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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood
Autoren: Tom Wolfe
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etwa so leicht, wie in einem Ziegelstein zu lesen. Es war nicht zum Aushalten. Das war genau das Mädchen, auf das er genau an dieser Stelle Lust gehabt hatte … und das mitten in einer Krise, die ihn damals sprachlos gemacht hatte. War es tatsächlich möglich, dass sie sich nicht erinnerte? Urplötzlich, ohne dass er es vorgehabt hatte, hörte er sich sagen, »Na dann, auf ein Neues. Auf zum langen Marsch.«
    Sie war schon losgegangen, als sie sich zu ihm umdrehte und sagte, »Langer Marsch? Ist gleich da hinten am Ende des Gangs.«
    Es war der Tonfall ihrer Stimme, der sagte, Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden, und um es rauszufinden, ist mir meine Zeit zu schade. Wie neulich führte sie ihn bis zur Büro tür des Chiefs und blieb dann stehen. »Ich sag ihm, dass Sie da sind.« Dann verschwand sie in seinem Büro.
    In null Komma nichts war sie wieder da. »Sie können rein.«
    Nestor versuchte ein letztes Mal, einen Hinweis zu ergattern … von ihren Lippen, ihren Augen, ihren Augenbrauen, einer Neigung ihres Kopfes … nur einen Hinweis, irgendeinen Hinweis, gottverdammt! Ihre Lenden gehörten in diesem Augenblick nicht mal zu ihrer Anatomie. Alles, was er kriegte, war der Ziegelstein.
    Seufzend ging Nestor hinein. Der Chief hob nicht mal den Kopf. ::::::Jesus Christus! — ist der groß. :::::: Er wusste das, aber die Erkenntnis kam ihm wie neu vor. Nicht einmal das langärmelige, marineblaue Hemd mit den vielen Sternen auf dem Kragen konnte die schiere physische Macht des Mannes verbergen. Er hielt einen Kugelschreiber in der Hand. Irgendwelche Computerausdrucke, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen, schienen seine ganze Aufmerksamkeit zu erfordern. Dann hob er den Kopf und schaute Nestor an. Er stand nicht auf und bot ihm auch nicht die Hand. »Officer Camacho …« Das war keine Begrüßung. Es war die Feststellung einer Tatsache.
    :::::: Hallo, Chief? … Schön, Sie zu sehen, Chief? :::::: Nichts davon wäre passend gewesen. Er begnügte sich mit einem einzigen Wort, »Chief.« Es war eine schlichte Rückmeldung.
    »Setzen Sie sich, Officer.« Der Chief deutete auf einen Stuhl mit gerader Rückenlehne und ohne Armstützen, der direkt vor seinem Schreibtisch stand. Eine exakte Wiederholung des ersten Treffens. Nestor rutschte das Herz in die Hose. Als er auf dem Stuhl direkt vor dem Chief saß, schaute der Chief ihn lange und ungerührt an und sagte, »Ich habe da ein paar Sachen —«
    Er unterbrach den Satz und schaute zur Tür. Cat steckte den Kopf hinein. »Chief?«, sagte sie mit zaghafter Stimme. Dann machte sie ihm ein Zeichen, er ging zu ihr, und sie standen tête-à-tête in der Tür. Ihre ersten Worte konnte Nestor verstehen. »Tut mir leid, dass ich stören muss, Chief. Aber ich dachte, das ist so wichtig, dass —«
    Dann senkte sie die Stimme, und es drang nur noch ein leises Nuscheln an sein Ohr. Er meinte das Wort Koroljow zu hören, aber vielleicht war er nur paranoid. Koroljow war der Grund für seinen Verstoß gegen den Hausarrest gewesen, und der war zweifellos der Grund, warum der Chief ihn einbestellt hatte. :::::: Oh, Dios Dios Dios :::::: aber er war zu mutlos, um jetzt zu Gott zu beten. Und warum sollte Gott sich überhaupt dazu herablassen, ihm zu helfen? ::::::»Oh, mein Herr, der du sogar Judas verziehen hast. Ich habe mich der Sünde der Falschheit schuldig gemacht, was Täuschung wie auch Lüge einschließt« … Ach, zum Teufel damit. Hat sowieso keinen Sinn! Bevor er sich gegen ihn versündigte, hatte Judas zumindest einiges für Jesus getan. Und ich? Warum sollte Gott von mir auch nur Notiz nehmen? Das habe ich gar nicht verdient … Ich bin echt am Arsch.::::::
    Der Chief und Cat tuschelten weiter sehr leise miteinander. Gelegentlich entfuhr dem Chief ein lautes »Um Himmels willen« … oder »Jesus Christus« … und einmal »Holy freaking Jesus« … Glücklicherweise hatte er »freaking« gesagt.
    Schließlich beendete er seine kleine Unterredung mit Cat und ging zu seinem Schreibtisch zurück — als er sich plötzlich wieder umdrehte und Cat, die schon verschwunden war, laut hinterherrief, »Sag ihnen, sie sollen schreiben, was sie wollen, aber selbst wenn ich was gewusst hätte, hätte ich das Flugzeug nicht aufgehalten. Der Mann hat einen russischen Pass, er ist keiner Straftat angeklagt, er wird nicht als ›verdächtige Person‹ geführt, es hat ihm noch nicht mal irgendwer irgendwas Konkretes vorgeworfen, nicht mal der durchgeknallte Herald . Also, wie soll
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