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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill
Autoren: Mo Hayder
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David Goldrab jemals herauskommen sollte, werde er alles auf sich nehmen. Das sagte er immer und immer wieder: Sein Entschluss stehe fest, und wenn es darauf ankäme, werde Sallys Name nicht erwähnt werden.

5
    Ben fuhr Zoë schweigend nach Hause. Er sprach erst wieder, als er mit ihr im Wohnzimmer war und die Türen geschlossen hatte. Halb rechnete sie damit, dass er auch die Vorhänge schließen würde, so ernst und geheimnisvoll gab er sich.
    »Was habt ihr gefunden? Etwas, das mit Goldrab zu tun hatte?«
    »Setz dich hin.«
    Scheiße, dachte sie. Sally hatte recht gehabt. Kelvin hatte sie an jenem Abend fotografiert.
    »Ben, sag’s mir doch einfach. Was habt ihr gefunden? Geht es um Goldrab?«
    »Es gab den Auftrag, Goldrab umzubringen, das wusstest du. Das SIB hat Mooney festgenommen. Er redet nicht.«
    »Und?«
    »Wir haben Goldrabs Zähne gefunden. Vergraben in Kelvins Garten.«
    Sie atmete aus. »Okay«, sagte sie vorsichtig. »Dann war es Kelvin, der Goldrab umgebracht hat?«
    »Sieht so aus. Aber nicht das bereitet mir Kopfzerbrechen, sondern etwas anderes. Nämlich, dass wir bei unserer Suche einen Haufen Papierkram gefunden haben. Ich habe das alles in dieser Woche durchgesehen. Und jetzt …«
    »Was jetzt?«
    »Jetzt bin ich zu dem Schluss gekommen, dass er Lorne nicht ermordet hat.«
    Sie starrte ihn mit offenem Mund an. »Er hat sie nicht umgebracht?«
    »Und nicht vergewaltigt.«
    »Mein Gott. Was zum Teufel hast du denn gefunden?«
    »Okay, okay. Er hat getan, was er dir angetan hat, Zoë, und etwas Schlimmeres kann ich mir nicht vorstellen. Niemals. Ich weiß immer noch nicht, wie ich mich dazu verhalten soll, und ich weiß auch noch nicht, wie es dir damit geht. Nicht genau. Aber ich muss über all das hinwegsehen, denn nichts davon bedeutet, dass er auch Lorne vergewaltigt hat.«
    »Moment. Was ist denn mit all den Sachen, die ihr in seinem Haus gefunden habt? Ihre Fleece-Weste? Ihr Telefon?«
    »Deshalb bin ich eigentlich nachdenklich geworden. Er hat sich eine Menge Mühe gemacht, jeden Hinweis darauf zu verwischen, dass du da warst. Da war keine Spur von dir. Warum also hat er nicht auch Lornes Handy beseitigt? Und den Lippenstift?«
    Zoë schüttelte ratlos den Kopf.
    »Ich sag dir, warum. Es ist ganz einfach. Er hat die Sachen nicht beseitigt, weil er nicht wusste, dass sie da waren. «
    »Was?«
    »Pass auf. Nach seiner Verwundung durch die Sprengbombe in Basra war es ein Riesenstück Arbeit, ihn wieder zusammenzusetzen. Er verbrachte drei Monate im Militärlazarett Selly Oak in Birmingham, wo sie ihn stabilisierten, und dann noch einmal zwei Monate, um sich von der Kranioplastik zu erholen. Sie haben ihm eine Titanplatte in den Schädel gesetzt, aber die machte ihm Beschwerden. Am siebten Mai haben sie ihn gescannt, um zu sehen, was da nicht stimmte.«
    Zoë runzelte die Stirn. Sie kam nicht mehr mit.
    »Lorne wurde ermordet, als er im Krankenhaus war. Ich hab’s überprüft. Ich habe die Einweisungsakte gesehen, ich habe mit den Mitarbeitern gesprochen, die zum fraglichen Zeitpunkt Dienst hatten. Das ist wasserdicht, Zoë. Wasserdicht. Kelvin Burford war am siebten Mai den ganzen Tag im Krankenhaus und am achten auch noch. Unter Beruhigungsmitteln. Er kann Lorne Wood nicht umgebracht haben.«
    Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen. Ihr brummte der Kopf. »Aber …«, fing sie an. »Aber …«
    »Ich weiß. Es war naheliegend, voreilige Schlüsse zu ziehen.«
    Naheliegend, voreilige Schlüsse zu ziehen … Bei diesen Worten wieselte etwas Dunkles, Hässliches durch Zoës Kopf. Etwas, das dort gewartet hatte, seit Kelvin sie attackiert hatte. Etwas, dem sie die ganze Zeit ausgewichen war. Sie dachte daran, wie sie bei Kelvin auf dem Bett gelegen und gesagt hatte: Tu es. Ich will es. Vor all den Jahren, als Kelvin sie aus dem Schatten am Ende des Zuschauerraums im Club beobachtet hatte, da hatte sie gewusst, was er wollte. Und als sie an jenem Tag auf seinem Bett gelegen hatte, hatte sie ihm gesagt, er könne es haben. Wenn sie die Sache mit ganz klaren Augen betrachtete, völlig ehrlich und rational, dann hatte er nur getan, was sie gesagt hatte. Er hatte sie geschlagen. Sie brutal behandelt. Aber der Rest? War es eine Vergewaltigung gewesen? Formal gesehen?
    »Nein«, murmelte sie fast unhörbar. »Er hat Lorne umgebracht. Er muss es gewesen sein.«
    Ben sah ihr ernst in die Augen. »Ich weiß, du glaubst, ich tue nichts weiter, als dauernd nach Justizirrtümern zu suchen. Aber, Zoë,
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