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Ausreißer

Ausreißer

Titel: Ausreißer
Autoren: Andreas Schlueter , Irene Margil
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Frust gelähmt, geriet Jabali aus seinem Rhythmus, begann nun mehr verzweifelt zu strampeln, statt ruhig
     weiter im Rhythmus des runden Tritts zu fahren. Das kostete Kraft. Plötzlich fiel jeder Tritt umso schwerer, während der Bayer
     sich nahezu leichtfüßig vor Jabali setzte und den Vorsprung spürbar vergrößerte.
    Ich muss ihn ziehen lassen, stellte Jabali resigniert fest. Er besaß keine Kraftreserven mehr, konnte nichts mehr zusetzen,
     fuhr am absoluten Limit. Dranbleiben, sich von ihm mitziehen und damit das Cornflakes-Team immer weiter hinter sich lassen
     – das wäre jetzt die richtige Taktik gewesen. Doch es ging nicht. Jabali war am Ende. Er musste nun aufpassen, sich nicht
     ganz und gar aufzugeben, sich zurückfallen und damit doch wieder vom Cornflakes-Team einholen zu lassen. Nach einem Anstieg
     folgte eine Abfahrt. Da würde Sven versuchen, das verlorene Terrain gutzumachen.Jabali wusste, dass Sven ein guter Abfahrten-Fahrer war. Er beherrschte nicht nur sein Rad, sondern war auch waghalsig genug,
     ein hohes Risiko einzugehen. Da, wo Jabali aus Vorsicht abbremste, sauste Sven durch. Vielleicht war er mutig. Vielleicht
     auch nur dumm. Sicher aber war er in der Abfahrt schneller als Jabali. Deshalb durfte Jabali sich jetzt nicht aufgeben. Auch
     wenn er dem Bayern nicht folgen konnte, musste er den Abstand zum Cornflakes-Team vergrößern.
    Der Bayer war bereits über die Kuppe des Anstiegs und somit aus Jabalis Blickfeld heraus gefahren. Auch Jabali hatte die Kuppe
     gleich erreicht. Noch einmal blickte er sich um. Sven und sein Team hatten noch fast den halben Berg vor sich. Ein guter Vorsprung.
    Jabali schloss den Reißverschluss seines Trikots hoch bis zum Hals. Gleich würde es kühl werden. Mit einem kleinen Klick seiner
     linken Hand am Schalthebel legte er die Kette wieder auf das rechte, große Blatt, ließ kurz darauf mit der rechten Hand am
     Schalthebel die Kette hinten auf ein kleineres Zahnrad rutschen. Ein schwerer Gang für die bevorstehende Abfahrt. Ein Tempo
     von 50 odervielleicht sogar 60   Stundenkilometern war zu erwarten. Jabali blickte nach vorn und bemerkte, dass er den Bayern gar nicht sah.
    Das konnte nicht sein!
    Die Abfahrt erstreckte sich über mehr als einen Kilometer. Jabali konnte sie komplett überblicken bis zum Ende, wo es kurz
     vor Grünheim wieder etwas hinauf zum Ziel ging. Der Bayer musste zu sehen sein. Anders ging es gar nicht.
    Jabali musste aufpassen, sich weiter zu konzentrieren. Er legte seine Knie von beiden Seiten an die Mittelstange des Rahmens,
     um so eine größere Fahrstabilität zu erreichen, fasste den Lenker an seiner untersten Position, machte seinen Rücken so rund
     es ging, senkte den Kopf und legte ihn gleichzeitig in den Nacken, um nach vorn sehen zu können. Er spürte, wie er in rasantem
     Tempo schneller und schneller wurde, legte den höchsten Gang ein und – sah den Bayern!
    Beziehungsweise zunächst nur dessen Rad. Es lag verbogen und verbeult am Straßenrand kurz vor einer Leitplanke.
    »Verdammt!«, fluchte Jabali. Mehr Zeit benötigte er nicht, um eine Entscheidung zu treffen. Er machteeine Vollbremsung, musste dabei aufpassen, nicht selbst zu stürzen, und brachte schließlich das Rad zum Stehen. Dann sah er
     über die Leitplanke hinweg die Böschung hinunter. Etwa zwei Meter unter ihm saß der Bayer im Gestrüpp.
    Er saß! Jabali fiel ein Stein vom Herzen.
    »Wie geht’s?«, rief Jabali zu ihm hinunter.
    »Ich glaube, alles okay!«, rief der Bayer zu ihm hinauf. »Nur mein Arm tut etwas weh.«
    Jabali sah, wie der Bayer sich den linken Arm hielt.
    Jabali blickte die Straße entlang in die Richtung, aus der er gekommen war. Das Cornflakes-Team rollte heran. Sven und die
     anderen nahmen gerade volles Tempo auf. Jabali richtete sich auf und winkte ihnen mit beiden Armen. »Anhalten!«, rief er.
     »Ich brauche Hilfe!«
    Er wusste nicht, ob er den möglicherweise verletzten Bayern allein die steile Böschung hinauf bergen konnte. »Anhalten!«
    Das Cornflakes-Team raste auf ihn zu.
    »Anhalten! Hier ist einer verletzt!«, brüllte Jabali und stellte sich halb auf die Fahrbahn.
    »Hau ab da, du Idiot!«, hörte Jabali Sven brüllen.
    Jabali sprang beiseite. Das Cornflakes-Team raste an ihm vorbei die Abfahrt hinunter.
    Unmittelbar darauf allerdings bremste jemand. Lennart und Ilka. Nachdem sie Jabali an das Cornflakes-Team herangefahren hatten,
     hatten sie nicht abreißen lassen und waren dem Team dicht auf den Fersen
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