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Australien 03 - Tal der Sehnsucht

Australien 03 - Tal der Sehnsucht

Titel: Australien 03 - Tal der Sehnsucht
Autoren: Rachel Treasure
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schaute auf den Glenelg River. Dort, auf der ebenen Fläche unter den großen roten Eukalyptusbäumen am Fluss, arbeitete Billy O’Rourke mit einer jungen Vollblutstute. Die junge Stute tänzelte und schnaubte in der Morgensonne, während er ruhig auf sie einredete. Wie es wohl war, so frei zu sein, fragte sich Rosemary unwillkürlich. Den ganzen Tag mit unverdorbenen, frischen Tieren wie diesem halbwüchsigen Fohlen zu verbringen? Leicht angekatert nach dem Chardonnay und der vielen Sonne vom Vortag beschloss sie, später mit ihm über den Job zu sprechen, den er für sie hatte. Sie drückte die Tür auf und trat in die staubig riechende Redaktion des Chronicle.
    Duncan war schon da, zusammen mit Derek, der aufgeregt loskläffte und auf den Hinterbeinen tanzte, um an Rosemarys Bein zu kratzen. Duncan stand an seinem Schreibtisch und schüttelte das klobige Goldarmband an seinem dicken Handgelenk. Schon jetzt verdunkelten Schweißflecken sein lachsrosa Hemd. Er sprach aufgeregt in ein Telefon und fuhr sich mit der Hand durch die drahtigen blonden Haare, die, so vermutete Rosemary, nicht nur getönt, sondern noch dazu in Form gesprayt worden waren. Mit dem Stift in seiner anderen Hand malte Duncan mit hektischen Strichen großbusige Weiber auf den Notizblock auf seinem Schreibtisch.
    »Ich dachte, deine Mutter hätte dir Geld für Bücher geschickt? Jepp. Ah-ha. Na gut. Ich schicke dir einen Scheck. Aber gib nicht alles für Gras aus. Oder Schnaps. Nein, bin ich nicht! Wie geht es deiner Mutter überhaupt?«
    Bemüht, Duncans Gespräch mit seiner Tochter nicht zu belauschen, ließ sich Rosemary auf ihren Schreibtischstuhl fallen und fuhr den klobigen Uraltcomputer hoch. Auch er surrte lethargisch, als wäre er verkatert. Sie legte eine neue Datei an und begann, die Texte für ihre Fotos vom Renntag einzutippen.
    » Mit zusammengekniffenen Arschbacken, um nicht allzu laut zu furzen, versammelten sich am Renntag v. l. n. r. Mrs Elizabeth Richards von Brookland Park, Susannah Morecroft von der Hillsville Station und Margaret Highgrove-Jones von der Highgrove Station.«
    Erst als Duncan den Hörer auf die Gabel knallte und in die Hände klatschte, änderte sie hastig die erste Hälfte des Begleittextes.
    »Morgen!« Er strich seine Haare zurück und hüpfte auf der Stelle wie ein Fußballspieler beim Aufwärmtraining. »Alles bereit für eine aufregende Nachrichtenwoche?«
    »Ehrlich gesagt nicht«, antwortete Rosemary leise.
    Sie wollte gerade dem hüpfenden Duncan ihren Film überreichen, als ihre Mutter in einer Wolke von Moschusparfüm durch die gläserne Eingangstür geschwebt kam. Margarets Gesicht war in sich zusammengefallen und geradezu verzerrt. Rosemary zog beunruhigt die Stirn in Falten. So verängstigt hatte ihre Mutter nicht einmal dreingesehen, als am Freitag vor dem Wochenende des »offenen Gartens« die Schafe in ihre Blumenbeete geraten waren.
    »Rosemary.« Margarets Stimme versagte. »Es hat einen Unfall gegeben.«
    Duncan war augenblicklich an ihrer Seite.
    »Mrs Highgrove-Jones. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    Margaret sah zitternd ihre Tochter an und blinzelte die Tränen zurück.
    »Mum? Es ist doch nicht Julian? Oder Dad?«, fragte Rosemary, während sich die Angst wie Blei in ihrer Magengrube festsetzte.
    »Sam. Es ist Sam«, flüsterte ihre Mutter. »Er ist tot.«

    Die Knie an die Brust gezogen, saß Rosemary seit Stunden auf dem Fensterbrett in ihrem Zimmer und wiegte sich vor und zurück. Seit drei Tagen hockte sie inzwischen in ihrem Zimmer. Heute aber musste sie es verlassen. Heute wurde Sam beerdigt.
    Wieder und wieder hatte sie im Geist die Stunden durchlebt, seit sie von Sams Unfall erfahren hatte. Der Schock. Die plötzlich einsetzende Angst. Sie erinnerte sich, von ihrem Stuhl in der Redaktion gerutscht und auf den Boden gefallen zu sein, wo sie am ganzen Leib zu zittern begann. Dann spürte sie Duncans Hand auf ihrer Schulter und die Finger ihrer Mutter, die ihr übers Haar strichen. Behutsam halfen die beiden ihr auf und führten sie nach draußen. Bob kam neugierig aus seinem Zeitungsladen gelaufen, und Doreen, Johnno und ihre Tochter Janine schauten betroffen von ihrem Imbiss zu ihr herüber. Sie wurde in den Geländewagen ihrer Mutter gesteckt. Ihr Vater saß mit versteinerter Miene auf dem Fahrersitz und wartete auf sie. Sie wurde auf direktem Weg nach Hause gefahren und auf ihr Zimmer gebracht. Sie wusste nicht genau, was ihr der Arzt gegeben hatte, aber sie wusste sehr
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