Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Atlantis

Titel: Atlantis
Autoren: Hans Dominik
Vom Netzwerk:
mehrere Sekunden. Dann sprach er langsam, sorgfältig jedes Wort abwägend:
    »Bei den täglichen großen Fortschritten im U-Boot-Bau dürfte ein großer Teil unserer Staatsflotte veraltet sein. Es liegt im Interesse der Nation« – hier warf er einen kurzen Blick zu dem Botschafter hin –, »das veraltete Material durch neues zu ersetzen. Im Interesse der Staatsfinanzen liegt es, das auszurangierende Material nicht einfach abzuwracken, sondern vorteilhaft zu verwerten. Interessenten, die diese Boote für Handelszwecke umbauen, werden sich wohl finden, aber nicht viel bieten. Euer Majestät würden als Interessent voraussichtlich das Höchstgebot abgeben.«
    »Wahrscheinlich!« Der Kaiser nickte. »Was sagen Sie zu dem Vorschlag, Herr Botschafter?« Mr. Bowden wand sich hin und her.
    »Ich kann es nicht unterlassen, Euer Majestät nochmals auf die allgemeine Volksstimmung bei uns aufmerksam zu machen, auch auf die voraussichtlich unvermeidbaren außenpolitischen Schwierigkeiten…«
    Guy Rouse und Augustus Salvator wechselten einen Blick. Der Amerikaner drehte spielerisch einen kleinen goldenen Schreibstift in den Fingern.
    »Die Bedenken Mr. Bowdens sind leicht zu zerstreuen. Die New Canal Company… wird zweifellos in Zukunft auch das Reedereigeschäft betreiben und würde versuchsweise große U-Kreuzer kaufen… Sollte sich das Geschäft nicht als nutzbringend erweisen, würde die Company die Hände wieder herausziehen.«
    Die Blicke des Kaisers hafteten an der lächelnden Miene des Amerikaners.
    »Sie würden die Boote dann vielleicht sogar mit Aufschlag verkaufen?«
    »Majestät! Ich habe die Interessen meiner Gesellschaft zu wahren. Ich bin sicher, daß sich sehr kapitalkräftige Interessenten finden werden, die einen Aufschlag von hundert Prozent nicht scheuen würden!«
    »Gut, Mr. Rouse! Sie sind ein kluger Geschäftsmann. Die Stellung als Finanzminister bei mir bleibt Ihnen jederzeit vorbehalten.«
    »Ich danke Euerer Majestät für diese Anerkennung. Ließen mich meine Interessen in den Staaten frei, würde es mir eine Ehre sein… Als vorsichtiger Geschäftsmann möchte ich nicht unterlassen, auf den anderen Weg hinzuweisen, auf dem unsere gegenseitigen Handelsbeziehungen sich zeitweise abspielen. Ich meine die Eisenbahnlinien durch die arabischen Nordstaaten.«
    »Vorläufig, Mr. Rouse, geht das. Im Kriegsfall würde das Loch bei Gibraltar sehr eng werden. Die Verbindungen über den Atlas sind zu spärlich. Die Verhandlungen mit Südafrika über die vollständige Gleichberechtigung der schwarzen und weißen Rasse schleppen sich ungebührlich lange hin. Sie würden schneller gehen und zu einem guten Abschluß kommen, wenn Ihre Vorschläge, Mr. Rouse, realisiert sein werden. Könnte die Angelegenheit nicht noch beschleunigt werden?«
    Mr. Rouse schien zu überlegen, an den Fingern zu rechnen, zu überschlagen.
    »Ich denke, Majestät, in vier Monaten bei hundert Prozent, in drei Monaten bei zweihundert Prozent.«
    »Sagen wir lieber in zwei Monaten bei zweihundert Prozent!«
    Mr. Rouse schien in Gedanken eine neue Berechnung aufzustellen.
    »Well! Das Geschäft ist gemacht…«
    »Well!« echote der Kaiser. »Sie sind ein guter, außerordentlich guter Geschäftsmann. Die Zeche wird für meine Gegner immer höher.«
    Mr. Rouse zuckte die Achseln.
    »Business is Business, Majestät!«
    Augustus Salvator erhob sich, ein Zeichen, daß die Unterredung beendet sei. Er ging auf den Botschafter zu und drückte ihm die Hand. Während dieser der Tür zuschritt, verabschiedete sich der Kaiser von Guy Rouse und fügte mit erhobener Stimme hinzu:
    »Ich will hoffen, Mr. Rouse, daß Sie mit der Sprengung am Kanal guten Erfolg haben werden…«
    Der Amerikaner beugte sich tief über die gebotene Hand.
    »Mr. Bowden ist das Klima hier wohl nicht sehr zuträglich«, flüsterte der Kaiser.
    »Den Eindruck gewann ich schon zu Beginn der Audienz, Majestät! Ein Wechsel des Klimas würde ihm unbedingt zuträglich sein…«
    *
    Der Kaiser war allein. Langsam ließ er sich an seinem Schreibtisch nieder. Seine Lippen bewegten sich wie im Selbstgespräch. »Ein Schuft! Schuft erster Klasse… aber nein… Schuft! Das Wort in der gewöhnlichen Bedeutung paßt nicht auf ihn… Er ist der Vertreter des Kapitalismus in Reinkultur, des Kapitalismus, den die Welt zu überwinden begonnen hat. Sein Streben ist darauf gerichtet, die Nation und ihre Seele zu beherrschen, Volk und Regierung zu seinen Werkzeugen zu machen. Unsichtbar für
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher