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Augen für den Fuchs

Titel: Augen für den Fuchs
Autoren: Henner Kotte
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haben, das konnte sie nicht. Ausgeschlossen, im Sinne des Wortes. Kein Mensch konnte zur Nachtzeit auf die Station kommen. Lag dort der neue Ansatz der Beetz? Hatte die falsche Demand den Mörder gesehen?
    »Ich denke, dieser Tod war ein Fall von Sterbehilfe.« Die Beetz stand wie zum Appell, blickte ihn aber nicht an. Die Hohmann setzte sich mit einem neuen Radiergummi in der Hand wieder aufrecht in ihren Stuhl.
    »Sterbehilfe. Nach der Aussage der Serafina Karataeva«, wieder wedelte die Beetz mit dem Papier, »wird mir das immer deutlicher. Das Verhalten der Ehefrau, das Verhalten der Eltern.« Die Augen der Beetz fixierten ihn. »Alle waren just an jenem Tage bei Frank Stuchlik am Bett. Es kommt mir wie eine Verabschiedung vor. Eine Verabredung. Er hat von seinem Tod gewusst und sie alle noch einmal ins Krankenhaus bestellt. Ich bin mir sehr sicher.«
    »Aber er konnte sich selbst die Schlinge nicht festziehen.« Kohlund atmete tief aus. Die Beetz und die Hohmann blickten ihn an.
    »Ich habe im Spurensicherungsbericht nachgelesen, dass sich am Bettgestell Spuren fanden. Dort ist die Schlinge befestigt gewesen.«
    »Ja, und dann?«
    »Dann hat Frank Stuchlik den Kopf gehoben, und die Schlinge zog zu … Exitus. Aus. Der ersehnte Tod war endlich gekommen.«
    »Ausgeschlossen, dazu reichten seine Kräfte nicht zu. Und selber erdrosseln kann man sich nicht. Hat Dr. Jaenicke in seinem Obduktionsbericht extra betont.«
    »Trotzdem.« Die Beetz klang, als wäre sie beleidigt.
    Auch darüber hatten sie diskutiert. Sicher, die Theorie hatte etwas für sich, und die Beetz tat, als wäre das wirklich die Lösung.
    »Wenn Sie wollen, fahren Sie noch einmal ins Neurophysiologische Zentrum.« Kohlund gab sich geschlagen und ging in sein Zimmer, blieb stehen und fingerte auf seinem Tisch, ohne etwas zu suchen. Die Beetz war ihm gefolgt. Sie ließ nicht locker. Kohlund unterstützte sie, ohne dass er es eigentlich wollte. Aber vielleicht war es die Hoffnung, den Fall wirklich klären zu können. »Fragen Sie noch einmal den Arzt und Frau Stuchlik.«
    »Ich habe bereits mit ihm gesprochen und Bettine Stuchlik ins Neurophysiologische Zentrum bestellt.«
    »Und?«
    »In anderthalb Stunden treffen wir uns. Sie muss ihre Kinder noch versorgen.«
    Wenn die Beetz von etwas überzeugt war, dann handelte sie zielstrebig und überlegt. Kohlund war noch immer im Zweifel, ob er Hackenbergers Stellenangebot annehmen sollte. Die Beetz war zu jung und zu kurz bei der Truppe, um seinen Chefposten zu übernehmen. Aber er könnte ihren Namen in der Diskussion fallen lassen. Er könnte sie mit größeren Aufgaben betrauen. Sie hatte Thorst Schmitt in der Rangfolge seiner Sympathiewertung überholt. Aber für Schmitt sprachen seine Berufs- und Lebenserfahrung, obwohl Kohlund manches Mal zweifelte, ob der Kollege sie wirklich besaß. Aber diese Gedankenspiele waren überflüssig: Er würde sich nicht um den Posten des Kriminaldirektors bewerben. Zumal Konstantin Miersch nicht offiziell aus dem Amt geschieden war. Er scheue Verantwortung, sagte Alexia. Allein aus diesem Grunde müsste er … Jetzt konzentrierte er sich auf die Beetz und den Mord an Frank Stuchlik.
    Kohlund rief durch die geöffnete Tür: »Frau Hohmann, einen Kaffee!« Und zur Kollegin gewandt: »Sie auch einen?«
    Die Beetz ging wortlos aus dem Zimmer und kam mit ihrer Tasse zurück, die sie bei der Hohmann auf dem Tisch hatte stehen lassen. Hinter ihr erschien Kohlunds Sekretärin mit einem Pott, den sie in spitzen Fingern hielt. Als er ihn anfasste, verbrannte sich Kohlund fast die Hand.
    »Verdammte Scheiße!« Er blies sich auf die Fingerspitzen und entschuldigte sich für den Fluch. »Dann legen Sie mal Ihre Strategie fest«, sagte er.
    Auch wenn es keine neuen Argumente gab, die Beetz sah einen Weg zur Lösung des Falles, indem sie die Ehefrau unter Druck setzte.
    »Wenn die Schwester nichts weiß, weiß die Gattin mehr. Ich bin sicher.«
    Und so war Kohlund mit ihr ins Neurophysiologische Rehabilitationszentrum gefahren. Jetzt standen sie zu viert vor einem Bett, indem sicherlich schon einmal jemand gestorben war. Kohlund war der Ansicht, dass in jedem Bett schon einmal gestorben worden war, zumindest in einem Krankenhaus. Bettine Stuchlik neben ihm atmete schwer. Der kleine Pascal auf ihrem Arm schnarchte. Bläschen bildeten sich an seinem Mund und zerplatzten. Frau Stuchliks Finger fuhren über das Bettgestell, als wollte sie ihren Mann streicheln, der nicht mehr darin
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