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Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Titel: Aufgebügelt: Roman (German Edition)
Autoren: Susanne Fröhlich
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nicht. Es vergehen zehn Minuten, noch eine weitere halbe Stunde, und es tut sich nichts.
    Ich entschuldige mich erneut und fliehe ein weiteres Mal ins Bad. Neun unbeantwortete Anrufe und drei SMS von Sabine! Die letzte SMS von Sabine ist fast panisch: Wo bist du, ist was passiert? Ist er ein Perverser? Soll ich die Polizei rufen? Kommen?
    Ich doofe Kuh hatte, weil ich beim Wiedereinstieg in mein rasantes Sexleben nicht gestört werden wollte, das Handy auf lautlos gestellt. Ich leiste in Gedanken Abbitte bei Sabine und schicke ihr eine kurze SMS, um klarzustellen, dass ich nicht in die Fänge eines Wahnsinnigen geraten bin. Was so ja eigentlich nicht ganz stimmt. Bastian ist auf seine Art bestimmt wahnsinnig – womöglich einfach nur wahnsinnig lieb. Er mag seine Eltern ganz offensichtlich sehr, und ich habe den Eindruck, es geht ihm wirklich darum, sie niemals zu enttäuschen. Er hat sein eigenes Wohl dem seiner Eltern untergeordnet. Das ist heroisch und lobenswert. Aber leider hat er damit auch mein Wohl allem anderen untergeordnet. Und das geht gar nicht!
    Als ich zurück ins Wohnzimmer komme, wirkt Frau Reimer besorgt. »Soll ich Ihnen einen kleinen Blasentee machen? Des ist ja nicht normal, so zweimal kurz hintereinander. Da muss man frühzeitig schauen, dass sich da nichts festsetzt. Ich kenne das von mir. Wenn das die Harnleiter angreift, wird es ernst. Die Nierchen wollen gespült werden«, bemerkt sie freundlich. Ich lehne höflich dankend ab und teile den Reimers mit, dass es für mich jetzt wirklich Zeit wird zu gehen. »Ich muss ja morgen früh raus wegen der Kinder und so«, entschuldige ich mich.
    »Die besten Bilder kommen noch!«, zeigt sich Bastian enttäuscht. »Wir können die bei mir im Zimmer anschauen, meine Eltern müssen eh gleich ins Bett!«
    Die besten Bilder waren leider nur in meinem Kopf, denke ich.
    »Du kannst ihr ja alles beim nächsten Mal zeigen, da richte ich ein paar Häppchen, und wir machen es uns gemütlich«, schlägt Frau Reimer vor.
    Wo um alles in der Welt bin ich hier gelandet? Noch zwei gemeinsame Couchabende, und die wollen mich adoptieren! Oder sie sperren mich in den Keller, ketten mich dort fest und zwingen mich, Fotoalben anzuschauen.
    »Aber ich lass Sie nicht gehen, bevor Sie mir nicht eins versprechen«, redet Bastians Mutter weiter auf mich ein.
    Ich möchte jetzt wirklich nur noch weg. So etwas kann echt nur mir passieren. Ein Date, das im elterlichen Wohnzimmer endet. Man kann sich auch anders demütigen lassen!
    »Wir haben in ein paar Wochen unser großes Schrebergartenfest. Da müssen Sie kommen, Andrea, mit den Kindern. Das ist immer soo herrlich. Das müssen Sie mir jetzt und hier versprechen! Und dann, Basti, bringst du die junge Frau heim, gell!« Frau Reimer hält ihrem Sohn die Jacke hin.
    Die junge Frau – so genannt zu werden, ist für mich das absolute Highlight des Abends – würde jetzt und hier alles versprechen, nur um auf keinen Fall noch ein einziges Foto anschauen zu müssen. Ich sage deshalb zu, und Frau Reimer gerät fast in Ekstase.
    »Der Basti wird Sie noch mal erinnern. Sie werden es bestimmt nicht bereuen! Es ist immer wieder wunderschön. Jeder bringt was mit, und wir schwätzen und grillen. Ach, es wäre nett, wenn Sie einen Kuchen mitbringen! Sie sind ja auch eine Mutti, da können Sie sicher backen!«
    Ich nicke und darf dann tatsächlich gehen. Bastian bringt mich zur Tür und will schnell aus den Hausschuhen schlüpfen, um mich eben zum Auto zu begleiten. Ich lehne ab: »Nicht nötig. Bleib mal ruhig hier!«
    Auf einen schnellen Kuss am Auto, während seine Eltern hinter der Gardine rauslinsen, kann ich jetzt auch gut verzichten. Ich will nur noch nach Hause!

    Sabine, die ich sofort anrufe, als ich um die nächste Ecke biege, ist entgeistert. »Was hast du denn da gemacht? Wie kann so was passieren? Was hast du denn für Signale gesendet?«
    Jetzt bin ich auch noch selbst schuld an meinem Elend. Ich bin sicher an vielem schuld, aber dass ich Signale aussende, die nach Alcantaracouch, Mutti, Vati und Fotoalben verlangen, das glaube ich dann doch nicht.
    »Warum wusstest du denn nicht, dass der noch zu Hause wohnt?«, fragt auch noch. Kichernd. Woher im Himmel hätte ich das wissen können? Welcher Mann lebt in diesem Alter noch zu Hause? Ich kenne keine statistischen Zahlen, aber ich wäre auch niemals auf eine solche Idee gekommen. Muss man heutzutage erwachsene Menschen fragen, ob sie eventuell noch bei Mutti leben?
    »Ja
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