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Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt

Titel: Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt
Autoren: Giovanni di Lorenzo Helmut Schmidt
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Aber ich hatte Gerd Bucerius, unserem Gründungsverleger, heute vor einem Vierteljahrhundert versprochen, jedes Jahr einige größere, tragende Artikel für die ZEIT zu schreiben. Das habe ich auch durchgehalten. Und darauf möchte ich mich künftig konzentrieren.
    Mein Eindruck ist, dass Ihnen Abschiede ohnehin immer leichtgefallen sind.
    Am allerleichtesten ist mir 1945 der Abschied von der Wehrmacht gefallen.
    Schwer zu glauben aber ist, dass Ihnen der Verlust der Kanzlerschaft nicht schwergefallen sein soll.
    Doch! Ich habe mich im Laufe des Lebens schon relativ früh zur Gelassenheit erzogen, und in Abschiedssituationen braucht man nichts mehr als Gelassenheit.
    Sind Sie jemand, der auch aus der Trauer schnell wieder herauskommt? Sie haben so viele Menschen verloren.
    Ich habe viele Freunde im Laufe des Lebens verloren, viele Partner, die älter waren und schon lange tot sind, auch jüngere. Das gehört zu den Dingen, die man nicht ändern kann.
    Gewöhnt man sich an Trauerfälle, wenn man älter wird?
    Wenn man das nicht kann, ist man arm dran.
    Aber manche Trauerfälle trägt man das ganze Leben mit sich herum. Sie sind nicht zu verwinden.
    Trotzdem muss man sie ertragen. Die Natur oder der liebe Gott oder aber meine Gene, wie Sie wollen, haben mich seit Beginn meines Erwachsenenlebens zum Arbeitstier gemacht. Ich hatte immer zu arbeiten, da konnte ich mich nicht sonderlich der Trauer hingeben.
    Gibt es eigentlich eine Aufgabe in Ihrem Leben, die Sie sich vorgenommen, aber nicht erfüllt haben?
    Ich hatte Gerd Bucerius vorausgesagt, dass die ZEIT eines Tages eine Auflage von einer halben Million erreichen würde. Das hat Bucerius dann zweimal noch miterlebt, einmal Anfang 1991 und einmal Anfang 1993. Jetzt, sehr viel später, im letzten Quartal des Jahres 2008, hat sich dieser Erfolg wieder eingestellt.
    Ist Eigenlob jetzt am Ende nicht ein bisschen peinlich?
    Nein, das lassen Sie mal stehen. Ich will nämlich diese Meldung mit einer Anmerkung versehen, die nicht allen gefallen wird. Ich glaube, dass der Erfolg damit zusammenhängt, dass die ZEIT immer wieder Denkstücke anbietet, die kein Internet und kein Onlinejournalismus ersetzen kann. Den Satz würde ich drucken.
    Welche Tätigkeit hat Ihnen die größte Freude bereitet im Leben?
    Musik hören.
    Welche Musik?
    Zum Beispiel Glenn Gould. Und zwar nicht Beethoven, sondern Bach.

Das Buch
    »Helmut Schmidt raucht ja nicht nur Zigaretten. Jedes Mal bringt er Schnupftabak mit und trinkt dazu Kaffee mit Milch und extra viel Zucker. Unsereins würde angesichts dieser Dröhnung wie Rumpelstilzchen durch die Flure hüpfen. Schmidt dagegen ist dann überhaupt erst auf Betriebstemperatur.« Giovanni di Lorenzo im SPIEGEL
    Mehr als eineinhalb Jahre lang hat Giovanni di Lorenzo den Altkanzler jeden Freitagmittag auf eine Zigarette in sein Büro am Hamburger Speersort gebeten. Dann begann das Wortgefecht, ein Wechselspiel von Zeigen und Verbergen, Provozieren und Zurechtweisen, Anschauung und Analyse, das mehr als eine Million alter wie junger Leser der ZEIT begeistert hat: Viele von ihnen haben die Lektüre ihres Blattes jede Woche mit dem Magazin begonnen – ganz hinten auf der letzten Seite. Die Interviews dauerten mal zehn Minuten, mal auch eine Stunde, und danach blieben die Fenster im Büro des Chefredakteurs immer übers ganze Wochenende geöffnet. Damit sich der Rauch verzog. Übrig blieb eine einzigartige Mischung aus Politischem, Privatem und erlebter Geschichte: von Schmidts Wut auf Investmentbanker über den Walzer, den er einst mit Gracia Patricia tanzte, bis hin zu seiner Schulzeit mit Loki.
    Es gibt keinen zweiten Politiker in Deutschland, von dem man dergleichen so gern lesen möchte. Doch Helmut Schmidt ist nicht nur der berühmteste Raucher der Republik, er ist ein Zeuge des 20. Jahrhunderts, dessen Autorität bis heute ungebrochen ist. Hier leistet sich noch jemand ganz furchtlos eine Meinung – manchmal brachial vorgetragen, meistens aber mit diskretem hanseatischen Charme.
    Diese Ausgabe enthält fünf bisher in Buchform unveröffentlichte Gespräche, u. a. zu den Feierlichkeiten rund um Helmut Schmidts 90. Geburtstag.

Die Autoren
    Helmut Schmidt, geboren 1918 in Hamburg, war von 1974 bis 1982 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und ist seit 1983 Mitherausgeber der Wochenzeitung DIE ZEIT. Schmidt, der am 23. Dezember 2008 seinen 90. Geburtstag feierte, ist bis heute im In- und Ausland als »elder statesman« und Publizist hochgeachtet,
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