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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers
Autoren: Peter Watt
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fanden. Zahlreiche Fußabdrücke führten sie in eine enge Schlucht, deren Hänge mit Felsen übersät waren.
    Felsen, die groß genug waren, dass sich ein Mann dahinter verbergen konnte, dachte Peter. Sein Unbehagen wuchs, denn er konnte sich vorstellen, was geschehen würde. Felsen und Buschwerk, hinter denen Männer kauerten, die von Geburt an als Krieger ausgebildet worden waren. Die Patrouille folgte ihm nur widerwillig, sah man von Unterinspektor Potter in seiner selbstzufriedenen Unwissenheit ab.
    Der von der Sonne verbrannte, schwitzende Offizier schüttelte den Kopf. Dieser verdammte Halbnigger war so feige, wie er vermutet hatte. Kein Rückgrat, wenn es darum ging, mit primitiven Schwarzen fertig zu werden, die mit wenig mehr als Stöcken und Steinen bewaffnet waren. Sein Zaudern war jedoch bemerkt worden und würde bei der Rückkehr in die Kasernen von Cloncurry gemeldet werden. In der Zwischen…
    Sein Monolog des Tadels wurde jäh unterbrochen, als er flüchtig ein seltsames Zischen wahrnahm, das die heiße, bewegungslose Luft in der engen Schlucht erfüllte. Ein brennender Schmerz schnitt durch seine Lenden. Sein Pferd bäumte sich, von Pein und Entsetzen gepackt, auf, als sich ein mit Stacheln bewehrter Speer in seine Flanke bohrte. Gleichzeitig ertönte an den scheinbar verlassenen Hängen aus hunderten Kehlen der blutrünstige Kriegsschrei der Kalkadoon.
    Verzweifelt an den Zügeln reißend, versuchte Potter vergeblich, sein Pferd auf den Beinen zu halten, doch das tödlich getroffene Tier ging mit einem donnernden Krachen zu Boden und klemmte ihn dabei unter sich ein.
    Die Männer, die die Polizeistreife mit Steinen und langen Hartholzspeeren bewarfen, waren weit über einen Meter achtzig groß, und die Emu- und Geierfedern ihres Kopfschmucks ließen sie noch größer und furchterregender erscheinen. Die Gesichter zierten Streifen aus weißen Federn, die sie mit ihrem eigenen Blut festgeklebt hatten; Arme und Beine waren ebenfalls mit Federn geschmückt. Für die in die Falle gegangenen Polizisten wirkten sie in dieser geisterhaften Aufmachung wie Dämonen der Hölle, die ihr Leben forderten.
    Verzweifelt zerrte Potter an dem Speer in seiner Lende, doch dessen Stacheln waren so angebracht, dass sich die Waffe weder ziehen noch schieben ließ, wenn sie erst einmal fest steckte. Die Kalkadoon-Krieger, über die er sich noch vor wenigen Minuten lustig gemacht hatte, hatten ihn in die enge Schlucht gelockt, wo sie das in taktischer Hinsicht günstiger gelegene, höhere Gelände kontrollierten. Dagegen saß die Polizeistreife ohne jede Manövriermöglichkeit fest.
    Ein speerschwingender Krieger ragte über Potter auf, der seinen Revolver verloren hatte. »Stirb, weißer Bastard!«, zischte der grauhaarige Kämpfer. Etwas überrascht stellte Potter fest, dass sein Mörder Englisch sprach – dann krallten sich seine Hände verzweifelt um den Speer, der sich in seine Brust gebohrt hatte. Mit verzweifelt rollenden Augen blickte er zu seinem Gegner auf. Er hatte seine Patrouille verloren, und nun ging es ihm ans Leben.
    Mit einem gewaltigen Ruck riss der Krieger den Speer aus der Brust des sterbenden Inspektors, während die letzten überlebenden Polizisten verzweifelt versuchten, von ihren um sich tretenden Pferden loszukommen und zu fliehen. Doch wohin sie auch sahen, ihre Augen entdeckten nur immer neue Wellen federgeschmückter Körper, die hinter Felsen und Büschen auftauchten und die Hänge herunterstürmten.
    Mit Hohnrufen stürzten sich die Kalkadoon auf die Polizisten, um sie mit ihren lanzenartigen Speeren an die rote Erde zu nageln. Vergeblich um Gnade flehend, starben die Beamten unter Nullah-Keulen und Steinäxten.
    Rasiermesserscharfe Steinmesser schlitzten die Bäuche der Toten auf, sodass die Krieger ihnen die Nieren entnehmen konnten. Später würden sie deren Fetthülle als Geste der Ehrerbietung vor den Gefallenen verzehren.
    Wallarie wandte sich von dem Inspektor zu seinen Füßen ab und richtete seine Aufmerksamkeit auf den letzten Polizisten, der noch aufrecht stand und sein Gewehr wie einen Schlagstock herumwirbelte. Der Mann hatte keine Chance, das war Wallarie klar, als er die Kalkadoon betrachtete, die ihn umringt hatten und mit Spottrufen verhöhnten.
    Peter wusste, dass er sterben würde. Von den Männern, die sie in der Vergangenheit so erbarmungslos gejagt hatten, war keine Gnade zu erwarten. Aber er wusste auch, dass er kämpfend untergehen würde.
    War nicht sein Vater vor
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