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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood
Autoren: Tom Wolfe
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auch genau, was da zu tun ist. Er war so … ich weiß nicht …« Sie lachte, um dem Wort, das sie dann sagte, die Spitze zu nehmen — »so scharf.«
    »Oh, mein Gott. Hätte nie gedacht, dass ich mal den Tag erleben darf, an dem du Nestor Camacho scharf nennst.«
    »Nicht scharf wie rattenscharf oder so … einfach nur stark. Weißt du, was ich meine? Ich habe mich gefragt, ob vielleicht —« Sie brach den Satz ab.
    »Du glaubst also, du hättest bei Nestor bleiben sollen?«
    »Na ja, vielleicht habe ich ihn einfach als selbstverständlich betrachtet«, sagte Magdalena. »Ich meine, keiner war wirklich so für mich da wie er. Und wenn etwas passiert, ist es immer er, der mir zuerst einfällt. Das muss doch etwas bedeuten, oder?«
    »Na ja, man kann nicht gerade behaupten, dass du dich danach verbessert hättest.«
    »Wie wahr. Erst ein Perversling, dann ein Krimineller«, sagte Magdalena. »Ich hab’s wirklich weit gebracht.«
    »Sei nicht so streng mit dir«, sagte Amélia. »Du könntest es schlechter treffen als mit Nestor. Er hat dir wirklich gutgetan. Wie seid ihr verblieben?«
    »Eigentlich gar nicht«, sagte Magdalena. »Das ist das Komische. Gerade als ich wieder etwas für ihn zu fühlen begann, war er auch schon wieder weg.«
    »Typisch Mann.«
    »Nein, ich meine das wörtlich. Er sagt, ›Ich muss meinen Partner anrufen‹, und läuft raus. Das war so — wie heißt das Wort? Heroisch? Als würde er in den Kampf ziehen — ach, ich weiß nicht.«
    »Dein Ritter aus Hialeah!«, sagte Amélia.
    Plötzlich schauten sie beide zum Fernseher. Das Muster aus Licht und Schatten hatte sich abrupt verändert. Die Loboloco-Show war offenbar aus irgendeinem Studio gesendet worden, der Kontrast zwischen hell und dunkel war minimal gewesen. Jetzt kamen die Bilder von draußen, es herrschte hartes Mittagslicht, und die Schatten des Gebäudes auf dem Bildschirm sahen aus wie mit Tusche gezeichnet. Magdalena und Amélia sahen den Innenhof eines drei- oder vierstöckigen Gebäudes mit Balkonen rundum — nein, mit einer Galerie, die in den Hof hineinragte. Die Stockwerke waren durch große Außentreppen verbunden, und am Fuß von einer der Treppen, auf den untersten Stufen, lag anscheinend ein menschlicher Körper, mit dem Kopf nach unten, der mit einem weißen Tuch zugedeckt war, einschließlich des Kopfes, was bedeutete, der Mensch war tot. Neben der Leiche und vor gelben Absperrbändern standen Polizisten, die eine Gruppe hauptsächlich älterer Menschen zurückhielten, von denen sich einige über Gehhilfen beugten.
    »Mach mal lauter«, sagte Amélia.
    Magdalena drückte auf den Lautstärkeregler. Auf dem Bildschirm erschien eine Reporterin, eine junge Frau mit blondem Haar. »Ist dir schon mal aufgefallen, dass die nur Blondinen haben, sogar bei den spanischen Sendern?«, sagte Amélia mit leicht ärgerlicher Stimme. Die Blondine hielt ein Mikrofon in der Hand und sagte, »— bleibt es ein Rätsel, dass der Künstler in dieser Seniorenresidenz in Hallandale unter dem Namen Nikolai Kopinsky bekannt war — auch wenn er kaum Kontakt zu seinen Nachbarn pflegte — und dass sein Apartment eine Art geheimes Atelier war, zu dem er niemandem Zutritt gewährte.«
    »Oh, mein Gott!«, sagte Magdalena. »Hat sie Hallandale gesagt?«
    »Ja, Hallandale.«
    »Oh, mein Gooooott«, sagte Magdalena, was sich anhörte wie eine Kreuzung aus Schreien und Stöhnen. Sie schlug die Hände vors Gesicht. »Das hat Sergej am Telefon gesagt, ›Hallandale.‹ Alles andere war auf Russisch! Oh, mein Gooooott! Ich muss Nestor anrufen! Ich muss wissen, was da los ist! Hallandale! Oh, Gott!«
    Sie riss sich zusammen, lief in ihr Schlafzimmer und kam mit ihrem Handy gleich wieder zurück ins Wohnzimmer, damit sie nicht allein war. Sie scrollte durch das Telefonbuch ihres Handys bis zu »Nestor«. Sie hörte fast sofort das Klingeln, und fast genauso schnell ertönte eine mechanische Stimme, »— ist zur Zeit nicht erreichbar. Wenn Sie eine Nachricht hinterlassen —«
    Völlig verzweifelt blickte Magdalena zu Amélia und sagte in einem Tonfall, der nach Weltuntergang klang, »Er geht nicht ran.«
    Als sich die Lifttür im ersten Stock öffnete, stand Cat Posada schon da und wartete auf ihn.
    »Officer Camacho?«, sagte sie, als wüsste sie nicht ganz genau, wer er war. »Folgen Sie mir. Ich bringe Sie zum Büro des Chiefs.« Nestor musterte ihr hübsches Gesicht, ob er vielleicht … die Spur … eines Hinweises erkennen konnte. Das war in
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