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Australien 03 - Tal der Sehnsucht

Australien 03 - Tal der Sehnsucht

Titel: Australien 03 - Tal der Sehnsucht
Autoren: Rachel Treasure
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dem mit Chintz bezogenen Lieblingssessel ihrer Mutter im Salon und rieb an den Flecken, die Oakwood auf ihrem Kleid hinterlassen hatte. Während sie zuschaute, wie die Frauen Wein trinkend und kichernd herumschwirrten, fragte sie sich, was Sam wohl gerade trieb und wann er heute Abend anrufen würde.
    »Wie steht es mit dir, Rosemary? Noch etwas Chardonnay?«, fragte Prue Beaton, die jede Sekunde ihr nachtblau und knallrosa Seidenkostüm von Anna Middleton zu sprengen drohte. Prue senkte ihren ausladenden Allerwertesten auf die Armlehne von Rosemarys Sessel und goss noch mehr Wein in ihr schon volles Glas. Sie beugte sich so weit vor, dass Rosemary die winzigen Schweißperlen auf ihrer Oberlippe sehen konnte. Erst begann Prue zu kichern, dann sagte sie:
    »Hast du vor, deinen Namen zu behalten, wenn du Sam Chillcott-Clark heiratest, so wie es inzwischen modern ist?«
    »Warum nehmt ihr nicht einfach einen Doppelnamen?«, zwitscherte eine andere Lady.
    »Au ja!«, quiekte Prue. »Perfekt! Rosemary Chillcott-Clark-Highgrove-Jones! Oder Rosemary Highgrove-Jones-Chillcott-Clark! Klingt das nicht bedeutend?«
    Margaret servierte lächelnd ein Tablett mit Atlantiklachs und Kapern auf knusprigem, selbst gebackenem Brot.
    »Der Name ist fast so lang, wie es die Zäune sein werden, wenn die beiden Güter erst zusammengelegt werden«, sagte Prue, und die Ladys kippten vor Lachen fast vom Stuhl.
    Nicht lang danach entschuldigte sich Rosemary leise. Mit einem stillen Seufzen stieg sie die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf.
    Rosemarys Zimmer war ihr Zufluchtsort, obwohl es ihr zeitweise eher wie ein Gefängnis erschien. Auf der einen Seite führten hohe Glastüren auf einen breiten Balkon mit Blick auf den Vordergarten und darüber hinaus bis ins Flusstal. Der Ausblick von der Veranda schien sie zu verhöhnen und führte ihr vor Augen, wie gefangen sie sich in diesem Haus fühlte, in dem sie von der herrischen Stimme ihrer Mutter hierhin und dahin gezerrt wurde, als wäre sie an der Leine. Weil Rosemary spürte, wie sich schon wieder tiefe Melancholie breit zu machen drohte, durchquerte sie den Raum und trat an das tiefe Erkerfenster auf der anderen Seite. Das breite hölzerne Fensterbrett war der perfekte Fleck, um auf den gepflasterten Hof zu schauen. Von hier sah sie auf das steinerne Bogentor, wo früher die Landarbeiter in ihren rostigen Wagen angekommen und abgefahren waren, und auf die wunderschönen alten Ställe aus dunklem, narbigem Sandstein. Die Quartiere für die Arbeiter waren aus dem gleichen Stein erbaut. Manchmal hatte Rosemary, wenn sie nicht schlafen konnte, in der Dunkelheit gehockt und versucht, die aufsteigenden Fetzen der Männergespräche und die tiefen Lachsalven aufzuschnappen, die ihr die Einsamkeit erträglich machten. Am liebsten mochte sie die Geräusche während der Schur. Hinter dem Dach der Ställe konnte sie den Scherstall ausmachen. Sie liebte es, wenn die Musik aus dem kleinen Fenster des Stalles schepperte und mit dem Sirren der Maschinen mitzuhalten versuchte. Von ihrem Ausguck am Fenster konnte sie zuschauen, wie die Schafe mit dichtem Wollkleid in die Pferche getrieben wurden und wenig später leichtfüßig und verschreckt aus dem Tor stürmten, nachdem sie den Scherstall reinweiß und kurz geschoren verlassen hatten.
    Heute Nacht beleuchteten die Strahler im Hof nur die alten, von Hand behauenen Steine der Gebäude. Die Geranien ihrer Mutter leuchteten, in riesigen Töpfen stehend, in Rosa und Grün. Julian und ihr Vater waren eben auf den Hof gefahren. Auch nach dem anstrengenden Tag bei den Rennen hatten sie noch bis spät abends gearbeitet. Am Knallen der zuschlagenden Wagentüren konnte Rosemary hören, dass sie schlechter Laune waren. Sie hörte ihren Vater fluchen, als er über ein altertümliches Fass voller Margeriten im Hof stolperte. Er beschwerte sich oft, dass seine Frau sogar den Arbeitsbereich, wo ihre Rosen und das Terrakotta eindeutig fehl am Platz waren, countrymäßig gestylt hatte. Früher hatten auch die Landarbeiter und Jackaroos gebibbert, wenn sie Margaret kommen sahen. Denn dann wollte sie bestimmt einen tonnenschweren Sandstein umgesetzt, eine Hecke beschnitten oder eine Lastwagenladung Schotter geharkt und auf der Auffahrt verteilt haben. Es interessierte sie nicht, dass die Schafe Pflege brauchten, die Tröge repariert oder die Wagen gewartet werden mussten. Irgendwann hatte Rosemary aufgehört zu zählen, wie viele Landarbeiter wegen der ständigen Anforderungen
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