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Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition)

Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition)

Titel: Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition)
Autoren: Lydia Benecke
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katholische Einrichtung zu besuchen. Daraufhin wechselt er auf eine öffentliche High School, wo er seinen Abschluss macht.
    Im selben Jahr meldet sich Rodrigo – der sich inzwischen Rodney nennt – freiwillig für die US-Armee. Dort will er eigentlich Fallschirmjäger werden. Stattdessen wird ihm für die nächsten vier Jahre ein Bürojob zugeteilt. Als er neunzehn ist, stirbt sein Vater überraschend. Obwohl er seit acht Jahren von der Familie getrennt lebte, besuchen seine Kinder und seine Ex-Frau die Beerdigung. Ein Jahr später flieht Rodney vom Armeegelände und fährt fast fünftausend Kilometer per Anhalter, bis er vor dem Haus seiner Mutter steht. Daraufhin wird er ins Militärkrankenhaus eingeliefert, wo man einen Nervenzusammenbruch und eine schwere Antisoziale Persönlichkeitsstörung feststellt. Deshalb wird er aus medizinischen Gründen aus der Armee entlassen. Rodney zieht zu seiner Mutter nach Los Angeles.
Ein Albtraum in Hollywood
    Mit einundzwanzig versucht Rodney sein Leben in Los Angeles neu auszurichten. Er zieht in ein Apartment auf der De Longpre Avenue in Hollywood – wo zur gleichen Zeit auch der bekannte Schriftsteller Charles Bukowski lebt. Ob die zwei sich jemals begegnen, ist unbekannt. Beide führen unstete, getriebene Leben, mitten in Hollywood, der »Stadt der Träume«. Rodneys weitere Geschichte ist jedoch so abenteuerlich, dass sie einem der Bücher Bukowskis entsprungen sein könnte.
    Er schreibt sich an der »University of California« in Los Angeles ein und erlangt 1968 den »Bachelor der bildenden Künste«. Im September desselben Jahres – er ist fünfundzwanzig Jahre alt – spricht er die achtjährige Tali Shapiro auf dem berühmten Sunset Boulevard an, während sie unterwegs zur Schule ist. Sie lässt sich von ihm überreden, in sein Auto zu steigen und ihn in sein Apartment zu begleiten. Zufällig beobachtet dies ein Motorradfahrer, dem die Sache verdächtig vorkommt. Er verfolgt das Auto und sieht, wie Rodney mit dem Mädchen im Apartment verschwindet. Daraufhin benachrichtigt er die Polizei.
    Der Polizeibeamte Chris Camacho erinnert sich noch viele Jahre später lebhaft an den Tag, als er Rodney Alcala begegnete:
    »Ich klopfte an die Tür und sagte: ›Hier ist die Polizei. Öffnen Sie die Tür. Ich muss mit Ihnen reden.‹ An das Gesicht dieses Mannes an der Tür werde ich mich für immer erinnern. Ein sehr bösartiges Gesicht. Er sagte: ›Ich stand grad unter der Dusche. Muss mich nur kurz anziehen.‹ Ich erwiderte: ›O. k. Sie haben zehn Sekunden. Öffnen Sie die Tür. Ich muss mit Ihnen sprechen.‹ Dann trat ich die Tür ein. Was ich da erblickte, wird mich für immer verfolgen. Wir konnten sehen, dass auf dem Küchenboden ein Körper lag, in einer großen Blutlache. Sie war vergewaltigt worden und schien nicht mehr zu atmen. Ich dachte, sie sei tot. Wir alle dachten, sie sei tot.«
    Auch dem Staatsanwalt Matt Murphy bleibt der Tatort für immer in Erinnerung: »Es gibt ja den Spruch: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Dieses Bild der kleinen Mädchenschuhe auf dem Boden und der Metallstange, mit der er versucht hat, sie zu ersticken. Diese Blutlache … es sah aus wie viel zu viel Blut, als dass es aus diesem kleinen, achtjährigen Mädchen hätte kommen können.«
    Camacho wird auch nie den Augenblick vergessen, der den Polizeibeamten wie ein Wunder erschien: »Plötzlich begann sie zu würgen und nach Luft zu ringen, und ich dachte: Ein Punkt für die Guten, sie wird es schaffen.« Tali überlebt nur sehr knapp. Sobald sie körperlich gesund genug ist, verlassen ihre Eltern mit ihr das Land.
    Rodney gelingt es in den wenigen Sekunden Vorsprung, die er sich gegenüber der Polizei verschafft hat, durch die Hintertür seines Apartments zu entkommen. Das Chaos und der Schock am Tatort verschaffen ihm noch etwas mehr Zeit. Die Polizeibeamten können nicht mehr ausmachen, wohin er geflohen ist. Sie finden im Apartment immerhin einige Ausweispapiere, darunter seinen Studentenausweis. Und sie machen einen weiteren schockierenden Fund: massenhaft von Rodney aufgenommene und entwickelte Fotos, auf denen kleine Mädchen zu sehen sind.
Jagd nach einem Phantom
    Rodney scheint sich in Nichts aufgelöst zu haben. Es kommen Gerüchte auf, er sei nach Mexiko, Kanada oder Europa geflohen. Während die Polizeibeamten ermitteln, stellen sie fest: Ihnen ist nicht nur völlig unbekannt, wo er ist, es wird auch zunehmend unklarer, wer er in Wirklichkeit ist. Sie befragen
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