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Aufbruch zu den Sternen - Roman

Aufbruch zu den Sternen - Roman

Titel: Aufbruch zu den Sternen - Roman
Autoren: Heyne
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würde bei diesem epochemachenden Ereignis zugegen sein, weit draußen in der australischen Wüste auf der anderen Seite der Welt – das war seine Pflicht und sein Vorrecht. Er durfte diese Ereignisse nicht anders als mit den Augen der Zukunft betrachten und musste auf alle Fälle so darüber berichten, dass noch die Menschen kommender Jahrhunderte etwas vom Geist dieses Zeitalters spüren konnten.
    Auf New Waterloo Station stiegen sie aus und gingen die paar Schritte bis zur Themse zu Fuß. Matthews hatte recht gehabt, als er behauptete, dies wäre die beste Art, die erste Bekanntschaft mit London zu machen. Der weite Bogen des neuen Themsekais, der erst zwanzig Jahre alt war, gab den Blick stromabwärts frei, und Dirks schweifende Blicke wurden alsbald von der Kuppel der St.-Pauls-Kathedrale angezogen, die unter den Strahlen der plötzlich durchbrechenden Sonne vor Nässe glänzte. Dann schaute er stromaufwärts vorbei an den großen weißen Gebäuden vor Charing Cross, aber die Parlamentsgebäude waren nicht zu sehen und lagen hinter der Biegung des Flusses verborgen.
    »Großartiger Ausblick, nicht wahr?«, sagte Matthews. »Wir sind auch ziemlich stolz darauf. Vor dreißig Jahren gab es hier nichts als Werften und Schlammbänke. Nebenbei – sehen Sie das Schiff dort drüben?«
    »Welches? Das am anderen Ufer festgemacht ist?«
    »Ja. Wissen Sie, worum es sich dabei handelt?«
    »Keine Ahnung.«
    »Es ist die Discovery, das Schiff, mit dem Kapitän Scott zu Beginn des Jahrhunderts in die Antarktis gefahren ist. Ich muss immer wieder rüberschauen, wenn ich zum Dienst gehe, und frage mich oft, was er wohl zu dem kleinen Ausflug sagen würde, den wir vorhaben.«
    Dirk ließ seine Blicke aufmerksam über den anmutigen hölzernen Schiffsrumpf, die schlanken Masten und den zerbeulten Schornstein schweifen. Seine Gedanken verloren sich in der Vergangenheit, und ihm war plötzlich, als wäre der Themsekai verschwunden und als dampfte das alte Schiff an Eisbergen vorbei in ein unbekanntes Land. Er konnte nachfühlen, wie Matthews zumute sein musste, und war sich der Kontinuität, die in der Geschichte waltet, bewusst. Die Linie, die sich über Scott bis zu Drake und Raleigh und noch früheren Forschungsreisenden zurückverfolgen ließ, verlief noch immer ungebrochen: Nur der Maßstab der Dinge hatte sich geändert.
    »Da wären wir«, sagte Matthews stolz. »Es ist zwar nicht ganz so imposant, wie es sein könnte, aber als es gebaut wurde, hatten wir nicht viel Geld. Jetzt auch noch nicht, was das betrifft.«
    Das weiße dreistöckige Gebäude, das auf den Fluss hinausging, war einfach gehalten und offensichtlich erst vor wenigen Jahren errichtet worden. Es war von weiten Rasenflächen mit einem kümmerlichen Graswuchs umgeben. Dirk vermutete, dass diese Grünflächen bereits für neue Bauten in Aussicht genommen waren. Das Gras schien das auch schon zu ahnen.
    Für ein Verwaltungsgebäude war es trotz allem nicht ganz reizlos, und die Aussicht auf den Fluss war einfach herrlich. In der Höhe des zweiten Stockwerks war eine Reihe von Buchstaben angebracht, in ihrer Lesbarkeit genauso praktisch wie der Rest des Gebäudes. Diese Buchstaben ergaben ein einziges Wort. Dirk verspürte bei seinem Anblick ein seltsames Prickeln auf der Haut. Irgendwie war es hier im Herzen einer großen Stadt fehl am Platze, wo Millionen Menschen mit alltäglichen Dingen beschäftigt waren. Es war genauso fehl am Platze wie die Discovery, die nach ihren langen Fahrten am jenseitigen Ufer festlag – und es kündete von einer längeren Fahrt, als sie von der Discovery oder irgendeinem anderen Schiff je zurückgelegt worden war:
     
    INTERPLANETARIUM

II
     
    Das Büro war klein, und er würde es mit ein paar jüngeren Zeichnern teilen müssen – aber es hatte den Ausblick zur Themse, und wenn er seiner Berichte und Aktenstücke überdrüssig war, konnte Dirk seine Blicke auf jener großen über Ludgate Hill schwebenden Kuppel ruhen lassen. Mitunter kamen Matthews oder sein Chef auf ein Schwätzchen herein, aber gewöhnlich ließ man ihn ungeschoren und respektierte seinen Wunsch nach Ungestörtheit. Ihm lag daran, in Ruhe gelassen zu werden, bis er sich durch die nach hunderten zählenden Berichte und Bücher durchgearbeitet hatte, die ihm Matthews besorgte.
    Es war ein weiter Weg vom Italien der Renaissance bis zum London des zwanzigsten Jahrhunderts, aber die Methodik, die er sich angeeignet hatte, als er seine Abhandlung über Lorenzo den
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