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Ausziehen!

Ausziehen!

Titel: Ausziehen!
Autoren: Lois Greimann
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Männer hockte sich neben Bomstad und zerknitterte seinen Anzug - Stift und Block im Anschlag.
    »Aus welchem Grund?«
    Der Typ mit dem Block stocherte mit dem Stift an Bomstad herum.
    Meine Aufmerksamkeit schnellte zu Mr. Dunkel zurück, und ich hob das Kinn. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich nun wie Hester Prynne aus Der scharlachrote Buchstabe aussah. Eine Märtyrerin, wie sie im Buche stand, aber ich fühlte mich ein wenig matt dabei. »Impotenz«, antwortete ich.
    »He!« Die Stimme des Kerls im Anzug war laut genug, um Tote damit aufzuwecken. Fast jedenfalls. »Guckt mal, er hat’ne Latte!«
    Riveras Augen glühten. Fast hätte man sich daran verbrennen können. »Verdammt, Sie sind echt gut«, sagte er. Meine Knie gaben nach.
     
    Ich wurde in meinem Bett wach, konnte mich aber kaum daran erinnern, wie ich dort hingekommen war. Ich fühlte mich irgendwie benommen und vom Magen her ziemlich unwohl. Es dauerte eine Weile, bis mir die Erinnerungen wieder ins Gedächtnis trudelten. Das war alles nur ein schlimmer Traum gewesen. Ein Albtraum, redete ich mir ein. Aber dafür war ich zu realistisch. Genau das hatte mich dazu bewogen, Psychologin zu werden. Nach vielen Jahren grottenschlechter Dates war mir klar geworden, dass alle Männer Psychopathen sind. Deswegen brauchte die Hälfte der Menschheit professionelle Hilfe. Die Psychologie war also prädestiniert dafür, ein einfaches und lukratives Geschäft zu werden.
    Wie oft sollte ich mich denn noch irren?
    Ich schloss die Augen und versuchte, den letzten Abend aus meinen Erinnerungen zu verbannen. Aber eine Leiche mit einem Ständer lässt sich nur schlecht aus dem Gedächtnis tilgen. Ein Geräusch lenkte mich ab, und ich rollte mich auf die Seite, um genauer hinzuhören. Es klingelte, und ich fragte mich verwirrt, ob ich davon wach geworden war.
    Fragen schwirrten mir durch den Kopf wie Bienen um einen Honigstock, aber schließlich schlug ich die Bettdecke zurück und wankte zur Tür. Erst nach einer ganzen Weile merkte ich, dass ich immer noch nur einen Schuh trug. Es war ein Ferragamo, und er passte hervorragend zu meinem Rock. Der Blazer und die Bluse waren allerdings verschwunden. Mitten im Flur hielt ich jäh inne, doch das neuerliche Klingeln lenkte meine Aufmerksamkeit von meinem nicht ganz gertenschlanken Körper ab.
    »Wer ist da?«, fragte ich.
    »Polizei.«
    Ein Dutzend Gedanken jagten mir durch den Kopf. Nicht einen einzigen davon hätte man laut aussprechen dürfen.
    »Eine Sekunde noch!«, schrie ich, streifte den Schuh ab und wankte ins Schlafzimmer zurück, um mir eine Bluse anzuziehen. Dort angekommen, schaute ich mich verunsichert um. Im Grunde bin ich ein ordentlicher Mensch, aber ich übertreibe es auch nicht gerade. Ich hatte meinen Morgenmantel über das Fußende des Bettes geworfen und mein Horoskop gleich daneben liegen lassen, bevor ich Dienstagmorgen zur Arbeit galoppiert war. Mein Sternzeichen ist Wassermann, und laut Horoskop sollte der gestrige Tag eigentlich mein Glückstag gewesen sein.
    Ich zog mir den Morgenmantel über. Stilvoll war er nicht gerade. Und er passte auch nicht zu meinem zerknitterten Rock oder dem einzelnen Schuh, der immer noch an meinen Fingerspitzen baumelte.
    Die Klingel kreischte nun förmlich. Ich eilte zur Tür und sah durch das Guckloch. Lieutenant Rivera stand auf meiner Veranda und schaute ziemlich grimmig aus der Wäsche.
    Ich riss mich zusammen und öffnete die Tür. Er drängte sich an mir vorbei und trat ein. Besonders groß war er nicht, vielleicht knapp über eins achtzig, nur wenige Zentimeter größer als ich, und nicht gerade ein Schrank. Dafür schien aber jeder Zentimeter seines Körpers frei von Fett zu sein. Und dieses Mal meine ich wirklich »frei«.
    Er trug eine Jeans, die schon einiges mitgemacht zu haben schien, und ein schwarzes Hemd. Seine Hüften waren schmal, der Blick ruhig, und die Handgelenke seiner kräftigen Hände ragten dunkel und breitknochig unter den hochgekrempelten Ärmeln hervor.
    »Lassen Sie eigentlich jeden hier so einfach rein?«
    Ich glaube, ich habe ihn ziemlich verwirrt angestarrt. »Bitte?«
    »Die Tür«, antwortete er. »Lassen Sie jeden so einfach herein, der bei Ihnen klingelt?«
    »Ich habe Sie durch das Guckloch gesehen.«
    »Sie haben nicht mal nach meiner Dienstmarke gefragt.«
    Der Mann war vollkommen durchgeknallt. Noch ein Kandidat für die Klapsmühle. Das Geschäft brummte.
    »Glauben Sie, ich hätte Sie über Nacht schon wieder
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