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Aufruf zur Revolte

Aufruf zur Revolte

Titel: Aufruf zur Revolte
Autoren: Konstantin Wecker , Prinz Chaos II.
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Bekanntenkreis. Mit gerade 24 Lenzen schiebt dieser fröhliche Mensch an einem Computer sitzend täglich Beträge von bis zu fünf Millionen Euro hin und her. Was ein solcher Alltag in der Psyche ohnehin zu Omnipotenzillusionen neigender Männer dieses Alters anrichtet, zeigt sich in der recht weiträumigen Behauptung dieses Jungbrokers, wonach sich »einmal in jedem Zeitalter die Besten einer Generation an den Weltbörsen treffen«.
    (Und wir dachten immer, die Besten einer Generation studieren allesamt Geige! So weit können Weltanschauungen auseinanderliegen …)
    Freilich ist unser junger Investmentbanker noch mit anderen Börsianerweisheiten ausgestattet. Etwa der, wonach ein jeder Mann auf seinem Karriereweg »einmal den Brutus machen« müsse, um ganz nach oben zu kommen. Eine solche Erhöhung blanker Illoyalität aus niedersten Motiven ins Weltanschauliche sagt eventuell noch mehr über den geistigen als über den moralischen Zustand dieser Handlanger aus.
    Denn Handlanger bleiben sie, auswechselbare Klicksklaven der wahren Macht der Monopole, in welche Elitestellung sie sich auch hineinfantasieren.
    Schließlich kommt das Wort »Elite« von dem lateinischen eligere: auswählen. Die Elite sind folglich die »Auserwählten« und da stellt sich die Frage, wer solche Früchtchen auswählt, per Mausklick Entscheidungen zu treffen, die verheerende Konsequenzen zeitigen und unzählige Existenzen vernichten können.
    Im Falle der französischen Aristokratie war der Glaube vorherrschend, diese Auswahl sei durch Gott vorgenommen worden. Vergleichbare Auffassungen sind heute in Finanzkreisen eventuell weiter verbreitet als man annehmen möchte. Die obigen Zitate liefern gewisse Hinweise, dass man drauf und dran ist, sich in eine regelgerechte Börsianer-Esoterik hineinzusteigern.
    Auch das liegt ganz auf der gewöhnlichen Linie vorrevolutionärer Zeiten. Je poröser der Boden unter den gesalbten Füßen, desto höher fliegen die Grillen von der Unüberwindlichkeit der eigenen Machtstellung. Den Abgrund nicht zu sehen, gelingt eben besonders gut, wenn man sich weit über den Dingen wähnt.
    Auch das hat der heutige Geldadel mit der französischen Aristokratie gemeinsam – wenngleich man dem französischen Ancien Regime zugutehalten muss, dass es mit all dem zusammengeräuberten Überfluss immerhin in Fragen der Architektur, der Inneneinrichtung, der Küche und der Musik einen Geschmack kultivierte, der unserer heutigen »Elite« auch noch zur Gänze fehlt.
    Der Abgrund ist aber da, auch für die Geldsüchtigen, deren eskalierende Sucht immer riskantere Aktionen notwendig macht. Die Klügeren unter ihnen haben es längst bemerkt, wie etwa Georg Kofler, der frühere Chef des Senders Premiere, der wenige Monate vor Beginn der Finanzkrise völlig überraschend den Großteil seines Aktienpakets veräußerte und mit dieser Entscheidung bis heute einigermaßen zufrieden sein dürfte.
    Weniger zufrieden darf sich der bayerische Staat schätzen, den die Spekulationsstrategie der Bayerischen Landesbank in einen Abgrund der Verschuldung geritten hat.
    Wer übernimmt die Verantwortung? Welcher jener Wirtschaftsverbrecher, die für das Finanzdesaster der letzten Jahre verantwortlich sind, sitzt hinter Schloss und Riegel? Wer von ihnen musste für die durch wilde Spekulation und direkten Betrug verursachten Schäden persönlich haften?
    Eigenverantwortung? Dieses Credo neoliberaler Gesellschaftspolitik gilt eben nur für die Opfer, nicht für die Vollstrecker der neoliberalen Wirtschaftstheorie.
    Gewinne werden privatisiert. Verluste vergesellschaftet.
    Und während dreistellige Milliardenbeträge zur Errettung »notleidender Banken« jederzeit aus dem Staatsärmel geschüttelt werden können, werden die Forderung nach der Wiedereinführung der Vermögenssteuer und sogar die Idee einer Spekulationssteuer ins Reich kommunistischer Wahnvorstellungen verwiesen.
    Es sind solche Absurditäten, die bei einer gewissen Häufung doch nach und nach auffallen und bei gleichzeitiger Verarmung der Normalbevölkerung dazu beitragen könnten, auch aus dem ewigen Meckern und Lamentieren der Deutschen endlich einmal etwas werden zu lassen, das den Namen Revolte rechtfertigt.
    Verarmung der Normalbevölkerung? In Deutschland? Ja, in Deutschland. Entscheidend sind dabei nicht so sehr ein abstrakter statistischer Wert oder auch die sehr konkreten Reallohn- und Kaufkraftverluste der letzten zwanzig Jahre. Die wirkliche Verarmung besteht im Verlust
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