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Auf nassen Straßen

Auf nassen Straßen

Titel: Auf nassen Straßen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einholen!«
    »Wir werden erst zu einem Arzt fahren!«
    »Meinetwegen? Aber nein, Vater. Die kleinen Prellungen! Das hat Zeit! Es ist doch noch alles gut gegangen.« Er lächelte krampfhaft. »Jochen ist jetzt wichtiger!«
    Brummend verließ der Alte die Kabine.
    Als er die Tür hinter sich schloß, ließ Hannes sich zurückfallen. Er preßte die Handflächen zwischen die Zähne und biß hinein. Nicht schreien! Bloß nicht schreien!
    Er riß den Kopf zur Seite und biß vor Schmerzen in die Kissen.
    Es war ihm, als ginge sein ganzer Körper in Flammen auf …
    Kurz vor Mainz lag die ›Fidelitas‹ am linken Ufer in Ruhe.
    Nach den Aufregungen der vergangenen Stunden hatte Karl Bunzel es durchgesetzt, diese Nacht zu ruhen und dafür am Tage um so schneller die Fahrt fortzusetzen.
    In ihrem Salon saß Betty – blaß und verschüchtert – hinter dem runden Marmortisch und legte eine Patience. Als Jochen eintrat, ließ sie die Karten fallen.
    »Etwas Neues, Liebster?«
    »Wir ankern diese Nacht auf dem Rhein. Die Leute wollen sich mal ausschlafen.« Er setzte sich auf die Couch und lehnte den Kopf gegen den Wandteppich, der die Rückwand verzierte.
    »Jetzt haben Irene und Hannes ein Kind. Welch herrliches Gefühl muß das für die beiden sein.«
    »Wir werden auch Kinder haben, Liebster.« Sie legte den Arm um seinen Hals und küßte ihn.
    »Wir werden uns ein Haus bauen«, sagte Jochen.
    »Am Rhein?«
    »Ja, am Rhein. Mit dem Blick auf den herrlichen Strom. Dann kannst du mich von der Terrasse aus sehen, wenn ich mit der ›Fidelitas‹ vorüberfahre, und Bunzel wird die Nebelhörner zum Gruße aufheulen lassen.«
    »Und zu den Kindern werde ich sagen: Seht, da unten fährt euer Vater. Wißt ihr, daß ich euren Papi so lieb habe wie nichts auf der Welt – ausgenommen euch …«
    »Ich werden alle meine Verbindungen lösen …«
    »Verbindungen?«
    »Ich habe da einige geschäftliche Bindungen an die Hochfinanz und zu einigen Industriemagnaten. Von ihnen habe ich das Schiff bekommen. Ich werde es ihnen auf Heller und Pfennig abzahlen. Ich will einen Strich unter das Vergangene machen.«
    Es klopfte laut an der Tür. Dann drückte jemand, ohne die Antwort abzuwarten, die Klinke herunter. Die Tür war abgeschlossen. Jochen Baumgart ließ Betty los und ging, um zu öffnen.
    »Was ist, Bunzel?«
    »Über den Rhein kommt ein Amokläufer!«
    »Lassen Sie die faulen Witze, Sie Saufloch, und legen Sie sich aufs Ohr!«
    »Es ist kein Witz, Mister. Soviel ich sehen konnte, ist es Ihre ›Guter Weg‹, die da wie ein Affe durch den Rhein rennt, direkt auf uns zu.«
    »Mein Vater?!« Jochen schloß die Tür auf. Er ignorierte das fette Grinsen Bunzels und stieß ihn mit der Faust in den Rücken. »Los! Auf die Brücke! Aber wenn es blinder Alarm war, suchen Sie sich ein Loch, wo Sie sich verstecken können. Am besten springen Sie gleich über Bord! Los!«
    Sie rannten die Treppe hinauf an Deck. Betty warf sich ihren Pelzmantel über und folgte ihnen. Eine unbestimmbare Ahnung trieb sie hinaus auf Deck. Sie spürte, das etwas Entscheidendes geschehen würde.
    Von der Brücke aus sah auch Jochen Baumgart, wie eine alte Selbstfahrzille laut tuckernd den Rhein heraufkeuchte. Sie hatte alle Lichter gesetzt, und an den Hecklichtern in den flachen Kajütenaufbauten erkannte Jochen die ›Guter Weg‹.
    »Sie ist es wirklich!« sagte er verblüfft zu Karl Bunzel. »Was soll denn dieser Irrsinn?! Haben Sie etwa Rennfahrer an Bord geschickt? Ihr Kümpchens, oder wie der Bursche heißt, fährt ja das ganze Schiff zum Teufel!«
    »Oder es ist wieder was los auf dem Seelenverkäufer!«
    Vater, dachte Jochen. Oder gar Mutter? Ein heißer Stich lief vom Herzen durch den ganzen Körper. Mutter – bloß nicht Mutter …
    »Scheinwerfer aufblenden!« rief er. »Lassen Sie die Nebelhörner Signal geben!«
    »Wozu der Feuerzauber?« Bunzel drehte an einigen Schaltern. »Das genügt! Kümpchens sieht uns schon!«
    Auf der ›Guter Weg‹ gellte kurz die Nebelhupe auf.
    »Erkannt!« stellte Bunzel fest. »Sie kommen auf uns zu.«
    Es dauerte keine 15 Minuten, da lag die ›Guter Weg‹ längsseits der ›Fidelitas‹. Noch während Kümpchens manövrierte, der Ungar mit dem Laufbrett bereitstand, wurde der alte Baumgart von vier harten Matrosenhänden gefaßt und hinüber gehoben.
    Zum erstenmal betrat der alte Baumgart die ›Fidelitas‹, das gehaßte Schiff seines gehaßten Sohnes.
    »Vater!« Jochen Baumgart stürzte auf ihn zu und wollte ihn
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