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Auferstehung 3. Band (German Edition)

Auferstehung 3. Band (German Edition)

Titel: Auferstehung 3. Band (German Edition)
Autoren: Lew Tolstoi
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Amüsieren«, das heißt, um sich Tabak und Streichhölzer zu kaufen.
    »Und dann, wissen Sie, sündigt man auch und versagt sich bei Gelegenheit auch ein Gläschen Schnaps nicht!« fügte er mit vertraulichem Lächeln hinzu.
    Der Arbeiter erzählte auch von seinen verheirateten Gefährten, deren Frauen im Dorfe blieben und von dem Gelde lebten, das sie ihnen schickten. Er sagte, wie der Werkmeister ihnen an diesem Tage, bevor er sie entließ, allen einen Tropfen hatte auffahren lassen; dann erzählte er, daß einer seiner Genossen gestorben sei und sie einen sehr schwer krank nach Hause brächten.
    Der Kranke, von dem er sprach, saß in dem Nebencoupé. Es war ein magerer und blasser Mensch mit blauen Lippen in ganz jugendlichem Alter. Offenbar hatte er sich bei der Arbeit im Wasser das Fieber zugezogen. Nechludoff trat auf ihn zu, doch der junge Mensch warf ihm einen gleichzeitig so strengen und so leidensvollen Blick zu, daß Nechludoff nicht den Mut hatte, ihn durch seine Fragen zu ermüden; er ersuchte deshalb auch nur den alten Arbeiter, ein bißchen Chinin für ihn zu kaufen. Den Namen dieses Mittels schrieb er auf ein Stück Papier, Er wollte ihm auch Geld geben, doch der alte Arbeiter lehnte das entschieden ab.
    »Ich habe viele »Barine« gesehen,« sagte er, sich zu Taraß wendend, als Nechludoff den Rücken gedreht hatte, »doch einen solchen Barin habe ich noch nicht gesehen. Er sucht einen nicht nur nicht zu quälen, sondern er steht sogar noch auf und tritt einem seinen Platz ab! Das beweist, Bruder, daß es auch von den Barins verschiedene Arten giebt!«
     
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    Während dieser Zeit betrachtete Nechludoff die trockenen und muskulösen Glieder dieser Männer, ihre groben Kleider, ihre abgespannten Gesichter, und überall fühlte er sich von einer neuen Menschheit umgeben, die ernstes Interesse, ernste Freuden und ernstes Leiden besaß. Er fühlte, daß er einem wirklichen menschlichen Leben gegenüberstand.
    »Le voici, le grand monde, le vrai grand monde!« Das ist die große, die wahrhaft große Welt,« sagte er sich, und wieder mußte er der französischen Phrasen des Fürsten Kortschagin, der ganzen erbärmlichen Welt dieser Kortschagins mit aller Eitelkeit und Niedrigkeit ihrer Interessen gedenken.
    Nechludoff aber empfand tiefer als je das fröhliche Gefühl des Wanderers, der ein neues Land, reich an Früchten und Blumen, entdeckt hat!

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