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Aus Nebel geboren

Aus Nebel geboren

Titel: Aus Nebel geboren
Autoren: Emily Bold
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und herauszufinden, wohin uns unser neues Wissen führt oder wie wir damit umgehen sollen.“
    „Das weiß ich, Gabriel. Und ginge es dabei einzig um mein Wohl oder um meine Zukunft, dann hätte ich weniger Sorge, aber …“
    Julien drehte sich nach seinen Männern um, die ihnen durch die dürre Hügellandschaft folgten.
    „… aber euer aller Leben scheint mir nun entwurzelt.“
    „Wir sind alle freiwillig hier, mein Freund“, beendete Gabriel das Gespräch und führte sein Pferd von dem Pfad weg, den die Soldaten auf ihrem Weg vom Mittelmeerhafen bis nach Jerusalem in den morgenländischen Boden getrampelt hatten. Er lenkte es ein gutes Stück den felsigen Abhang hinauf, bis zu einer Gruppe junger Palmenschösslinge, die mäßig Schatten spendeten. Dann glitt er aus dem Sattel und wartete darauf, dass Julien den Befehl zur Rast gab.
    Als alle beisammensaßen, die Pferde an den trockenen Büscheln kauten und die Männer sich aus ihren Weinschläuchen erfrischten, schien die Stimmung viel gelöster als am Morgen in Juliens Zelt.
    „Was tun wir nun, Freunde? Was haben wir uns nur gedacht?“, fragte er in die Runde und blickte zu seiner Überraschung in heitere Gesichter.
    Lamar erhob sich, schob seinen ledernen Umhang zurück auf seinen Rücken, löste die Schnallen seines Brustharnischs an den Schultern und atmete erleichtert auf, als Matteo ihm half, das mehrlagige Rüstzeug loszuwerden. An den kurzgeschorenen Partien seines Kopfes glänzte der Schweiß, während der Staub des Rittes seinen langen Zopf verklebt hatte. Vorsichtig hob er den Arm und besah die Schnittwunde, die er sich beim Sturm auf Jerusalem zugezogen hatte.
    Er wandte sich an Julien, sprach aber zu allen.
    „Wir haben unser Blut und unseren Schweiß gegeben und sind dabei stets deinem Befehl gefolgt, Bruder. Glaubst du, ein Raimund von Toulouse kann über uns verfügen, als wären wir einfaches Fußvolk?“
    Ringsum schüttelten die Männer ihre Köpfe.
    „Nein, Juls. Jemand wie ich, der nur schwer Befehle befolgt, wählt zumindest selbst den Mann, für den er kämpft. Ich gebe zu, ich teilte nicht deine Meinung, als du den Heiden in unsere Mitte brachtest, aber …“
    Er nickte Said entschuldigend zu.
    „... aber du zeigtest mir auch hier wieder einmal, warum ich recht tat, gerade dir meine Treue zu schwören. Said hatte recht – und du ebenso, als ihr sagtet, dieses Elixier müsse geschützt werden. Lasst uns dies zu unserer Aufgabe machen, denn ich bedarf keines weiteren Beweises als Claudio, der wieder unter uns weilt.“
    Julien erhob sich und umarmte Lamar.
    „Danke, Bruder. Deine Worte ehren mich.“
    Er sah in die Runde. Da saßen seine Männer, gute Männer, mit Ehre im Leib und Verstand im Kopf, und waren bereit, ihm zu folgen, wohin immer er sie führen würde. Die Last der Verantwortung schien ihn zu erdrücken, aber er durfte sich davon nicht abhalten lassen, das Richtige zu tun.
    Er ging zu Gabriel und ließ sich den Rubin geben. Nachdenklich hob er ihn hoch, sodass sich das Sonnenlicht tausendfach in seinem ungewöhnlichen Schliff brach.
    „Dieser Stein enthält die größte Wahrheit der Menschheit. Ich erkläre uns, so, wie wir hier sitzen, zu den Hütern der Wahrheit , auf dass wir nie die Macht missbrauchen, die damit einhergeht. Lasst uns verhindern, dass dieses Elixier in die falschen Hände gerät, und es so lange hüten, bis die Welt bereit ist, zu erfahren, was sich in dieser kostbaren Phiole befindet.“
    „Ihr werdet viele Feinde haben, Christ.“
    „Feinde, über die du vieles zu wissen scheinst, Said. Darum erweise mir ...“
    Julien sah in die Gesichter seiner Brüder und holte sich ihre Zustimmung.
    „... erweise uns die Ehre, an unserer Seite zu kämpfen – für den einen Gott, der dieses Wunder zu vollbringen vermochte.“
    Said zögerte. Sein Blick ruhte auf Lamar. Langsam erhob er sich, trat zu ihm und sah ihm in die Augen.
    „Ich werde nicht die Ewigkeit mit einem Mann verbringen, der mich als seinen Gegner sieht“, erklärte er.
    Julien wusste, dass sein langjähriger Freund kein Mann war, der Fehler einräumte, darum wunderte es ihn, als Lamar ergeben die Hände hob und Said zunickte.
    „Keine Sorge, ich sehe dich nun mit anderen Augen. Du bist mir willkommen. Wie kann ich dir das beweisen?“
    Said lächelte – dann hieb er Lamar seine Faust in den Magen und wandte sich zufrieden an Julien.
    „Ich tue es!“, stimmte er zu und legte dem keuchenden Lamar freundschaftlich den Arm um die
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