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Auswahl seiner Schriften

Auswahl seiner Schriften

Titel: Auswahl seiner Schriften
Autoren: Richard Wagner
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jedesmalige vierte Jahresfeier scheint mir in weiten Umrissen Das zu bieten, was dereinst aus der Verwirklichung meines Planes hervorgehen könnte, nur daß ich das Drama mehr in das Auge fasse. Nach der realen Seite hin fühlst Du Dich durch die Anforderungen der gegenwärtigen Künstlerstände zu Zugeständnissen gedrängt, die Dir wahrscheinlich die Rücksicht auf die Ermöglichung einer recht weit ausgedehnten Theilnahme abgenöthigt hat. Hierin laß uns nun aber klar sehen und erkennen, daß wir nichts Gedeihliches erreichen, wenn wir jetzt schon Alles befriedigen wollen. Ziehen wir einen kleineren Kreis und fassen wir zunächst eine bestimmte Absicht in das Auge, die wir als Wurzel des ersehnten schönen Baumes der Zukunft zu erkennen haben. Diese Wurzel ist hier das Theater: dieses steht Dir im Weimarischen zur Hand; es bedarf fast nur des Willens, um in Bälde schon einen Zweck zu erreichen, der ganz an sich bereits die allerentsprechendste »Goethestiftung« wäre. Hierzu bedarfst Du aber der weiteren Goethevereine zur Noth gar nicht: wollen sie Dir helfen, so möge das bei sich zu Haus, am eigenen Ort und Stelle geschehen; sie sollen es Dir in Bezug auf das Theater nachmachen: erreichen sie anderswo dasselbe, desto glücklicher, dann ist der Zweck in immer weiteren Kreisen erreicht. Für jetzt aber kannst Du Dir an Weimar schon vollkommen genügen lassen, und läßt Dich dabei der Goethekomité im Stiche, so laß ihn fahren; er kann Dir zunächst so nichts weiter helfen. Laß sie unter dem Titel einer »Goethestiftung« eine Kunstlotterie errichten: gründe Du während dessen eine wirkliche Goethestiftung , und nenne sie, wie es Dich gut dünkt.
    Ich kann nicht anders glauben, als daß ich Deinen wahren Wunsch getroffen habe; ist es so, so möge Dir diese Mittheilung als eine Stütze für Deinen Willen dienen, als eine spezielle Verstärkung Deiner universellen Absicht. Wenigstens nur in diesem Sinne theilte ich mich Dir mit.
    So ausführlich diese Mittheilung erscheint, so gut fühle ich doch die mannigfachen Lücken, die sie für die Darstellung des Gegenstandes noch enthält. Um sie ganz zu vervollständigen, um nach allen Seiten hin, wenigstens meinem Bewußtsein nach, zu überzeugen, hätte ich mich geradesweges zu einem Buche anlassen müssen, das am Ende Diejenigen, auf die es mir eben ankommen würde, doch nicht lesen, oder, wenn sie es lesen, einer wohlweislichen Unbeachtung ihrerseits anheimgeben würden. In der Vorsicht der wirklichen oder affektirten Nichtbeachtung Dessen, was sie bei redlichem Erfassen zu einem uneigennützigen Nachdenken auffordern müßte, sind unsere heutigen Künstler und Kunstgelehrten groß; das Vermögen hierzu ziehen sie aus dem glücklichen Umstande, daß sie schon Alles wissen, nämlich gerade so viel, als ihnen in ihren sonderkunstständischen Kram paßt. Dich, bester Freund, verweise ich aber – zur Ergänzung meiner heutigen Mittheilung – noch auf mein nächstes erscheinendes Buch »Oper und Drama«, an dessen Schlüsse ich meine Ansicht über die Unfähigkeit des modernen Theaters, namentlich in Deutschland, genau begründe. Für jetzt aber laß mich an den wirklichen Schluß dieses Briefes denken, bevor auch er zum Buche anschwillt. Ich will es nun kurz und bündig machen, und deßhalb Dir nur noch das herzlichste Lebewohl zurufen
    Deines Zürich, 8. Mai 1851.
    Richard Wagner .

Offenes Schreiben an Herrn Ernst von Weber
Verfasser der Schrift: »Die Folterkammern der Wissenschaft«
Anmerkung des Herausgebers: 22) Erschien zuerst im Oktoberstücke der »Bayreuther Blätter« 1879. – Im Jahre 1881 hielt Professor Schiff, der weltbekannte Physiologe, in der Genfer Aula zwei Vorträge über die Vivisektionsfrage, worin er mit der größten Verehrung und Anerkennung von Wagners »Brief über die Vivisektion« sprach. »Dies ist der einzige Gegner,« meinte er, »der unwiderleglich bleibt, weil er das Nützlichkeitsargument abweist.« – Tatsächlich hat Wagner gerade durch diese Abweisung den kulturellen Kern der ganzen Frage getroffen. Selbst echte Wissenschaft würde ja allen Wert verlieren, wenn sie aus Nützlichkeitsgründen betrieben würde und noch weniger dürfen solche in moralischen Fragen von Einfluß sein. »Die Ehrwürdigkeit der Pflicht«, sagt Kant (»Gesammelte Schriften« V,89), »hat nichts mit Lebensgenuß zu schaffen, sie hat ihr eigentümliches Gesetz, auch ihr eigentümliches Gericht, und wenn man auch beide noch so sehr zusammenschütteln
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