Atlan 08 - Illochim 02 - Im Bann der Gatusain
scheint ganz schön sauer auf uns zu sein.«
Cada Legove, der selbst an den Steuerkontrollen saß, zwang die AVIGNON in eine enge Kehre. Ich hörte die Andruckabsorber aufheulen. Der USO-Kreuzer raste mit relativistischen Werten durch die Schwärze des interstellaren Leerraums. Wir befanden uns dennoch viel zu nahe, als die Transformbombe mit einer Vergleichskraft von einer Megatonne TNT explodierte und die Raumstruktur erschütterte. Der Boden unter meinen Füßen vibrierte, ein harter Ruck ging durch die Kugelzelle unseres Schiffs.
»Schadensmeldungen!«, verlangte ich. Wenn Gale so weitermachte, blieb uns keine andere Wahl, als das Feuer zu erwidern.
»Keine Hüllenbeschädigung«, meldete Ira Connaire. »Der Kontinuum-Strukturriss des Paratrons hat die Energie in den Hyperraum abgeleitet. Äußere HÜ-Staffel mit 36 Prozent belastet. Paratron weiterhin bei voller Leistung.«
»Haben wir den Abstand verringert?«
»Negativ, Sir.«
Irritiert richtete ich mein Augenmerk auf die Entfernungsangaben in einem Holo. Nach der Etappenunterbrechung hatte die ESHNAPUR sich uns im Normalraum genähert, jetzt entfernte sie sich wieder.
Deine Freundin hat erkannt, dass sie uns nichts anhaben kann, und sucht wieder das Weite , spöttelte der Extrasinn.
»Verfolgung aufnehmen!« Ich sah keine andere Wahl, wenn wir eine weitere Flucht der MEINLEID-Anführerin verhindern wollten. »Bombenteppich in Flugrichtung der ESHNAPUR abstrahlen. Bitte mit Fingerspitzengefühl. Sie soll durchgeschüttelt, nicht zerstört werden.«
»Zu spät!«, rief Luella Tarra.
Die ESHNAPUR war in die nächste Linearetappe eingetreten.
Visionen
Auch am zweiten Tag beobachtete Cleany Havedge die Prozedur, bei der Tristan Li seine Strahlungsdosis erhielt. Seine Sympathie für den jungen Mann wuchs. Li haderte nicht mit seinem Schicksal, obwohl er genau wusste, wie es um ihn stand. Bereitwillig akzeptierte er die Psychopharmaka, welche die Leiterin des Ärztestabes ihm im Anschluss an die Bestrahlung verabreichte.
»Wenn ich schon sterben muss, will ich vorher noch sehen, wie Greta für ihre Taten büßt«, sagte er.
»Rache ist ein schlechter Ratgeber, mein Junge.«
»Sie ist der einzige, der mir verblieben ist.« Li lächelte. »Außer Doktor Drays und Ihnen, Sir.«
Havedge wölbte eine Augenbraue. »Du brauchst mich nicht Sir zu nennen. Ich bin weder Großadministrator, noch Lordadmiral, noch besitze ich einen militärischen Rang oder politischen Titel. Die meisten Menschen sehen in mir einen verschrobenen Misanthropen, der sich in seinem Museum vor der Welt versteckt und nicht alle Tassen im Schrank hat. Dabei ist dieses Museum ein wichtiger Teil der Welt. Wer seine Vergangenheit nicht achtet, ist auf Dauer nicht reif für die Zukunft.«
»Das klingt … kompliziert.«
»Höchstens philosophisch.«
»Wie soll ich Sie also nennen, Kurator?«
»Wir wäre es mit Cleany?«
Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Jungen. »Nur wenn Sie mich Tristan nennen, Sir. Ich meine Cleany.«
»Gern, mein Junge. Sie erinnern sich an das Gespräch, das wir gestern führten, als wir angegriffen wurden?«
Lis Lächeln gefror. Er nickte kläglich. »Sie meinen wegen Olgej.«
»Sie haben angedeutet, dass Sie sich für den Tod Ihrer Freundin verantwortlich fühlen. Ist das jetzt auch noch so?«
»Nicht mehr so schlimm.«
»Das liegt an den Stimmungsschwankungen, denen Sie unterworfen sind«, erinnerte Cyriane Drays. »Wenn Sie aus der Muschel steigen, sind Sie stark und gefestigt. Je länger die Behandlung zurückliegt, desto mehr verlieren Sie von dieser inneren Kraft.«
»Ich weiß«, fauchte Li. »Wenn wir hier fertig sind, würde ich die Medoabteilung gern verlassen.« Da die Untersuchungen abgeschlossen waren und er seine Psychopharmaka bekommen hatte, wartete er keine Antwort ab, sondern wandte sich zum Gehen. »Begleiten Sie mich, Cleany?«
Havedge erhob sich von dem Stuhl, auf dem er die letzte Stunde verbracht hatte. Es fiel ihm schwer, sich auszumalen, was in dem Jungen vorging. Tristan hatte seinen Tod unabwendbar vor Augen. Gleichzeitig erwarteten alle von ihm, dass er sich nicht aufgab, nicht zuletzt auch er selbst, weil er mit seinem Rachewunsch ein letztes Ziel vor Augen hatte. Er winkte der Medikerin zu und schloss sich Tristan an.
»Sie dürfen Doktor Drays nicht böse sein«, sagte er draußen.
»Ich weiß, sie will nur mein Bestes. Ich sehe das ein, jetzt. Aber wenn ich meine Schwächephasen habe, weil ich meine
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