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Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition)

Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition)

Titel: Auf dünnem Eis: Die Psychologie des Bösen (German Edition)
Autoren: Lydia Benecke
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was die anderen über diesen Nachbarn denken. »Das sind solche Menschen, von denen sie später sagen: ›Das hätte ich niemals von ihm gedacht.‹ Oder: ›Der war immer so nett und hat sich in die Nachbarschaft eingebracht.‹ Oder: ›Er hat sogar die Tombola organisiert.‹ Etwas in der Art.« Und wie würde der Schriftsteller den Charakter dieses Psychopathen anlegen? »Es würde sofort klar werden«, so Heitz, »dass ihm die Menschen gleichgültig sind, dass er keinerlei Empathie hat und er Emotionen vorspielt, was er in Perfektion beherrscht.« Also ein recht intelligenter Zeitgenosse? Heitz bejaht: »Er wäre manipulativ, um an sein Ziel zu gelangen, er würde ein Netz aus Nettigkeiten flechten, Fallen aus Verpflichtungen für andere aufstellen und sie gnadenlos zum Erreichen seiner Pläne einsetzen.« Diese Intelligenz paart sich jedoch mit erheblicher Rücksichtslosigkeit: »Er würde mit Lügen arbeiten und sich immer im Recht sehen, was ihn in die Lage versetzt, alles zu tun, ohne dabei Skrupel zu entwickeln. Die anderen sind ihm im Weg – oder Erfüllungsinstrumente.«

Herz aus Eis
    Was muss in einem Menschen vorgehen, der mehr als zweihundert Menschen tötet, mit sportlicher Gelassenheit, wie ein Jäger das zum Abschuss freigegebene Wild? Richard Leonard Kuklinski, genannt »Der Eismann«, war fast vierzig Jahre lang »Menschenjäger« von Beruf. Seinen ersten, ungeplanten Mord – an dem Anführer einer kleinen Bande – beging er 1948, als er dreizehn Jahre alt war. Danach begann er, gezielt zum eigenen Vergnügen zu töten und seine »Fähigkeiten« darin immer weiter zu verfeinern. Er erschlug, erstach und erschoss Männer in der West Side von Manhattan. Besonders gefiel ihm daran »die Jagd und die Herausforderung«. Auf sein »Naturtalent zum Töten« wurde bald die New Yorker Mafia aufmerksam.
    Fortan verband Kuklinski für sich das »Angenehme« mit dem »Nützlichen«: Er tötete im Auftrag der Mafia und wurde dadurch ein wohlhabender Mann. Seine Frau Barbara, zwei Töchter und ein Sohn lebten mit ihm in einem wohlhabenden Vorort von Dumont, New Jersey. Kuklinski behauptete auch ihnen gegenüber, er sei Geschäftsmann – was noch nicht einmal völlig gelogen war. Er war wie geschaffen für das »Geschäft mit dem Tod«. Obwohl er zu unterschiedlichsten Tages- und Nachtzeiten zur »Arbeit« ging, wagte es die Familie nicht, ihm Fragen zu stellen, denn Kuklinski richtete sein aufbrausendes, gewalttätiges Temperament nicht selten auch gegen seine Frau und seine Kinder. Dennoch waren sie die einzigen Menschen, von denen »Der Eismann« sagte, er habe sie geliebt.

Der Psychopath in jedem von uns?
    Da Sie im Begriff sind, dieses Buch zu lesen, wollen Sie etwas über die »Psychologie des Bösen« erfahren. Steckt dahinter nur das Interesse, die Welt und ihre Verbrechen besser zu verstehen? Oder schwingt auch tief in Ihrem Inneren eine Faszination für das Böse mit? Eine Faszination, die über rein sachliches Interesse hinausgeht? Diese Frage warf auch Markus Heitz auf, als er mir seine Sichtweise auf Psychopathen eröffnete: »Sollte es nicht ein wenig verstörend sein, wenn man bedenkt, wie viele Menschen gerne Bücher lesen und Filme anschauen, in denen psychopathische Mörder ihr Unwesen treiben? Woher rührt die Faszination? Inwieweit identifiziert sich der Zuschauer oder Leser mit dem Anti-Helden? Und: Was sind das für Autoren, die sich so etwas ausdenken und denen es auch noch Spaß macht, ihre Figuren sich austoben zu lassen?«
    Anders gesagt – tragen wir nicht alle die Anlagen zum Psychopathen in uns? Mit dieser Frage möchte ich den Vorhang zur Bühne des Bösen aufziehen.

KAPITEL 1
EIN TÖDLICHER TRAUMPRINZ
    Süße Träume sind daraus gemacht.
    Wer bin ich, dem zu widersprechen?
    Bereise die Welt und die sieben Meere.
    Jeder ist auf der Suche nach etwas.

    (Sweet Dreams, Eurythmics)

Cheryl Bradshaw ist eine junge, gutaussehende Schauspiellehrerin auf der Suche nach der großen Liebe. Sie weiß sich darzustellen, ist selbstbewusst, humorvoll und redegewandt. 1978 bewirbt sie sich als Kandidatin für eine Fernsehsendung. Vielleicht kann sie dort den Mann ihrer Träume treffen. Dies hofft sie zumindest, als sie gutgelaunt, mit einem strahlenden Lächeln, die Showbühne betritt. Die Sendung, für die sie sich beworben hat, ist zu dieser Zeit eine der bekanntesten in den USA (eine deutsche Version wird später unter dem Titel »Herzblatt« populär). Der Titel »The Dating Game«
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