Autoimmunerkrankungen

später, wenn sie den Thymus verlassen, »wissen«, was sie nicht angreifen dürfen und was sie vernichten sollen. Lernen sie das nicht, werden sie eliminiert. Der Thymus ist ein Organ des lymphatischen Systems, das eine zentrale Rolle im Immunsystem spielt (s. → Seite 30 ). Es liegt beim Menschen hinter dem Brustbein zwischen den Lungenflügeln.
    Wenn der Organismus die Fähigkeit, zwischen fremd und körpereigen zu unterscheiden, verliert, greift das Immunsystem eigenes Gewebe an. Man spricht von Autoimmunität. Möglicherweise werden bei diesem Toleranzverlust »autoreaktive Zellen« (gegen das Selbst gerichtete Zellen), die auch bei gesunden Menschen zu finden sind, übermäßig aktiviert. Das Vorliegen von Autoimmunität bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass ein Krankheitsgeschehen mit entsprechenden Symptomen abläuft. Es heißt zunächst nur, dass Antikörper oder T-Lymphozyten anwesend sind, die gegen Selbstantigene reagieren.

Die Sicht der Ganzheitsmedizin
    Menschen, die an einer Autoimmunerkrankung leiden, stellen sich oft mehr oder weniger bewusst 4 Fragen: Wie sind meine Befunde? Wie ist mein Krankheitsgeschehen? Wie gehe ich mit meinem Befinden um? Was ist der Sinn? Diesen Fragen geht die Ganzheitsmedizin nach.
    Sie haben gelesen, was die konventionelle Medizin (besser als der Begriff »Schulmedizin«, denn Schulmediziner sind wir örzte alle) als ursöchlich für die Entstehung von Autoimmunkrankheiten ansieht. Einige Risikofaktoren sind identifiziert, aber in den meisten Föllen ist nach wie vor nicht bekannt, was die Erkrankungen verursacht.
    Die Ganzheitsmedizin geht vom individuellen Wesen des Menschen aus. Dementsprechend berücksichtigt sie bei der Ursachenforschung die geistig-seelische Seite in der Entwicklung eines Menschen. Dabei ist die erste Frage: Wer bin ich? Daraus ergibt sich die Suche nach Antworten auf weitere Fragen: Warum gerade ich? Wie gehe ich mit mir selbst um?
Wer oder was ist mein Selbst?
    Wer weiß, wer er ist? Der hebe seinen Finger. Wer ihn hebt, wird wohl der Erste und Einzige sein. Denn wenn wir ehrlich mit uns sind, ist unser Ich zunächst uns etwas völlig Unbekanntes. Es ist wie ein großes, schwarzes Loch. Und dennoch ist dieses Selbst dasjenige, was sucht, denkt, fühlt und handelt. Drei Fragen begleiten uns ein Leben lang mehr oder weniger bewusst: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich?
    Um uns ein Bild von uns selbst zu machen, suchen wir oft in Äußerlichkeiten, materiellen Werten. An einem Abend verließ ich mit einem Freund das Theater. Ich fragte ihn, ob ich ihn mitnehmen könne. Er antwortete:»Nein, das brauchst du nicht, ich stehe da drüben«. »Okay, komm gut nach Haus, ich stehe gleich hier um die Ecke.« An dieser Stelle ist »ich« gleichbedeutend mit »mein Auto«. Ist das eine Verwechslung? Wohl kaum: Zwar kommt das Wort Auto aus dem Griechischen und bedeutet Selbst, aber wir wissen wohl alle, dass es hier als Kurzform für Automobil steht, was »sich selbst bewegen« bedeutet. Dennoch wird an diesem Beispiel deutlich, wie stark wir heute unser Ich, unser Selbst mit Äußerlichem und auch Materiellem verbinden.
    WISSEN
    Allergie
    Autoimmunerkrankungen sind wie eine Allergie nach innen. Allergie (aus dem Griechischen: allos = anders, ergon = verrichten) bedeutet die andersartige Tätigkeit. Diesen Begriff führte 1906 der Wiener Kinderarzt Clemens Peter Freiherr von Pirquet ein.
    Diese Verbindung mit Äußerlichkeiten lenkt uns oft vom Wesentlichen ab. Achtsamkeit, Ruhe und Harmonie in sich und mit sich und den anderen kommen dabei oft zu kurz. Das plötzliche Auftreten einer schweren Krankheit wie einer Autoimmunkrankheit kann den Blick auf das mir Wesentliche lenken. Plötzlich bin ich mit mir konfrontiert, und bei der Frage, was mir wirklich wichtig ist, spielen die materiellen Dinge nur noch eine untergeordnete Rolle.
    Es entstehen neue Fragen: Warum gerade ich? Wie kann es weitergehen? Wie gehe ich in Zukunft mit mir selbst um? Was will ich ändern?
    Autoaggression oder auch Autoimmunität bedeutet Angriff gegen das Ich. Deshalb nimmt die Ganzheitsmedizin ihren Ausgangspunkt im Verständnis der Autoimmunkrankheiten vom Ich. Was ist das Ich? Stellen wir diese Frage, entsteht sofort die nächste: Was ist die Grundlage unseres Seins: Materie oder Geist? Dieser Frage wollen wir nachgehen.
Ich und die anderen
    In den letzten 20 Jahren befassten sich Hirnforscher, Philosophen, Psychologen und Psychiater zunehmend mit der Frage: Was ist