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B00DJ0I366 EBOK

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Titel: B00DJ0I366 EBOK
Autoren: Friederike Schmöe
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Frau Bescheid weiß.
    »Kommt sie? Heute?«
    »Wir wollten uns hier treffen. Ich dachte, sie wäre längst da.« Hanna trinkt einen Schluck Kaffee. Der Milchschaum hinterlässt ein paar weiße Tupfer an ihrem Kinn.

66
    Victoria plaudert mit Lafontaine, als endlich die Soundanlage durchgecheckt wird.
    »Kommen Sie! Wir können uns nachher ausführlich austauschen!« Sie lächelt den Redakteur an.
    »Einen Augenblick.« Er greift in seine Schultertasche und holt einen Umschlag hervor.
    Victoria wird übel. Das sind ihre Fotos. Ein zerknitterter Umschlag mit dem Aufdruck ›Fotos für Sie‹. Der Umschlag muss völlig durchweicht gewesen sein. Das dicke Papier sieht wellig aus.
    »Ich habe mich gefragt, ob diese Bilder von Ihnen stammen.« Lafontaine fächert die Fotos auf wie Spielkarten.
    Victoria wirft einen Blick darauf. »Ich schätze nein.« Sie hört selbst, dass ihre Stimme zittert. Jemand hat die vermaledeiten Fotos gefunden, für die sie John Carrick ewig verfluchen wird.
    »Das sind nicht Ihre Gemälde?« Lafontaine sieht Victoria lauernd an.
    »Nein. Kommen Sie!« Victoria wendet sich zum Gehen.
    »In den letzten Tagen ist viel geschrieben worden. Vor allem im Netz.«
    »Das Netz interessiert mich nicht.«
    »Sollte Sie aber interessieren. Sie haben so eine erstaunliche Lebens- und Familiengeschichte, Frau May.«
    Das Wort ›Familie‹ reißt Victoria aus der Trance, in die sie abzugleiten droht.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Der tragische Tod Ihrer Schwester, Ihres Vaters ein Jahr später …«
    Das verdammte Internet, denkt Victoria ganz sachlich. Dieser Idiot von Roman, den ausgerechnet Sam sich an Land ziehen musste.
    »Und diese Bilder hier sind nicht Ihre?«
    »Nein!«
    »Sie sehen aber fast so aus. Nur eben ein bisschen anders. Systematisch anders.« Lafontaine geht zu einem Bild, das geduckte Olivenbäume an einem Hang zeigt. Eigentlich nur ein paar Wirbel in Grün. Mit Bedacht wählt er ein Foto aus und hält es Victoria unter die Nase.
    »Sie geben mir ein Exklusiv-Interview, dachte ich mir«, erläutert Lafontaine. »Darin sprechen wir über Ihre Familie, über den Tod Ihrer Schwester und Ihres Vaters. Sie geben mir ehrliche Antworten. Mir, niemandem sonst. Und dafür …« Er macht eine Bewegung, als wollte er die Fotos hinter sich werfen. Beinahe hätte Victoria versucht, sie ihm aus der Hand zu reißen. Aber sie steht da wie festgefroren.
    Lafontaine, diese Witzfigur von einem Redakteur, erpresst sie! Zwischen Victorias Rippen macht sich ein Stechen breit. Sie hört hinter sich das Klacken eines Gehstocks. Wendet sich um. Sieht eine Frau mit einem Panamahut näherkommen. In der freien Hand hat sie ein Glas Prosecco, aus dem sie jetzt genüsslich trinkt. Der Hut verbirgt dabei fast ihr ganzes Gesicht. Sie hat ihn tief in die Stirn gezogen. Dicht hinter ihr geht Sams Freundin Luna, die ein Handy in der Faust hat. Die Frau stellt das halb volle Glas auf einen Bistrotisch und kommt auf Victoria zu.
    »Ich glaube, es ist an der Zeit, nicht wahr?«
    Victoria erstarrt. Sie kann mit der Frau nichts anfangen. Sie ist groß, geht ein wenig gekrümmt, die Lippen sind stark geschminkt. Die Hand, die sich auf den Stock stützt, sieht knotig aus. Aber die Stimme. Die Stimme!
    Lafontaine lässt die Fotos sinken und guckt verblüfft zwischen den Frauen hin und her. »Wer sind Sie?« Eilig kramt er in seiner Schultertasche. Die Fotos sind ihm dabei hinderlich, er klemmt sie unters Kinn.
    Luna tritt einen Schritt vor. Gerade, als Lafontaine eine Kamera aus der Tasche angelt, schnappt sie sich die Fotos, kickt die High Heels von den Füßen und sprintet los.
    »He!«, macht Lafontaine. Vor Schreck fällt ihm die Kamera aus der Hand und schlägt mit einem fiesen Scheppern auf dem Boden auf.
    Victoria ist schwindelig. Sie lehnt sich gegen den Bistrotisch.
    »Gut gemacht!« Die Frau mit Hut lacht trocken.
    Victoria taumelt. Der Bistrotisch, an den sie sich klammert, gerät ins Wanken, und Elenis halb volles Glas fällt herunter und zerbricht auf den Fliesen.
    »Oh, nicht schlimm, das kann passieren«, sagt Eleni Tsiadis kühl.
    Sie dreht sich zu Victoria um. »Du bist alt geworden.«
    Victoria hört ein seltsames Summen, das allmählich anschwillt. Hinter Lafontaine, der nicht weiß, was er tun soll, taucht Robert auf.
    »Victoria? Es wird Zeit. Komm endlich! Die Herrschaften wollen mit ihren Reden anfangen.«
    Er merkt nichts, denkt Victoria. Er hat mit dieser Frau eine Tochter gezeugt. Aber er merkt
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