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Auch Du stirbst einsamer Wolf

Titel: Auch Du stirbst einsamer Wolf
Autoren: Fritz Mertens
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große schwarze Gummistiefel, eine Cordhose, die ihr zu weit war und überall so geflickt, daß man meinen konnte, es wäre ein umgebauter Putzlumpen, und einen großen Pullover, der auch nicht gerade in der Mode war, denn so etwas trug man achtzehnhundert Dickmilch und nicht im zwanzigsten Jahrhundert. Ihre roten Haare standen zerzaust vom Kopf weg, und ich wußte nicht, was ich zu dieser Naturkatastrophe sagen sollte.
    Ungewaschen und ungekämmt stieg sie in das Auto und begrüßte mich mit einem lässigen »Hallo«.
    Kaum saß sie richtig im Auto, als auch schon mein feiner Geruchssinn in Anspruch genommen wurde, denn das Weib verströmte einen Geruch, der nicht gerade die feinste Marke war. Er war weder alternativ noch erträglich, sondern schon pervers. Ich fragte mich, wie dies die Mitschüler aushielten oder sogar der Lehrer. So etwas sollte nicht auf der Schule zugelassen werden, bevor sie sich nicht ein klein wenig gebessert hatte. Ich sagte aber nichts, sondern öffnete ein wenig das Fenster und steckte mir eine Zigarette an, damit ein bißchen andere Luft in das Auto kam.
    Dann fuhren wir endlich nach Warenberg, und am Anfang der Fahrt fragte mich das komische Monster bald Löcher in den Bauch. Aber als wir eine Weile unterwegs waren, ließ sie mich in Ruhe und laberte mit Jesus über die Zerstörung der Umwelt.
    Ich dachte mir dabei nur, daß allein ihr Anblick schon eine Zerstörung der Umwelt war, denn sie war auch nicht gerade naturell. Da ich die Nacht über nicht geschlafen hatte, nickte ich ein und schlief ein wenig.
    Ich wurde erst wieder wach, als mich das Monster weckte, da wir schon in Warenberg waren. Jesus wollte wissen, wo er mich rauslassen sollte. Ich sagte ihnen, daß ich nach Neuenburg wollte, um dort über die Grenze zu gehen. Die beiden ließen mich dann dort aussteigen, wo ich am besten wieder einen Wagen bekam. Kaum stand ich richtig auf der Straße, als mich plötzlich ein Mädchen von hinten ansprach.
    Sie wollte wissen, wo ich hin wollte. Ich sagte es ihr. Sie freute sich auf einmal wie ein Schneekönig, denn sie wollte ebenfalls nach Frankreich. Dann machte sie mir den Vorschlag, mit ihr zusammen zu fahren, und ich willigte ein, denn ich war froh, einen Begleiter zu haben. Aber es war nicht mehr weit bis zur Grenze, und dort wollte ich mich wieder trennen von ihr, denn ich hatte bestimmt etwas anderes vor als sie. So trampten wir zu zweit weiter, und es klappte sogar ausgesprochen gut.
    Einmal hatte ich aber eine Heidenangst gehabt, als mich ein Bulle nach meinem Ausweis fragte. Ich drückte ihm den Ausweis in die Hand, als wenn es für mich das normalste auf der Welt wäre. Aber so normal war es für mich nicht, denn in mir war ein ganz komisches Gefühl, und bei der kleinsten Panne wäre ich sofort weggelaufen. Der Bulle schaute den Ausweis genau an und gab ihn mir wieder zurück. Zu allerletzt wünschte mir das Arschloch auch noch eine gute Reise. Das Schlimmste hatte ich noch vor mir, nämlich die Grenzkontrolle. Ich überlegte schon, ob ich nicht illegal über die Grenze gehen sollte. Aber diesen Gedanken verwarf ich dann und nahm mir vor, nur dann über die grüne Grenze zu gehen, wenn zu viele Grenzbullen da wären.
    So kamen das Mädchen und ich der Grenze immer näher, und diesmal bat ich sie, bei mir zu bleiben, bis wir sie passiert hätten. Damit war sie einverstanden, und ich war froh, nicht alleine zu sein. Wir liefen ganz langsam über die Rheinbrücke und blieben vor dem Bundesgrenzschutzbeamten stehen. Der fragte uns gleich nach unseren Ausweisen und wurde gerade in diesem Moment, als wir sie ihm geben wollten, von seinem Kollegen gerufen. Auf einmal sagte er zu uns:
     
    »Steckt sie wieder ein und geht weiter. Ich habe jetzt etwas anderes zu tun, als harmlose Teenager zu kontrollieren.« Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen, als ich das hörte. Sofort packte ich meine Tasche und ging zum Zoll, bevor er es sich nochmals überlegen würde. Der deutsche Zoll filzte uns, als wenn wir Hascher oder so etwas wären, aber dafür konnten wir bei den Franzosen einfach durchmarschieren, denn die wollten nichts von uns. Dann standen wir in Frankreich, und ich war richtig happy, daß ich die Grenze so gut überstanden hatte, denn es hätte mich auch meinen Kopf kosten können.
    Hinter der Grenze wechselte ich mein Geld und setzte meinen Weg fort. Von dem Mädchen trennte ich mich, da sie in eine ganz andere Richtung wollte.
    Ich trampte weiter bis nach Mulhouse, denn dort
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