, acht, vierzehn und siebzig hatten Eselsohren. Die Ziffern waren eingekreist. 3, 8, 1, 4, 7, 0.
    Ein hohes Risiko, aber ich ging es ein.
    Als ich allein in einem der Sicherheitsräume der Bank war, öffnete ich die Kassette. Dreiundfünfzig Tagebücher, angefüllt mit Jakes winziger kursiver Handschrift. In den jüngsten Jahren kleine schwarze Moleskines , weiter zurück kalbsleder- oder leinengebunden, ein halbes Dutzend mit gebrochenen Einbänden, mit Gummibändern oder Schnüren zusammengehalten, zwei oder drei vom Wasser verzogen und schimmelfleckig. Lange Phasen – manchmal Jahrzehnte –, in denen er gar nichts geschrieben hatte.
    Ein versiegelter Umschlag lag obenauf in der Kassette, damit ich ihn als ersten sah. Auf dem Umschlag stand:
    Falls wir nicht genügend Zeit haben.
    Ich liebe Dich.
    Jake .
    Im Umschlag steckten Anweisungen, wie ich an sechs Bankkonten in der Schweiz kam, die nur mit einem Sicherheitscode zugänglich waren, dazu eine Liste mit einem halben Dutzend Namen, Telefonnummern und Diensten unter der Überschrift: Personen, denen Du vertrauen kannst. Ich kannte keinen von ihnen.
    Falls wir nicht genügend Zeit haben.
    Ich liebe Dich.
    Jake.
    Bis zu diesem Augenblick hatte ich in einer Trauerphase grinsender Idiotie gesteckt: Ich würde ihn wiedersehen, und wir würden zusammen über all das lachen. Plötzlich war diese Phase vorüber. Ich hockte mich auf den Boden der Kammer und spürte einen Riss in der Brust. Das Leben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher