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Babkin, unser Väterchen

Babkin, unser Väterchen

Titel: Babkin, unser Väterchen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ihm hoch; er wollte wieder aus dem Bett springen, aber er war ja steif wie ein Brett.
    Was ist mit Walentina, schrie er Waninow im Geist an. Ist sie noch immer mit dir … O mein Töchterchen, mein armes Töchterchen, wie blind war ich doch, wie blind! Jetzt weiß man, was es bedeutet, wenn sie zweimal in der Woche zur Singstunde in die Kirche ging. Sidor Andrejewitsch, ich möchte dich erwürgen!
    Waninow erhob sich von dem Stuhl und faltete die Hände vor seinem Bart.
    »Jetzt bin ich es los, Babkin«, sagte er dumpf. »Auch, daß noch zwei liebe Kinderchen danach gekommen wären, wenn Dr. Poscharskij nicht eingegriffen hätte. Viel hast du ihm zu verdanken, mein armer Babkin …«
    Er segnete noch einmal den Toten und verließ dann mit wuchtigen Schritten das Zimmer.
    Wadim Igorowitsch blieb die Luft weg. Noch zwei Kinderchen von Walentina … Gott, schick einen Blitz herunter und erschlag diesen Popen Waninow! Ich kann es ja nicht mehr!
    Er beruhigte sich nur langsam und sah unter den Wimpern gespannt auf die Tür.
    Sie öffnete sich zögernd. Nina Romanowna kam herein und setzte sich mit zerknirschter Miene auf den Stuhl zu seinen Füßen …
    Man darf es nicht verschweigen: Nina Romanowna Prutkina war ein wirklich hübsches Weibchen gewesen, das schönste in Ulorjansk, als Babkin sie heiratete. Daß sie dann, als sie die Babkina war, sich änderte, streitsüchtig und geizig wurde, ein gefürchtetes Mundwerk offenbarte, gehässig über alles und jeden sprach und immer Recht haben wollte – was man einer Frau nie zugestehen darf! – mochte daher rühren, daß sie die wohlhabendste Bürgerin von Ulorjansk geworden war. Zugeben muß man aber auch, daß sie zusammen mit Babkin im Basar schuftete von morgens bis abends und ihm so zwischendurch drei Töchter gebar.
    Nichts war ihr zuviel. Sie schleppte Kisten und Säcke, bediente die Kunden, kümmerte sich um Kranke und Gebrechliche in der Stadt – ja, auch das tat sie, aber nur, damit die Leute sagten: Ja, die Babkina, die hat ein Herz für alle. Und sogar in die Partei hatte man sie aufgenommen wegen ihrer sozialen Einstellung. Babkin dagegen wurde von der Partei abgelehnt als neuer Kapitalist.
    Ein rühriges Frauchen war Nina also, verehrt und gefürchtet, was ja oft zusammenpaßt.
    Babkin starrte sie unter den halb geschlossenen Lidern hervor an. Was ist denn das, dachte er. Will sie mir auch noch etwas sagen? Weiß ich nicht alles von ihr? Hat sie etwa Geheimnisse zu verbergen? Nina, mein Weibchen, erzähl mir etwas Tröstliches nach der niederträchtigen Beichte von Waninow. Entlaß mich freudig aus dieser gemeinen Welt …
    Nina Romanowna sah ihren toten Mann lange an, ehe sie zu sprechen begann. Im Gegensatz zu dem Popen machte sie durchaus nicht den Eindruck, bis zum Äußersten erschüttert zu sein. Sie putzte sich wohl zweimal die Nase, aber dann legte sie tapfer los.
    »Mein lieber Wadim Igorowitsch«, sagte sie, »nun, da du nicht mehr unter uns bist, kann ich dir gestehen, daß du als Kaufmann und Betrüger deiner Kunden ein vorzüglicher Mann gewesen bist, der beste vielleicht im weiten Umkreis – aber doch ein Idiot, was das Leben außerhalb deines Basars angeht. Was hast du alles nicht gemerkt, o je! Nicht mal geahnt hast du's, und es geschah vor deiner Nase, wie man so sagt … Im Salon und hier, wo du jetzt liegst, hinten im Lager für die Kartoffeln und im Magazin für die Kleidung. Sogar im Stall bei den Ziegen, und nichts, gar nichts hast du mitgekriegt.«
    Babkin durchlief es eiskalt. Noch waren Ninas Worte dunkel und voller Rätsel für ihn, aber es bahnte sich etwas Schreckliches an, das hörte er am Ton. Die Spannung in ihm wurde fast unerträglich.
    »Drei Töchter habe ich dir geboren«, fuhr Nina Romanowna fort, »doch als Ehemann warst du ein lahmer Gaul. Wer dich einen feurigen Liebhaber nennen will, hat keine Ahnung. Da waren andere Männer stürmischer als du, voller Zärtlichkeit und Phantasie, oder bärenstark und mit hartem Griff …«
    Babkin erstarrte, wie man so sagt – bei ihm war es ja nicht mehr möglich – schrie innerlich auf und hatte das Gefühl, zu brennen.
    Nicht auch noch mit Sidor Andrejewitsch, schrie er seiner Frau zu. Nina, tu mir das nicht an. Erst schwängert er unser Töchterchen Walentina … und jetzt willst du mir gestehen, daß auch du … Ninotschka, Erbarmen! Erbarmen!
    Nina Romanowna putzte sich wieder die Nase und sprach dann tapfer weiter:
    »Du weißt es, Babkin: Ein schöner kräftiger Mann ist
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