Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Baby-Bingo

Baby-Bingo

Titel: Baby-Bingo
Autoren: Carla und Martin Moretti
Vom Netzwerk:
Einfallslosigkeit und Geschenkverweigerung hat Frank eine interessante Theorie: Man kann einer Frau eh nie das Richtige schenken. Das hat er jahrzehntelang bei seinen Eltern beobachtet, wo es regelmäßig zu Familiendramen kam, als sein Papa wieder einmal dachte, er könne Mama mit einem Tischstaubsauger glücklich machen. Mein Tischstaubsauger ist also eine Espressomaschine.
    »Du wirst es nicht glauben, was die alles kann«, erklärt mir Martin mit der Euphorie eines Fachverkäufers. »Einkreislauf-System, individuelle Brühdruckregulierung, verchromte ergonomische Filterträger.«
    Fünf Jahre Beziehung haben den Vorteil, dass man sich nichts mehr vorspielen kann. Martin erkennt die Enttäuschung in meinem Gesicht und wechselt schnell das Thema.
    »Was möchtest du denn heute machen?«
    Seine Strategie: die Situation retten, bevor die Stimmung kippt. Nachdem wir uns in den ersten Jahren unserer Beziehung regelmäßig wegen Kleinigkeiten so gestritten haben, dass wir uns jedes Mal sofort voneinander trennen wollten, fingen wir irgendwann an, bei brisanten Themen rechtzeitig die Bremse zu ziehen, bevor das Ganze eskaliert. Vermutlich erste Anzeichen dafür, dass wir nun wirklich erwachsen geworden sind.
    Martin schaut mich mit seinen großen braunen Augen an, und meine Enttäuschung verdampft wie ein Sommerregen auf heißem Asphalt. Gegen diesen Blick bin ich immer noch machtlos. Selbst nach fünf Jahren Beziehung.
    Bevor ich mich zu meiner Geburtstagsgestaltung äußern kann, macht Martin selbst einen Vorschlag.
    »Lass uns doch später nach San Gimignano laufen. Ich habe für den Abend einen Tisch im Le Vecchie Mura reserviert. Das magst du doch so gerne.«
    Ich schaue ihn verwundert an. Er ist zum ersten Mal hier, woher kennt er mein Lieblingsrestaurant? Er muss heimlich mit Marie telefoniert haben. Nur sie kann ihm den Tipp gegeben haben! Das liebe ich an ihm, dass er mich dann doch immer wieder überrascht. Nicht mit Espressomaschinen, aber mit solchen Aktionen.
    Es ist bereits früher Abend, als Martin und ich uns endlich von den Sonnenliegen auf der Terrasse losreißen und den kleinen Feldweg hoch nach San Gimignano laufen. Der Ort ist mittlerweile zum Disneyland des Mittelalters geworden. Was sicher auch daran liegt, dass alles noch so gut erhalten ist. Alte Palazzi, malerische Gassen, dazu noch 15 von ursprünglich 72 Geschlechtertürmen, die von den reichen Fa milien er baut wurden, um ihre Macht zu demonstrieren. Quasi die Donald Trumps der damaligen Zeit. Kein Wunder, dass die Stadt voller Touristen ist. Sie alle bewundern das, was heute immer weniger geschätzt wird: Patina, Unvollkommenheit, Zeichen der Vergänglichkeit. Schon merkwürdig, bei alten Gemäuern darf die Farbe von den Wänden abblättern, und alle sagen: »Oh, wie romantisch.« Bei uns Frauen heißt es stattdessen ab einem gewissen Alter erbarmungslos: »Der Lack ist ab.«
    Es muss an meinem Geburtstag liegen, dass ich gerade heute solche Gedanken habe. Die magische 40 ist nicht mehr weit entfernt. Und schon fange ich an, mich mit alten Palazzi zu vergleichen.
    Wir mischen uns unter die Touristen und bummeln bis zur Piazza della Cisterna, einem mittelalterlichen Platz mit einem Brunnen in der Mitte, an dem sich um diese Zeit das halbe Dorf trifft. Kinder springen herum und rattern mit ihren Rollern und Fahrrädern übers Kopfsteinpflaster. Das volle Familienprogramm. Auf einmal fühle ich mich zu zweit ganz schön allein. Als könnte Martin meine Gedanken lesen, nimmt er mich in den Arm und zieht mich an sich.
    »Irgendwann haben wir auch so eine kleine Principessa «, sagt er.
    Er deutet auf ein kleines Mädchen mit langen braunen Haaren, das hoch konzentriert ein Schokoladeneis schleckt, während die Hälfte davon auf sein Kleid tropft.
    Irgendwann. Wann ist irgendwann? Ich werde heute 38. Im Mittelalter waren Frauen mit 38 Jahren bereits Großmutter – oder tot. Und ich hab’s noch nicht mal zu einem einzigen Kind gebracht. Na, immerhin bin ich noch lebendig. Und ich habe bereits gelebt, bin gereist, habe es mir gut gehen lassen.
    Schon seltsam: Die erste Zeit seines Lebens verbringt man damit, alles zu tun, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Nimmt jahrelang die Pille und hat trotzdem alle vier Wochen wieder Höllenangst, schwanger zu sein. Vom falschen Mann oder zum falschen Zeitpunkt. Ich weiß noch, wie ich nach einem Schwangerschaftstest mit negativem Ergebnis so erleichtert war, dass ich mitten in der Nacht mit einer Flasche
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher