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Babel 2 - Dämonenfieber

Babel 2 - Dämonenfieber

Titel: Babel 2 - Dämonenfieber
Autoren: Cay Winter
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Zeit miteinander verbrachten.
    Seufzend ging sie in die Küche, um sich einen Kaffee zu holen, der wie jeden Morgen auf sie wartete, weil Karl Frühaufsteher war. Auf dem Weg dahin kam sie an Xotls Käfig vorbei, der sie mit seinen kleinen gelben Augen finster anschaute. Der Bannkreis um den Käfig verhinderte, dass die dämonischen Energien Zugriff auf die Umgebung bekamen. Trotzdem sandten die Energien, die von dem Dämon ausgingen, der in dem Papagei gefangen war, ein stechendes Kribbeln über ihre Haut.
    »… Gammelfleisch … krik-krik … grün und blau … ihk …«, krächzte der Vogel.
    Babel zeigte ihm den Finger. »Ja, du mich auch.«
    »… grün und blau … wau … mau …«
    »Manchmal frage ich mich wirklich, warum ich dir nicht schon längst den Hals umgedreht habe.«
    Daraufhin folgte eine Reihe Flüche, die jedem Seemann zur Ehre gereicht hätten, und der einen oder anderen Puffmutter wohl auch.
    Babel versuchte ihr Bestes, Xotl zu ignorieren, aber als der Papagei sie mit dem Nachkommen einer Bulldogge und eines Hängebauchschweins verglich, richtete sich ihr Blick wie von selbst kritisch auf den eigenen Hosenbund. Aber da war alles in Ordnung.
    Missmutig rührte sie Zucker in ihren Kaffee. Dieser Vogel war wirklich eine Ausgeburt der Hölle! Und obwohl sie in der schlimmen Phase ihrer Magieabhängigkeit auch Tiere geopfert hatte, so brachte sie es doch nicht fertig, Xotl tatsächlich den Hals umzudrehen und damit dieses Überbleibsel ihrer dunklen Tage zu beseitigen.
    Er erinnerte sie daran, dass das Beschwören von Dämonen Konsequenzen haben konnte: Wenn man Glück hatte, wurde man nur mit einem besessenen Papagei gestraft, der eine diebische Freude daran fand, die Menschen in seiner Umgebung zu beleidigen. Hatte man allerdings Pech … hing man in der Dämonenebene fest und versank in einem Meer, klebrig wie Honig, und fand seinen Weg nicht mehr zurück. Was irgendwann dazu führte, dass man wie ein Komapatient dahinvegetierte.
    »Irgendwelche Nachrichten?«, fragte Babel, als sie wieder neben dem Schreibtisch stand, und Xotl hinter ihr vor sich hin murmelte: »Hexenbruuut … tut … tut … mit der Fluuut … fooort, fooort …«
    »Deine Mutter hat angerufen«, antwortete Karl, während er versuchte, mit der Fußspitze die herabgefallene Asche zu beseitigen, sie dabei aber lediglich breit trat. »Sie lässt ausrichten, dass du dich melden sollst, und fragt außerdem, ob du etwas von deiner Schwester gehört hast.« Er blickte auf. »Ehrlich, Babel, deine Mutter klingt am Telefon genau wie du.«
    Einen Moment lang wusste sie nicht, was sie sagen sollte, dann stammelte sie empört: »Ich … ich … klinge nicht wie meine Mutter!« Beleidigt setzte sie sich.
    Um Judith machte sie sich keine Sorgen. Sie hatte zwar schon länger nichts mehr von ihr gehört, aber das war nicht ungewöhnlich. Als Judith nicht wie angekündigt im Krankenhaus aufgetaucht war, hatte sich Babel nichts dabei gedacht – schließlich kam es oft vor, dass Judith ihre Pläne änderte. Ihr Charakter war sprunghaft. Sie brachte es fertig, mitten in einem Spiel Mensch-ärger-dich-nicht ihre Spielsteine auszutauschen, nur weil ihr die Farbe nicht mehr gefiel!
    Vermutlich hatte sie einfach einen neuen Mann kennengelernt und genoss gerade wieder einmal ihre frische Verliebtheit. Es gab kaum etwas, das Judith mit solcher Inbrunst betrieb wie das Verlieben. Und auch wenn das oft genug zu Schwierigkeiten führte, so war es doch nichts, was ihre Schwester nicht allein bewältigen konnte.
    »Wie war die Beerdigung?«, unterbrach Mo ihre Gedanken und kratzte in seinem inzwischen geleerten Joghurtbecher herum, bis Babel entnervt sagte: »Er ist leer!«
    »Wer?«
    »Der Becher!«
    Er sah auf das Stück Plastik herab, als würde er erwarten, dass es sich von allein nachfüllte. Nachdem es das nicht tat, wiederholte er die Frage.
    Babel zuckte mit der Schulter. »Hat gar nicht stattgefunden. Die Leiche ist weg. Offenbar haben die sie verloren.«
    »Verloren?«
    »Ihr wisst schon. Erst lag sie noch im Kühlhaus, und als die vom Friedhof kamen, um sie abzuholen, war sie plötzlich verschwunden und …« Sie fuhr mit der Hand durch die Luft. »… ist seitdem nicht mehr auffindbar.«
    »Du verarschst uns doch«, erwiderte Mo.
    »Keineswegs.«
    Lachend stellte er den Joghurtbecher auf den Schreibtisch, wo er umkippte und die Reste vom Deckel auf ein Blatt Papier schmierte.
    »Wie kann man denn einen Toten verlieren?«, fragte Karl empört.
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