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Auf der Spur des Hexers

Auf der Spur des Hexers

Titel: Auf der Spur des Hexers
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schlussendlich auch für Bobs Verschwinden.
    ER!
    Die Zeit schien stehen zu bleiben.
    Alles wurde unwichtig für Andara. Der tobende Mob am Ufer, der mehr und mehr Necrons geistigem Zugriff entglitt, H.P. und Rowlf, die sich mit verzweifelter Kraft gegen das Dutzend Angreifer wehrten, selbst der schwarze Koloss im Wasser – es gab nur noch ihn und Necron, den Mann, der die Schuld an allem trug.
    Und mit einem Male spürte er, dass er die Macht hatte, ihn zu töten – nicht mit seinen Händen oder mit irgendeiner Waffe, sondern durch die pure Kraft seines Willens. Ein einziger Gedanke, der bloße Wunsch, und Necron würde sterben …
    Und – ja, er wollte es!
    »Nein«, stammelte Necron. »Nicht, Roderick. Tu es nicht!«
    »Töte ihn!«, schrie H.P. »In Gottes Namen, Roderick, vernichte ihn!«
    Andara stöhnte. Sein Geist war frei, die Wirkung der Droge erloschen unter der ungeheuren Woge von Zorn und Hass, die wie ein Taifun aus seiner Seele emporbrodelte, und er stand dem Mann gegenüber, der sein Leben zerstört hatte, seines und das zahlloser anderer.
    Er wollte ihn vernichten. Alles in ihm schrie danach, ihn zu töten. Er hätte sein Leben gegeben, um das Necrons zu nehmen.
    Aber er konnte es nicht.
    Necron hatte Unrecht. Es gab einen Unterschied zwischen ihnen. Er konnte kein menschliches Leben zerstören. Nicht einmal das seiner Feinde.
    Aber es gab etwas anders, was er tun konnte.
    Mit einem gellenden Schrei wandte Andara sich um und riss die Arme in die Höhe.
    »HÖRT AUF!«
    Der Klang seiner Stimme hallte wie ein Peitschenhieb in der Grotte wider, aber stärker, tausendmal stärker, wirkte die Macht des suggestiven Befehles, der sie begleitete.
    Es war ein geistiger Hieb von ungeheurer Macht, etwas, das stärker war als Necrons Bann, stärker als die uralte finstere Magie, mit deren Hilfe er den Willen seiner Opfer gebrochen hatte, stärker selbst als die finstere Aura des schwarzen Gottes im Wasser. Fast mühelos zerbrach er die geistigen Fesseln, an denen Necron geduldig und jahrelang gewoben hatte.
    Und der Kampf hörte auf.
    Die Männer und Frauen und Kinder, die gerade noch voller Panik durcheinandergelaufen waren, sich gekrümmt hatten oder einfach reglos dastanden, erwachten. Das Dutzend Gestalten, das H.P. und seinen Leibdiener niedergerungen hatte, erstarrte mitten in der Bewegung, und plötzlich wurde es still, unheimlich still. Wo er vor Augenblicken noch Hass oder Blutdurst oder pure Panik in den Augen der Männer und Frauen gesehen hatte, erschien ein Ausdruck tiefer, mit nur langsam erwachendem Schrecken gepaarter Verwirrung. Vielleicht zum ersten Mal seit Jahren waren die Männer und Frauen von Innsmouth frei. Necrons Bann war zerbrochen. Für immer.
    Ganz langsam wandte Andara sich um, nahm die Arme wieder herunter und starrte Necron an. Sie standen noch immer im Wasser, nur wenige Schritte voneinander entfernt, reglos, zwei ungleiche Gegner, so unterschiedlich, wie zwei Menschen nur sein konnten, und sich doch auf entsetzliche Weise ähnlich, voller Zorn und hilflosem Schmerz der eine, voller Hass, aber auch Angst der andere. Die Macht war noch immer in Andara, ein schwarzes, finsteres Ding, das er geweckt hatte und vielleicht nie wieder loswerden würde. Etwas, das ihn drängte, Necron zu vernichten, ihn zu töten, all den Zorn und all die Wut und den Schmerz der letzten zehn Jahre auf ihn zu entladen.
    Und er konnte es noch immer nicht.
    In Necrons Augen blitzte es auf, als er begriff, was in Andara vor sich ging.
    »Du Narr!«, flüsterte er. »Du hast alles zerstört. Alles, was ich aufgebaut habe. Mein Lebenswerk. Die Arbeit eines Jahrzehntes! Du verdammter, elender Narr!«
    Andaras Blick streifte den schwarzen Koloss. Das Ungeheuer war ihm nahe, nahe genug, ihn mit einer flüchtigen Bewegung seiner entsetzlichen Tentakel zu ergreifen und in die Tiefe zu zerren. Aber es rührte sich nicht. Seine gigantischen gelben Augen blickten kalt auf ihn und Necron herab, und plötzlich begriff Andara, dass es auch nicht eingreifen würde. Sie waren schreckliche schwarze Götter, Titanen, deren Kraft und Bosheit die Vorstellungskraft der Menschen überstieg, aber das Kämpfen und Töten war nicht ihr Geschäft. Es gab andere, die dies für sie taten. Das Ungeheuer lag einfach da und sah, schweigend und lauernd, so, wie sie seit Millionen Jahren schweigend und lauernd hinter den Mauern ihres finsteren Reiches gelegen hatten und warteten.
    Wieder starrte er Necron an.
    »Wo ist Bob?«, fragte
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