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Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi

Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Eva Rossmann
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ersten zu nagen.
    Ich setzte mich mit meinem Essen an den großen Tisch im Wohnzimmer und war mit mir und meinen Kochkünsten überaus zufrieden. Vielleicht sollte ich eine Gastronomiekolumne anstreben, aber da hatte ich kaum eine Chance. Verglichen mit gewissen Gastrokritikern waren Chronik- und Sensationsjournalisten sensible, ausschließlich der hehren journalistischen Ethik verpflichtete Knaben. Nein, Essen und Kochen sollten Vergnügen bleiben. Was meinen Beruf anging … ich genoss Bissen um Bissen und ließ gleichzeitig in Gedanken meinen Blick durch die Künstlergarderobe schweifen. Ich habe kein fotografisches Gedächtnis, aber ich war sehr entspannt und erinnerte mich an viele Details: an die große Dose Haarspray, einige Schminkutensilien, die dunkle Aktentasche, seine Kleider auf dem Kleiderständer und verstreute Notenblätter. Hatte er überhaupt Noten lesen können? Vielleicht hatte er als Kind in der örtlichen Blasmusikkapelle gespielt, das ist auf dem Land nach wie vor keine Seltenheit. Die fensterlose Garderobe war eine der vielen Standardgarderoben im Fernsehzentrum, ausgestattet mit einem großen Spiegel mit Beleuchtung, einem breiten gepolsterten Hocker und einer Couch. War auf der Couch etwas gelegen? Nein, sie war leer gewesen. Teppichboden, ein Kleiderständer, ein Waschbecken. Alles in Weiß und Braun, abgewohnt, schmutzigweiß und schmutzigbraun, obwohl die Garderobe sicher täglich geputzt wurde.
    Ich spießte die letzte Garnele auf und tunkte sie ins restlich Öl. Und ich genehmigte mir noch ein Glas Rheinriesling. Wer ein paar Kilo mehr hat, verträgt auch mehr Alkohol.
    Irgendetwas war noch in der Garderobe gewesen. Ich war mir sicher. Aber was? Oder ging ich jetzt schon meiner eigenen Geschichte, die ich mir für den Polizeibeamten ausgedacht hatte, auf den Leim? Ich lehnte mich zurück, beschloss, für heute das Denken sein zu lassen, und schaltete den Fernseher ein.
    Unglaublich schlanke Frauen mit glücklichen Gesichtern warben für Tampons, Putzmittel und Schokolade. In einem Spot wurde vor Medikamentenmissbrauch gewarnt. Man sah ein Waschbecken mit Fläschchen und Schächtelchen. Eine Frau, die zwar schlank war, aber nicht sehr glücklich wirkte, nahm von da und dort eine Tablette und schluckte sie gierig. Der Spot hatte für ziemliche Aufregung gesorgt. Die Pharmaindustrie hatte der Gesundheitsministerin vorgeworfen, die Hysterie gegen Medikamente zu schüren und damit Krankheit und Tod vieler Menschen heraufzubeschwören. Ich weiß nicht, wen ich weniger mag: die Pharmaindustrie oder die Gesundheitsministerin.
    Mein Vater war lange Jahre Landesrat gewesen. Jetzt ist er in Pension, aber einmal Politiker, immer Politiker. Nun leitet er den Pensionistenverband. Meine Skepsis gegenüber Politik reicht weit in meine Kindheit zurück. Und dass ich im letzten Präsidentschaftswahlkampf die ganze Bandbreite politischer Möglichkeiten von Strahlelächeln bis Mord hautnah hatte miterleben dürfen, hatte mein Politikerbild nicht eben verbessert.
    Das Waschbecken. Das war es. Es war etwas mit dem Waschbecken gewesen. Das hatte ich übersehen. Am Waschbecken der Garderobe waren ein Wasserglas, ein Tablettenfläschchen und eine Medikamentenschachtel gestanden. Aspirin war es nicht gewesen, diese Verpackung kannte ich. Die Schachtel war überwiegend weiß gewesen. Offenbar hatte Downhill-Sepp irgendwelche Medikamente genommen. Das war immerhin ein Ansatzpunkt. Ich würde Müller erzählen, was mir da eben eingefallen war. Nicht, dass die Medikamente von der Spurensicherung hätten übersehen werden können. Aber ich hatte mich nicht mehr an sie erinnert. Es würde nicht einfach sein, aber ich wollte versuchen herauszubekommen, welche Medikamente das gewesen waren, die der singende Naturbursch geschluckt hatte.
    Meine Verblüffung war nicht gespielt. Ich stand mit Chefinspektor Müller in der Garderobe, wollte ihm eben sagen, was meine Irritation ausgelöst hatte, blickte zum Waschbecken, und da waren weder ein Wasserglas noch Medikamente zu. „Sie haben sie mitgenommen“, sagte ich.
    „Was?“
    „Die Medikamente. Um sie zu untersuchen.“
    „Welche Medikamente?“
    „Zugegeben. Es ist mir schon gestern Abend wieder eingefallen. Am Waschbecken standen ein Wasserglas und Medikamente, ein Fläschchen und eine Schachtel.“
    „Wenn Sie auf diese Tour herausfinden wollen, ob er etwas genommen hat – nicht mit mir.“
    „Ich habe ohnehin nicht erkannt, welche Medikamente es waren. Aber sie
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