Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
biblische Würgeengel«, flüsterte er erschüttert.
    »Er muß dieses Buch in meiner Bibliothek gefunden haben«, sagte Sillmann leise. Er lachte bitter. Es hörte sich an wie ein erstickter Schrei. »Ist das nicht eine besondere Ironie? Es ist sehr wertvoll, und deshalb habe ich ihm immer verboten, es anzufassen. Aber irgendwann hat er es doch getan und dieses Bild entdeckt.«
    »Sie.. haben es ihm gesagt?« fragte Bremer ungläubig. »Er wußte, daß Sie mit ihm experimentieren?«
    Sillmann schüttelte den Kopf. »Es war ein Spiel«, sagte er. »Für ihn und die anderen war es nichts als ein Spiel. Sie hatten Träume. Wunderschöne Träume. Aber er. . . er wußte den Namen des Medikaments.«
    »Der Droge«, verbesserte ihn Sendig.
    Sillmann hörte es nicht einmal. »Er ist mir einmal herausgerutscht. Ich habe mir nichts dabei gedacht. Warum auch? Aber dann... dann hat er dieses Buch gefunden und dieses Bild, und... Verstehen Sie denn nicht? Sie waren Kinder! Sie hatten Träume, das war alles.«
    Ja, dachte Bremer. Und dann hat er dieses Bild gesehen und das Wort gelesen, und bei seinem nächsten Traum war er Azrael. Der Todesengel. Er sagte nichts. Nach allem, was bisher geschehen war, hatte er geglaubt, daß ihn nichts mehr erschüttern könnte, aber das war nicht die Wahrheit. Gab es eine schlimmere Strafe als das, was Sillmann zugestoßen war?
    »Wir wußten, daß sie sich manchmal heimlich trafen«, fuhr Sillmann leise fort. »Ich war dagegen, aber Löbach hat es zugelassen, und ich habe mich nicht gegen ihn durchsetzen können. In dieser Nacht haben sie sich wieder getroffen, und Mark hat das Buch mitgebracht. Ich habe es hier gefunden. Ebensogut hätte ich ihn selbst erschießen können. Ihn und alle anderen. Mein Gott, was habe ich getan?«
    »Was Sie getan haben?« Sendig schnaubte. »Das haben Sie immer noch nicht begriffen, Sie Narr?« Er versetzte dem Buch einen Fußtritt, der es davonschlittern ließ.
    »Wissen Sie, wie viele Menschen gestorben sind, nur deswegen? Sie... Sie haben etwas in ihm geweckt, das nicht geweckt werden darf. Und bei alledem hatten Sie noch Glück, daß Ihr Sohn halbwegs normal ist. Was glauben Sie, wäre passiert, wenn das Zeug in die Hände eines echten Psychopathen geraten wäre? Besser gesagt, in seinen Geist!«
    Sillmann sah ihn verwirrt an, und Sendig fuhr fort: »Sie wissen es nicht, wie?«
    »Was?«
    »Es betrifft nicht nur ihn oder Sie und uns und Löbach«, antwortete Sendig erregt. Er deutete heftig gestikulierend auf Mark hinab. »Er hat angefangen, sich zu rächen. Er hat in den letzten vierundzwanzig Stunden alle getötet, die irgendwie mit der Sache von damals zu tun hatten. Einfach, weil er es wollte. «
    »Aber das... das ist unmöglich«, sagte Sillmann verwirrt. »Das ist vollkommen ausgeschlossen! Er... er hat nur Einfluß auf Menschen, die ebenfalls AZRAEL genommen haben.«
    »Ach?« fragte Sendig hämisch. »Wie auf Löbach, meinen Sie?«
    »Ja.«
    »Sie irren sich«, sagte Sendig. »Sie sind alle tot. Mogrod - der Fotograf, der damals überall herumgeschnüffelt hat -, der Pathologe, der die Leichen untersucht hat, ein paar unserer Kollegen, Artner... und wahrscheinlich noch viele mehr.«
    »Ich spüre es auch«, sagte Bremer leise. Er deutete auf das Buch, das zwar weiter entfernt, aber noch immer auf die gleiche Weise aufgeschlagen dalag. »Ich habe ihn gesehen.«
    Sillmann erbleichte. Seine Lippen begannen zu zittern. »Mein Gott«, sagte er. »Das... das kann nicht sein. Petri hatte recht.«
    »Womit?« fragte Bremer.
    »Aber das ist unmöglich«, flüsterte Sillmann. »Das darf nicht sein!«
    »Was?« fragte Bremer noch einmal. Er mußte sich plötzlich mit aller Kraft beherrschen, um Sillmann nicht am Kragen zu packen und zu schütteln. Wovon reden Sie?«
    »Petri«, antwortete Sillmann mit bebender Stimme. »Er... er hat uns gewarnt. Er hat gesagt, es konnte sich... ausbreiten.«
    »Ausbreiten? « wiederholte Bremer. »Wie meinen Sie das?«
    »Es... es ist im Blut«, stammelte Sillmann. »Verstehen Sie doch! Großer Gott, er hatte recht. Es... es wirkt wie eine Infektion. Es ist im Blut, und es... es breitet sich aus.«
    »Moment mal!« sagte Sendig. Er schluckte hörbar und tauschte einen entsetzten Blick mit Bremer. »Sie meinen, wie... wie Aids?«
    »Schlimmer«, antwortete Sillmann. »Aber das kann nicht sein. Es ist unmöglich, verstehen Sie! Es ist eine Droge, keine Krankheit. Es kann so nicht wirken! «
    Aber das war die Antwort, dachte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher