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Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt

Titel: Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt
Autoren: Giovanni di Lorenzo Helmut Schmidt
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halbe Ewigkeit gar nichts sagte – oder nur mit »Ja« oder einem schnoddrigen »Nee« antwortete. Es ist neben der einzigartigen Mischung aus Politischem,Privatem und erlebter Geschichte auch dieser Ton, der die Zigaretten-Interviews von den vielen anderen Publikationen von und über Helmut Schmidt unterscheidet. Nur die Kraftausdrücke, die ihm zu Beginn unserer Gespräche noch ganz selbstverständlich von den Lippen gingen, schwächte er mit der Zeit ein wenig ab. Als ihm das eines Tages vorgehalten wurde, erklärte er: »Meine Mitarbeiter sagen, das gehört sich nicht.«
    Mit Erscheinen dieses Buches endet die Gesprächsreihe im ZEIT -Magazin – zum großen Leidwesen der Redaktion, aber auf Wunsch von Helmut Schmidt, dem der Zeitaufwand auch zu einer Last geworden ist. Diese Ausgabe enthält eine Auswahl der besten Gespräche, ergänzt durch ein Interview, das bislang unveröffentlicht ist. Es geht darin um Liebe und Tod; ich hatte lange nicht den Mut, Helmut Schmidt darauf anzusprechen.
    Am Ende unserer Gespräche bleibt auch ein Bild: Wie Helmut Schmidt sich nach den Interviews unter Schmerzen erhebt, seinen Stock greift und langsam aus dem Zimmer und zurück in sein Büro geht. Er hat stets jede Hilfe abgelehnt.

    Giovanni di Lorenzo, im Dezember 2008

    »Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt« wäre nie zustande gekommen ohne die Mitarbeit von Sabine Gülerman, Angela Holz, Marcus Krämer, Birgit Krüger-Penski, Rosemarie Niemeier und Jan Patjens. Ihnen allen danke ich von Herzen.

[ Inhalt ]
    »Lob ist, wenn er gar nichts sagt«
    Ein Gespräch mit der Sekretärin
von Helmut Schmidt
    Liebe Rosemarie Niemeier, wenn ich in Ihr Sekretariat komme, um Helmut Schmidt zu besuchen, denke ich jedes Mal: Da haben sich aber zwei gefunden!
    Sie meinen doch sicher das Rauchen?
    Schon im Flur, viele Meter vor Ihren Büros, strömt einem der Rauch entgegen.
    Es war kein Einstellungskriterium, Raucherin zu sein. Aber wenn wir zum Beispiel auf Reisen sind, haben wir auf Flughäfen das gleiche Problem.
    Wer von Ihnen raucht denn mehr?
    Ich würde sagen, Helmut Schmidt. Übrigens kommen auch viele Leute hier rein und sagen: »Oh, was riecht das hier gut!«
    Helmut Schmidt mag zwar mehr rauchen, aber Sie haben die stärkeren Zigaretten.
    Stimmt. Und ich rauche ohne Filter. Er sagte mal, er habe ja nichts dagegen, dass ich rauche, ich dürfe aber nur halb so viele Zigaretten rauchen wie er, weil meine doppelt so schädlich seien.
    Sie gelten im ganzen Haus als die Sekretärin, diepolitisch am weitesten links steht. Wie geht das mit dem relativ konservativen Helmut Schmidt zusammen?
    So konservativ ist er gar nicht, er ist schon sehr aufgeschlossen. Aber früher habe ich ihn nicht gewählt und war froh, als die Grünen kamen.
    Sie studierten in den Sechzigerjahren Soziologie und Politik und waren bei vielen Demos dabei. Und dann haben Sie ausgerechnet für Springer gearbeitet!
    Ich wollte Journalistin werden und möglichst viele Zeitungen von innen kennenlernen. Ich habe in den Semesterferien für Springers Sohn gearbeitet, Sven Simon. Das war natürlich noch vor der Terrorzeit, aber ich bin ja auch friedlich! Früher hätte ich die Bild -Zeitung nicht mal mit der Kneifzange angefasst. Seitdem lese ich sie aber.
    Da haben Sie ja mit Helmut Schmidt etwas gemeinsam, der liest die Bild auch.
    Ich gebe es aber zu.
    Wissen Sie, welche Frage ich am häufigsten höre, aber im Gegensatz zu Ihnen nicht beantworten kann? Sie lautet: Wie oft kommt Helmut Schmidt in die Redaktion?
    Drei- bis viermal in der Woche. Wenn er nicht selber kommt, schickt er eine Tasche voll Arbeit.
    Können Sie seine Handschrift gut lesen?
    (Lacht) Dazu kann ich Ihnen was erzählen: Wenn er ein neues Buch schreibt, gibt er sich meistens»Arbeitsurlaub«, ein von ihm erfundenes schönes Wort. Dann schreibt er alles mit der Hand, und seine Sicherheitsleute müssen das faxen. Ungefähr zwei Stunden später ruft er mich an: »Haben Sie mein Fax bekommen?« Auf Deutsch: Wie weit sind Sie? Etwa fünf Stunden später fragt er: »Können Sie meine Schrift lesen?« Übersetzung: Jetzt müsste ich den Text aber bald bekommen! Ich weiß nicht, wie viele Millionen Seiten von ihm ich schon abgeschrieben habe. Ich habe ja alle seine Bücher getippt!
    Ich habe ihn mal gefragt, ob er auch loben kann …
    … nee!
    Er hat mit großer Entschiedenheit Ja gesagt!
    Lob ist, wenn er gar nichts sagt.
    Kennen Sie Seiten von Helmut Schmidt, über die Sie für immer schweigen werden?
    Ja!
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