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Aus vollem Herzen: Über das Geschenk des Lebens und die Kraft der Musik

Aus vollem Herzen: Über das Geschenk des Lebens und die Kraft der Musik

Titel: Aus vollem Herzen: Über das Geschenk des Lebens und die Kraft der Musik
Autoren: José Carreras
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aber in Buddy, Buddy bewundert, wo er einen Berufsmörder spielt, dessen Pläne von Jack Lemmon im Nebenzimmer seines Hotels vereitelt werden. Matthau hat sich als großartiger Kerl erwiesen, mit dem man glänzend zurechtkam. Er gab witzige Antworten und war auch noch ein großer Opernkenner. Ich habe ihn aufmerksam gemustert, um den bissigen und sardonischen Burschen zu erkennen, als der er in seinen Filmen gewöhnlich auftritt, und etwas davon habe ich auch gefunden – vor allem aber war er liebenswürdig. Wir haben nur zehn Minuten lang miteinander gesprochen, doch hätte es von mir aus auch den ganzen Abend so weitergehen können.
    Von den Nobelpreisträgern, denen ich begegnet bin, möchte ich Professor Edward Donnall Thomas besondere Erwähnung schenken, dem diese Auszeichnung für seine Forschungen zur Leukämie zuerkannt wurde. Es war das erste Mal, dass man einen klinisch tätigen Mediziner auf diese Weise gewürdigt hat. Mit seiner Arbeit hat er dazu beigetragen, mir das Leben zu retten, und mit seiner humanen Haltung bewirkt, dass ich ein anderer geworden bin. Weder Auszeichnungen noch schmeichelndes Lob haben diesen weißbärtigen Weisen von seiner Bescheidenheit, Demut und Menschlichkeit abbringen können. Noch einen Mann stelle ich in den Vordergrund, dem man sicherlich eines Tages den Nobelpreis zuerkennen wird, und zwar den für Literatur. Ich meine Umberto Eco. Er ist ein umgänglicher Mensch voll Witz, der von Bildung geradezu überquillt und eine einzigartige Fähigkeit besitzt, mit anderen Menschen in Verbindung zu treten. Ich bin nach einem Konzert in der Scala mit ihm zum Abendessen gegangen, später sind
wir einander noch einmal bei einer Preisverleihung in Mailand begegnet, und schließlich, als uns die Rutgers-Universität in New Jersey den Ehrendoktortitel verliehen hat. Von ihm stammt ein Satz, den er gleichsam mir gewidmet hat: Weisheit besteht nicht darin, dass man Götzenbilder zerstört, sondern darin, dass man sie gar nicht erst erschafft.

22.
Statt Frühstück bei Tiffany Kutteln im Lokal Bosquet in Sants-Montjuïc
    D as Stadtviertel, in dem ein Mensch zur Welt kommt, ähnelt dem Schoß der Mutter, in dem ein Kind Zuflucht findet und sich jederzeit gut aufgehoben fühlt. Der Gang durch die Straßen der Kindheit ist eine Möglichkeit, sich selbst nicht aus dem Auge zu verlieren. Bei Rilke heißt es, die Kindheit sei die Heimat des Menschen, und sicher ist das der Grund dafür, dass einen großen Teil seiner Identität wiedergewinnt, wer zu seinen Ursprüngen zurückkehrt.
    In der Straße, in der José Carreras zur Welt gekommen ist, hat die Stadtverwaltung 1998 eine Hinweistafel anbringen lassen, wenn auch nicht an seinem Geburtshaus, da dieses inzwischen einem modernen Gebäude mit einer Fassade aus Sichtziegel-Mauerwerk gewichen ist. Nicht einmal die Hausnummer ist noch dieselbe (er hat seine Kindheit in Nummer 5 verbracht, die der gegenwärtigen 1 – 3 entspricht), aber an seiner Verwurzelung in seinem Viertel, seiner Stadt und seinem Land hat das nichts geändert. Es hat ihn stets mit Dankbarkeit erfüllt, dass sich seine Landsleute an ihn erinnert und den Wunsch verspürt haben, dem einfachen Ort seiner Geburt Würde zu verleihen. Daher wirkt es in keiner Weise sonderbar, wenn man sieht, wie er durch den Stadtteil Sants schlendert und die Bewohner der Nachbarschaft grüßt, die stolz auf den Erfolg ihres Mitbürgers sind.
    Jeden ersten Samstag im Monat – es sei denn, künstlerische Verpflichtungen hindern ihn daran – sucht er um halb zehn am Vormittag in der Calle Galileo ein Lokal auf, das hundert Meter von seinem Geburtshaus entfernt liegt, um mit einem Dutzend Schulkameraden ein ausgedehntes Frühstück zu sich zu nehmen, bei dem die Karaffe mit Hauswein von Hand zu Hand geht. Die alten Freunde unterhalten sich über Fußball, Fernsehen,
Wirtschaft, Politik oder was gerade sonst noch interessant ist. Sie rücken die Dinge auf ihre Weise zurecht, lachen über die Einfälle des einen oder geraten über den hitzigen Monolog eines anderen in Wallung.
    Das Lokal, in dem sie sich treffen, ist das im ganzen Viertel bekannte und beliebte Bosquet. Die Wand gegenüber der Bar in dem großen länglichen Raum schmücken Keramiken sowie Plakate der Beatles und Barça-Poster. Eins davon, das an das in Rom ausgetragene Endspiel der Champions League erinnert, zeigt Michelangelos Deckenfresko aus der Sixtinischen Kapelle, auf dem Gott Adam erschafft – in diesem Fall in Gestalt des
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