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Aszendent Blödmann

Aszendent Blödmann

Titel: Aszendent Blödmann
Autoren: Michaela Thewes
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Yvonne mit dem Schwangerschaftstest ein.
    Als Erstes las ich mir auf der Toilette sorgfältig die Gebrauchsanweisung durch. Nach diesem theoretischen Teil folgte die Praxis. Wie vom Hersteller verlangt, nahm ich die Kappe von dem Teststäbchen, pullerte etwa fünf Sekunden auf die saugfähige Spitze, dann setzte ich die Kappe wieder auf und wartete. Und wartete. Und wartete.
    Ich fixierte den großen Zeiger meiner Armbanduhr, der sich nur quälend langsam vorwärtsbewegte. Nach drei Minuten sollte man laut Gebrauchsanweisung das Ergebnis ablesen können. Endlich war die Zeit um. Ich schaute auf das Ergebnisfenster. Nichts! Absolut nichts! Das Ergebnisfenster war leer. Was aber noch lange nicht zu bedeuten hatte, dass ich nicht schwanger war. Denn auch von der Kontrolllinie, die erscheinen sollte, wenn der Test korrekt durchgeführt worden war, fehlte jede Spur.
    Vielleicht hatte ich etwas falsch gemacht. Möglicherweise hatte ich eine Sekunde zu kurz oder zu lang gepinkelt, oder das Ding war Schrott. »Wenn Sie keine Linie sehen, ist der Test ungültig«, las ich laut. Wütend pfefferte ich den Schwangerschaftstest in den Mülleimer.
    Dann würde ich eben selbst noch einmal zur Apotheke fahren müssen, um einen neuen Test zu besorgen. Ich war schon fast an meinem Auto angelangt, da fiel mir auf, dass ich in der Eile meine Tasche mit dem Portemonnaie oben im Büro liegen gelassen hatte. Mist! Mit meiner Vergesslichkeit wurde es immer schlimmer. Bis vor gar nicht allzu langer Zeit war ich die Zuverlässigkeit in Person gewesen. Ich versuchte krampfhaft, mich zu entsinnen, wann das mit dieser furchtbaren Schusseligkeit losgegangen war. Aber sogar das hatte ich vergessen! Ich nahm jedoch stark an, dass zwischen meinem konfusen Zustand und Kais Auftauchen irgendein Zusammenhang bestand …
    Seufzend machte ich auf dem Absatz kehrt, betrat durch die große Glasschwingtür erneut das Hotel und stieg unter Verenas überraschtem Blick wieder in den Fahrstuhl. Oben angekommen, hastete ich den Gang entlang.
    Die Tür zu unserem Büro stand einen Spalt offen. Als ich mich näherte, vernahm ich Fetzen einer Unterhaltung, die auf den Flur hinausdrangen. Kai hatte offenbar Damenbesuch. Die Frauenstimme kam mir vertraut und gleichzeitig doch eigentümlich fremd vor. Nur das Kichern erkannte ich auf Anhieb. Wie üblich schien Yvonne alles, was Kai von sich gab, ungemein witzig zu finden. Ich wollte gerade in das Büro stürmen und mit einem kurzen »Hallo und auf Wiedersehen« meine Tasche vom Haken reißen, da ließ mich etwas in der Bewegung innehalten. Vielleicht war es dieses merkwürdige Gurren in Yvonnes Stimme oder die Art, wie sie Kais Namen aussprach.
    Auf Zehenspitzen schlich ich näher und spähte durch den Türspalt. Während Kai auf seinem schwarzen Lederdrehstuhl saß und allem Anschein nach arbeitete, hatte Yvonne es sich neben seiner Tastatur gemütlich gemacht. Ihr Po befand sich auf einem roten Schnellhefter – meinem Anzeigenplan? –, und ihre langen, sonnengebräunten Beine hatte sie kokett übereinandergeschlagen. Dabei war der ohnehin ziemlich kurze Rock noch ein bisschen weiter nach oben gerutscht. Hübsche Beine, musste ich neidlos anerkennen. Auch ihr Dekolleté, aus dem die schwarze Spitze ihres BHs hervorlugte, konnte sich sehen lassen. Eins war sicher: Yvonne hatte ganz bestimmt keinen Stilltee nötig. Entweder die obersten Knöpfe ihrer Bluse waren dem Druck nicht gewachsen gewesen, oder Yvonne hatte sie absichtlich geöffnet, um Kai tiefe Einblicke in ihren Ausschnitt zu gewähren. Zu meiner, und wie mir schien auch zu Yvonnes Überraschung, schenkte Kai dem hübschen Zwillingspärchen, das dort um Aufmerksamkeit buhlte, jedoch überhaupt keine Beachtung. Seine Finger flogen pausenlos über die Tastatur seines Computers.
    Was Yvonne ganz und gar nicht zu passen schien. »Du arbeitest zu viel, Boss«, murrte sie und zog einen Lolita-Schmollmund. »Mach mal ’ne Pause!«
    »Ich muss das hier heute unbedingt noch fertig bekommen«, erwiderte Kai, ohne die Arbeit zu unterbrechen. »Und sag nicht immer Boss zu mir.«
    »Man kann gar nicht früh genug anfangen zu üben. Schließlich ist es doch nur eine Frage der Zeit, bis du zum Marketingleiter ernannt wirst.«
    Ich schnappte nach Luft. Wo war bloß Yvonnes Loyalität geblieben?
    Die Augen fest auf den Bildschirm geheftet, starrte Kai weiter stur geradeaus. »Ich würde sagen, die Chancen stehen fifty-fifty. Vielleicht bekommt Melina die Stelle, vielleicht
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