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Auszeit - Ein Schwarz Weiss Tot Krimi

Titel: Auszeit - Ein Schwarz Weiss Tot Krimi
Autoren: Deon Meyer
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großen braunen Umschlag, die andere hatte sie auf den Stuhl ihm gegenüber gelegt.
    »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
    Plötzlich wusste er, wer sie war – die Brieffrau – C.
    Im ersten Moment war er zu überrumpelt, um zu reagieren. Seine Gabel mit dem nächsten Bissen blieb auf halbem Wege vom Teller zum Mund in der Schwebe. Ihre Jugend und die Telefonstimme schienen irgendwie nicht zusammenzupassen. Er nickte und gab ihr mit einem Zeichen zu verstehen, dass sie sich setzen solle. Als sie ihm gegenüber Platz genommen hatte, fielen ihm ihre grünen Augen auf. Sie war nervös. Ihr ganzer Körper stand unter Spannung. Da überkam ihn plötzlich eine seltsame Ruhe, denn sie war so jung und verwirrt, und sie war real, aus Fleisch und Blut, sie saß ihm hier gegenüber und war ganz anders, als er erwartet hatte.
    »Ich habe ihre Stimme nicht gleich erkannt«, bekannte er.
    »Superintendent …«, begann sie, »ich … der Wecker …«
    Er winkte ab. »Wie alt sind Sie?«, fragte er beruhigend.
    »Neunzehn«, antwortete sie, und es klang wie eine Entschuldigung. Sie schob ihm den braunen Umschlag über den Tisch zu. »Superintendent, ich habe noch andere …«
    Er ließ den Umschlag liegen. »Du kannst mich ruhig
Oom
Johnnie nennen …«
    Plötzlich trat Muna energisch und streng an ihren Tisch. »Entschuldige«, sagte sie zu dem Mädchen, das sichtlich erschrak. »Das hier ist ein Privattisch. Hast du reserviert?«
    October legte Muna die Hand auf den Arm. »Schon gut, meine Liebe, sie wollte zu mir.«
    »Ach so.« Muna sah das Mädchen mit neu erwachtem Interesse an. Dann fragte sie freundlich: »Möchtest du etwas zu trinken?«
    »Ein Glas Wasser, bitte.«
    Muna nickte und entfernte sich.
    »Wofür steht das ›C.‹?«, fragte October. »Wie heißt du?«
    »Das C … sollte die Abkürzung für Chronos sein ….«
    Er schenkte ihr sein nettestes, vertrauenerweckendstes Lächeln. »Chronos? Das griechische Wort für Zeit?«
    »Ja, aber so heiße ich nicht. Sie können mich Nita nennen.«
    »Gut, Nita, und jetzt entspann dich mal.«
    Sie holte tief Luft und atmete langsam aus. »Es tut mir leid. Es ist nur … ich habe noch nie … ich war noch nie in einer solchen Situation.«
    »In was für einer Situation?«
    »Dass ich kurz davorstand, mich jemandem anzuvertrauen. Rückhaltlos.« Sie zeigte auf den Umschlag. »Aber vielleicht sollten Sie … solltest du dir erst mal das hier ansehen.«
    »Ich seh’s mir gerne an. Dann holst du dir in der Zwischenzeit etwas zu essen. Die Kabobs sind ein Gedicht. Hast du die schon mal probiert?«
    »Nein.«
    »Na los, dann hol dir welche. Und vergiss die Blatjang-Soße dazu nicht.« October nahm den Umschlag in dieHand. Nita zögerte einen Moment, ehe sie aufstand. October sah erst in den Umschlag hinein und zog dann einige Blätter heraus. Computerausdrucke, allem Anschein nach.
    Pearlie kam zu ihm hinüber und flüsterte ihm aufgeregt ins Ohr: »Ist sie das Mädchen mit den Briefen?«
    »Ja«, sagte er. »Sie ist noch ganz jung.«
    Pearlie drückte die Schulter ihres Mannes. »Ich sorge dafür, dass ihr eure Ruhe habt.« Dann war sie wieder weg.
    October blickte erst hinüber zu Nita, die mit dem Rücken zu ihm stand und dabei war, sich von den Speisen zu bedienen. Dann konzentrierte er sich auf die Papiere und blätterte sie einmal kurz durch. Es schienen Ausdrucke von Internetseiten zu sein. Der erste war ein langer Beitrag mit der Überschrift:
Die Kopenhagen-Interpretation – Wahrscheinlichkeitsphysik.
Bei den übrigen Texten schien es sich um Zeitungsartikel zu handeln. Die Überschriften lauteten:

    Bewaffneter Raubüberfall in Potsdam: Deutsche Polizei steht vor einem Rätsel
    Munch-Gemälde erneut verschwunden
    Keine Fortschritte im Fall des Berliner Blitzüberfalls: 2 Millionen bleiben verschwunden
    Rapid-City-Rätsel immer mysteriöser
    Rapid-City-Witzbold schlägt wieder zu

    Er las hier und da ein paar Sätze, konnte sich aber nicht richtig konzentrieren, zu sehr beschäftigte ihn die Tatsache, dass sie tatsächlich gekommen war. Sie kehrte zurück auf ihren Platz ihm gegenüber, den Teller gut gefüllt. »Ich habe gar nicht bemerkt, was für einen Hunger ich hatte«, bemerkte sie, etwas weniger nervös.
    »Das liegt aber auch an Pearlies Kochkunst, da bekommt jeder Appetit«, erwiderte er. »Und jetzt iss erst mal in Ruhe.«
    Sie nickte, rührte die Speisen aber nicht an. »Weißt du, Oom«, begann sie und deutete auf die Ausdrucke. »Es gibt noch andere, die
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