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Ausziehen!

Ausziehen!

Titel: Ausziehen!
Autoren: Lois Greimann
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vergessen?«
    Das kleine Grinsen, das ich zuvor schon bemerkt hatte, huschte wieder über sein Gesicht, aber Rivera wandte sich ab und sah sich in meiner Diele um. Es war zwar eigentlich nicht mehr als ein kleiner, enger Eingangsflur, aber ich nannte es gerne Vestibül.
    »Nett haben Sie’s hier.«
    Verwundert fragte ich mich, ob er etwa versuchte, höflich zu sein, und beschloss, es drauf ankommen zu lassen.
    »Möchten Sie vielleicht eine Tasse Kaffee?«
    Mit einem Mal drehte er sich zu mir um, als hätte er sich gerade erst wieder an meine Gegenwart erinnert. »Haben Sie ihm das Viagra verschrieben?«
    »Wie bitte?«
    »Bomstad«, antwortete er. »Er hatte eine hohe Dosis Viagra eingenommen, bevor er zu Ihnen gekommen ist. Haben Sie ihm das Mittel verschrieben?«
    Ich fühlte mich, als hätte ich meine Wasserskier verloren und surfte nun mit meinem Gesicht über die Wasseroberfläche. »Nein, ich -«
    »Wussten Sie, dass er es am Herzen hatte?«
    »Ich bin Psychologin. Ich kann keine Medikamente verschreiben«, gab ich zurück, während ich immer noch damit beschäftigt war, die letzte Frage zu verdauen.
    »Nicht einmal für ein Herzleiden?«
    »Für nichts und niemanden.«
    »Wussten Sie nicht, dass er ein schwaches Herz hatte?«
    »Nein. Ich … Nein.«
    »Also fanden Sie, es war nichts dabei, ihn zu verführen?«
    Ich holte tief Luft und zählte bis fünf. »Ich habe niemanden verführt!«, gab ich zurück.
    Sein Blick glitt an mir hinunter. Meiner folgte. Schnell hielt ich den Morgenmantel über meinem BH zusammen. Er war schwarz und ausgefranst und hatte mich knappe zwölf Dollar gekostet. Warum sollte ich neunundvierzig neunundneunzig für Kleidungsstücke ausgeben, die niemand je zu sehen bekam?
    Riveras Mundwinkel zuckten.
    »Weshalb sind Sie hier?«, fragte ich. Meine Stimme klang verärgert. Vielleicht auch ein klitzekleines bisschen atemlos.
    »Ich wollte sicher sein, dass es Ihnen gut geht. Sie machten mir einen etwas verwirrten Eindruck, als ich Sie gestern nach Hause gebracht habe.«
    »Sie haben mich -« Langsam dämmerte es mir, aber schließlich hatte ich nur vier Stunden geschlafen und dabei von Leichen mit einem Ständer geträumt. »Was haben Sie mit meiner Bluse gemacht?«
    »Ich habe nur versucht, es Ihnen bequem zu machen.«
    Ich starrte ihn einen Moment lang an, dann hob ich die rechte Hand. Der Schuh baumelte zwischen uns wie fauliges Obst. »Den Schuh haben Sie dagelassen, die Bluse aber mitgenommen?«
    Er zuckte mit den Schultern und ging in meine Küche. Die war nicht viel größer als mein Vestibül. »War doch nur ein Obstfleck. Kirsche«, erklärte er.
    »Sie haben den Fleck untersuchen lassen?«
    Wieder zuckte er mit den Schultern. Seine Bewegungen waren so spartanisch, als wäre jede einzelne davon haargenau kalkuliert. Unsere Blicke trafen sich wieder. »Seit wann haben Mr. Bomstad und Sie sich schon getroffen?«
    »Ich habe Ihnen bereits gesagt …« Seine Aufmerksamkeit machte mich nervös. Ich hasste es, nervös zu sein. Nervosität ist alles andere als stilvoll. »Ich habe mich nicht mit ihm getroffen!«
    Eine Braue zuckte. »Ich meinte beruflich.«
    »Oh. Natürlich.« Ich räusperte mich. »Seit drei Monaten. Vielleicht auch vier.«
    »Und wie oft hatten Sie in dieser Zeit Geschlechtsverkehr mit ihm?«
    Von irgendwoher hatte er ein Notizbuch hervorgezogen und schlug es auf. Ungläubig starrte ich ihn an. »Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich nicht mit ihm geschlafen habe!«
    »Nein. Sie haben mir bisher nur gesagt, dass Sie kein Paar waren.«
    Ich öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder.
    »Wollten Sie mir irgendetwas sagen?«
    Ich würde nicht sagen, dass ich zu Jähzorn neige, aber manchmal, wenn ich müde bin, sollte man mich besser nicht reizen. Oder wenn ich Hunger habe. Und an manchen Tagen im Monat war es das Beste, mich einfach nur in Ruhe zu lassen. »Wir waren weder ein Paar …«, gab ich in einem bewundernswert ruhigen Ton zurück. Ich war müde und Hunger hatte ich auch, aber wenigstens hatte ich nicht meine Tage. »… noch …« - ich sprach das Wort mit einem betont harten »ch« aus und fühlte mich gleich viel besser - »… haben wir miteinander geschlafen!«
    »Oh«, machte er beiläufig, als hätte das gar nichts zu bedeuten. Ich mahlte mit den Zähnen und zog doch noch mal das Weitspucken in Betracht.
    »Wussten Sie von seinen Aktivitäten?«
    »Aktivitäten?«, wiederholte ich.
    Er zuckte mit den Schultern. »Was er so gemacht hat. Wer er
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