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Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit

Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit

Titel: Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit
Autoren: Wolfgang Doll
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Theorie- und keinerlei Praxiskenntnissen. Solche gab es ja zu Tausenden. Aber sie konnten ihre überflüssigen Worte so schön in Allgemeinplätze kleiden, dass man den Quatsch, den sie von sich gaben, schon deswegen gar nicht bemerkte, weil man sowieso kaum zuhörte. Wie dem auch sei - Anwesenheit war also Pflicht. Henry beschloss, die Unterlagen über das Projekt mitzunehmen, an dem er gerade arbeitete und die Vortragszeit zu nutzen, um die längst fälligen Korrekturen einzutragen. Das war wenigsten sinnvoll. Um elf Uhr hatte er eine Personalbesprechung. Etwas, das er noch mehr hasste, als langweilige Vorträge. Doch schließlich war er Abteilungsleiter, und da gehörten Personalgespräche eben einfach dazu. Das machte die Wichtigkeit seiner Position erst so richtig deutlich. Der Ansicht war jedenfalls die Geschäftsleitung. Er selbst hätte solche Gespräche am liebsten an den Biertisch oder in irgendein Kaffee verlegt. Die Atmosphäre und wahrscheinlich auch das Ergebnis wären dann zweifellos besser gewesen. Nach dem Mittagessen hatte er eine Projektbesprechung mit seinen engsten Mitarbeitern angesetzt. Es ging um die Optimierung der Arbeitsabläufe, wo sicherlich noch Luft nach oben war. Den ganzen Nachmittag hatte er dafür eingeplant, aber er wusste, dass sie mit Bestimmtheit wieder in heftigste Diskussionen geraten und frühestens um 20 Uhr das Büro verlassen würden. Damit wäre der Tag dann wieder gelaufen. Viel getan, aber nichts gearbeitet. Jedenfalls nichts, was ihn oder die Firma weitergebracht hätte. Also alles typisch deutsch!
     
    Ein so großes Unternehmen wie seines funktionierte eben wie eine Behörde: Viel reden, vor allem über die Arbeit, die man dann doch immer wieder liegen ließ, Verantwortung wegschieben, vor allem nach unten, wo es dann schließlich immer den letzten traf, wenn ein Fehler passierte und das gewünschte Ergebnis weit verfehlt wurde. Also nichts entscheiden, weil mit Entscheidungen Fehler verbunden sein könnten. Und durch Fehler fällt man immer unangenehm auf. Und wer möchte schon unangenehm auffallen und Ärger auf sich ziehen, wenn man in aller Ruhe und ohne viel Stress seinen Job tun kann und jeden Monatsersten das eigentlich ganz üppige Gehalt auf das Konto überwiesen bekommt? Es lebe die Bürokratie, die allen Faulpelzen ein gesundes und sicheres zu Hause bietet! Henry war allergisch gegen diese Einstellung und diesen Trott. Als er Abteilungsleiter wurde, hatte er sich von Anfang an bemüht, in seiner Abteilung andere Regeln aufzustellen. Teilweise machten die Kolleginnen und Kollegen auch mit. Vor allem die jüngeren. Aber diejenigen, die schon seit dreißig und mehr Jahren ihr Schlenderdasein gewohnt waren, konnte er einfach nicht mehr ändern. Eher hätte er einem Elefanten das Seiltanzen beibringen können, und deshalb war er eigentlich unzufrie- den. Mit sich und seiner Arbeit.
     
    Henry sah wieder auf die Uhr: immer noch 3 Uhr 30. Draußen war es bereits merklich heller geworden. Da konnte etwas nicht stimmen. War dieser blöde Wecker durch einen Stromausfall wieder stehen geblieben? Das war in letzter Zeit immer wieder mal passiert. Aber eigentlich war das kaum möglich. Schließlich hatte er einen intelligenten Wecker gekauft, der bei Stromausfall mit heftigem Blinken jedem deutlich jedem deutlich signalisierte, dass die Technik des Weckers voll funktionsfähig war, aber die Technik des Energieversorgungsunternehmens kläglich versagt hatte. Ein typisch japanischer Wecker, der die Unfehlbarkeit der fernöstlichen Technologie selbst dem ungebildeten Betrachter rücksichtslos vor Augen führte.
     
    Also - dass der Wecker aufgrund japanischer Unzulänglichkeit stehen geblieben war, konnte man ausschließen. Hatte er vielleicht am Vorabend aus Versehen die Uhrzeit verstellt? Nein, er hatte das Ding nicht einmal mehr berührt. Dafür war er viel zu müde gewesen, weil er sich noch bis spät in die Nacht die Aufzeichnungen der Fußballspiele im Fernsehen angesehen hatte. Total bescheuert zwar, da alle deutschen Vereine verloren hatten und damit alles reine Zeitverschwendung war. Was also war mit diesem Mistding los?
     
    Henry beschloss, den Wecker einige Minuten zu betrachten, um sicher zu gehen, dass er wirklich auf ein und derselben Uhrzeit verharrte. Er grinste bei dem Gedanken, wie er die Minuten messen sollte, die er sich selbst gab, um den Stillstand der japanisch erzeugten Uhrzeit nachzu- weisen. Wahrscheinlich blieb nichts anderes übrig, als die
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