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Autobiografie einer Pflaume - Roman

Titel: Autobiografie einer Pflaume - Roman
Autoren: PeP eBooks
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schlenkere mit den Beinen auf dem viel zu hohen Stuhl und halte den Plastikbecher zwischen den Händen; er ist immer noch warm, und die Wärme an den Fingern tut mir gut, genau wie die Stimme von dem dicken Mann, der sich mir gegenüber rittlings auf seinen Stuhl setzt.

    Der Gendarm ist schlecht rasiert; er hat lauter Haare am Halsansatz und solche, die ihm aus den Ohren stehen. Er hat Schwitzflecken unter den Armen und Schweiß auf der Stirn und über der Oberlippe, und manchmal geraten ihm die Tröpfchen in den Mund, ohne dass er es merkt.
    «Bleibst du bei mir in dem großen Haus?», frage ich vorsichtig.
    «Nein, Icare, das kann ich nicht.»
    «Okay, wann fahren wir?»
    «Wir fahren jetzt», sagt Raymond und steht auf.
    Er ruft nach Dugommier, der uns die ganze Zeit vom Nebenbüro aus angeglotzt hat.
    «Du kümmerst dich um die Angelegenheit Merlin; ich komme später am Nachmittag zurück.»
    Und Dugommier fragt mich, ob ich noch mehr Kakao haben möchte, und ich sage ja, und Raymond sagt:«Keine Zeit», und ich fange zu heulen an, und Raymond geht den Kakao holen.
    Ich trinke ihn in kleinen Schlucken mit den Tränen, die reinfallen, und dann fahren wir.
     
     
    Auf der Autobahn macht Raymond das Radio an, und Céline Dion singt, und ich denke an Mama, die dieses Lied immer singt, wenn sie die Wiesenblumen in eine Vase stellt. Mein Bauch meldet sich von alleine, und ich sage:«Ich habe Hunger. »
    Wir halten am Mac Do, und ich bestelle einen Cheeseburger und eine Cola, und Raymond nimmt das Gleiche.
    «Mach dir keine Sorgen, mein Junge, es wird alles gut», sagt Raymond.
    Und ich muss wegen der Cola rülpsen, und darüber muss Raymond lachen.
    «Weißt du», sage ich zu dem netten Gendarmen,«du kannst
ruhig Pflaume zu mir sagen. Das habe ich dir vorhin gesagt, aber du hast es nicht gehört. Icare sagt nur die Lehrerin zu mir, und manchmal tue ich dann so, als wäre ich gar nicht gemeint.»
    «Hat deine Mama dich Pflaume genannt?»
    «Ja, genau wie meine Freunde.»
     
     
    Und wir fahren wieder auf die Autobahn, und ich schaue die Bäume und Häuser an, und Raymond schaut sich in den kleinen Spiegeln an, wenn er andere Autos überholt, die noch langsamer fahren als wir, und dann fährt sein Auto von der Autobahn, um auf den kleinen Landstraßen weiterzufahren.
     
     
    Wir kommen unter einer Brücke durch, und ich sehe einen Fluss, und Raymond fährt langsamer und sagt:«Es ist nicht mehr weit.»
    Ich schaue auf das graue Wasser, als er sagt:«Wir sind da, mein Junge. Was für eine Hütte! Da wirst du dich fühlen wie der Mops im Bohnenstroh.»
    Und er steigt mit meinem Koffer aus dem Wagen, und ich bleibe sitzen, weil ich keine Lust habe, mich wie der Mops im Bohnenstroh zu fühlen.
    Die Hütte ist ein Schloss wie im Film.
    Eine Dame mit weißen Haaren und im roten Kleid kommt die Treppe herunter und spricht mit dem Gendarmen, der meinen Koffer in der Hand hält, und sie sehen zu mir und kommen auf das Auto zu.
    Die Dame in Rot neigt den Kopf und sagt lächelnd:«Komm, Icare, ich zeige dir dein neues Zuhause», und ich reiße mich los und steige aus und halte den Blick auf den Kies gerichtet.
    «Ich bin Madame Papineau», sagt die Dame mit den weißen Haaren.«Aber du darfst Geneviève zu mir sagen.»
    Ich rühre mich nicht vom Fleck.
    Ich höre Raymond mit seiner lauten Stimme sagen:«Sag der
Dame guten Tag, Pflaume», und ich sage:«Guten Tag»zum Kies und denke dabei:«Ganz schön komisch, dass lauter Leute, die einen gar nicht kennen, wollen, dass man sie mit dem Vornamen anspricht.»
    «Gut, dann mache ich mich auf den Weg», sagt der Gendarm.«Die Arbeit wartet.»
    Und er stellt den Koffer auf der Treppe ab und fasst mich am Kinn.
    «Sei brav, Pfläumchen.»
    Und er streichelt mir den Kopf, und ich lasse mir den Kopf streicheln, und dann sage ich:«Geh nicht weg, Raymond!», und packe seine riesengroße Hand mit meiner Hand und halte sie an mein Gesicht.
    «Ich komme dich bald besuchen, mein Kleiner», sagt der Gendarm; behutsam zieht er seine Hand zurück und steckt sie in die Tasche, als nähme er meine Berührung mit.
    Dann gibt er mir einen Kuss auf die Stirn und sagt, während er sich aufrichtet:«Was für ein Elend mit diesen Geschichten», und er steigt in sein Auto.
    «Sei ein braver Junge. Auf Wiedersehen, Madame.»
    Die Dame mit der Brille sagt:«Auf Wiedersehen, Monsieur, und vielen Dank.»
    Und das Auto mit der blauen Konservenbüchse obendrauf entfernt sich im Rückwärtsgang.
    Und mich
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