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Atommuell - Die Suche nach dem Endlager

Atommuell - Die Suche nach dem Endlager

Titel: Atommuell - Die Suche nach dem Endlager
Autoren: Geo
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18000 Tonnen betragen. Nur, wohin mit dem Zeug?
    Die Kriterien für die Deponierung von Atommüll haben die IAEO-Mitglieder 1997 festgelegt: Sie solle „nach Möglichkeit“ in jenen Ländern erfolgen, die den Müll produziert haben. Ferner sollen „künftigen Generationen keine unangemessenen Belastungen aufgebürdet werden“.
    Bisher aber haben sich nur drei Staaten für einen Endlager-Standort entschieden: Finnland, Schweden, Frankreich. Allen anderen fehlt jeder Plan, wo sie mit den Resten ihrer nuklearen Epoche bleiben sollen.
    Dass der Atommüll zum Problem werden könnte, dämmerte den Verantwortlichen dabei schon früh. Auch in Deutschland. Im Wirtschaftsministerium empfahl 1955 ein hoher Beamter: „Die unschädliche Abführung radioaktiver Abfallstoffe ist eine Aufgabe, die gelöst werden muss, bevor der Bau eines Reaktors in der dicht besiedelten Bundesrepublik vertreten werden kann.“
    Die Warnung wurde ignoriert.
Im Eis versenken? In die Sonne schießen?
    Immer neue, teilweise skurrile Endlager-Ideen tauchten stattdessen bis in die 1990er Jahre auf. Wie jene, die sich ein Münchner Physiker 1956 patentieren ließ: Über dem Eis der Antarktis sollten Müllbehälter aus Flugzeugen abgeworfen werden und sich von selber in die Tiefe schmelzen. Der Vorschlag wurde über Jahre auf Fachkonferenzen diskutiert.
    Wissenschaftler in den USA erwogen gar, den Abfall in die Sonne zu schießen. Der Vorschlag wurde verworfen – zu unsicher. Und zu teuer: 10000 Dollar kostet es, ein halbes Kilo Nutzlast nur in den Erdorbit zu wuchten. Und in den USA lagern schon jetzt mehr als 70 000 Tonnen hochradioaktiven Materials.
    In den 1980er Jahren debattierten Experten über eine Endlagerung in markanten, hochgesicherten Gebäuden. Kritiker wie der Schweizer Geologe Marcos Buser halten das für „unhaltbar“. Wasser und Wind nagten an einem Bauwerk auf der Oberfläche viel stärker als an jeder Mine in der Tiefe. Zudem würden damit „Vorstellungen von Sicherheit aufgebaut, die nicht im Mindesten eingelöst werden“. Schließlich sei ja nicht nur die Gesellschaft vor dem Endlager zu schützen, sondern auch „das Endlager vor der Gesellschaft“. Es sollte verbarrikadiert sein gegen künftige Begehrlichkeiten nach dem gefährlichen Interieur. Unwahrscheinlich, solche Begehrlichkeit? Wer hätte „um 1900 die Konflikte vorhergesagt, die bald darauf unsere Zivilisation erschütterten?“, fragt Horst Geckeis, Chemiker am Institut für Nukleare Entsorgung in Karlsruhe. „Der Mensch ist leider unkalkulierbar.“
    Wohl auch deshalb gilt die finale Versenkung in der Erde inzwischen als sicherste Variante. Natürliche und technische Barrieren sollen gewährleisten, dass keine Strahlung nach außen gelangt: Der Müll könnte in Behältern aus Stahl stecken, eingebettet in Sarkophage aus Beton, die wiederum umgeben von wärmeresistentem Gestein, darüber Hunderte Meter Fels.
    In Deutschland haben Experten bereits 2002 die Anforderungen formuliert, die an eine solche Gruft zu stellen sind: Sie muss 300 Meter unter der Oberfläche liegen. Aber nicht tiefer als anderthalb Kilometer – sonst würden die Temperaturen zu hoch, wäre der Aufwand für den Bergwerksbetrieb zu groß.
    Die Gesteinsschicht, in der die Müllkapseln lagern, soll mindestens 100 Meter mächtig sein. Grundwasser darf sich darin nur mit weniger als zehn Milliardstel Meter pro Sekunde bewegen können; ein Wassermolekül müsste also mindestens 317 Jahre brauchen, um einen Meter voranzukommen. Schließlich „dürfen keine Erkenntnisse vorliegen, welche die Einhaltung der Mindestanforderungen über eine Million Jahre zweifelhaft erscheinen lassen.“ Also Hinweise auf Vulkanismus. Oder auf Gase, die zur Oberfläche drängen.
    Die Forscher haben für den Endlagerbau vier Gesteinsarten in die engere Wahl gezogen, aber, sagt Marcos Buser, Mitglied der Eidgenössischen Kommission für nukleare Sicherheit, „ein ideales Gestein kennen wir nicht“. Und er zählt auf: In Deutschland hat derzeit noch Steinsalz den Vorzug. Salz, so Buser, sei sehr trocken – „solange kein Wasser in der Nähe ist“. Es leitet Wärme gut ab, wichtig bei der Einlagerung radioaktiver Stoffe. Und seine Kriechfähigkeit sorgt dafür, dass Risse schnell verschlossen werden. Die Mobilität ist aber auch ein Nachteil: Mit dem Salz wandert auch, was darin ist.
    In Finnland und Schweden hat man sich für Granit entschieden, hart und unbeweglich. „Aber sehr spröde“, sagt Buser, „und
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