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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten
Autoren: Christine Preißmann
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soziale Ressourcen entwickeln und unterstützen lassen« (Weick 1989, 352). Diese Potenziale eines Menschen wie Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse, Geschicke, Erfahrungen, Talente, Neigungen und Stärken, die oftmals gar nicht als solche bewusst sind, sollen also als »Kraftquellen« genutzt werden, um etwa bei Erkrankungen den Heilungsprozess zu fördern. Sie dienen aber auch dazu, in Umbruchsituationen nach neuen Wegen zu suchen, Alternativen ausfindig zu machen, ein ganz persönliches Profil zu entwickeln, der eigenen Persönlichkeit Kontur zu geben und dadurch an Ausstrahlungskraft zu gewinnen.
    Man ist inzwischen zu der Erkenntnis gelangt, dass dagegen heilpädagogische oder therapeutische Konzepte, die ausschließlich das Defizitäre fokussieren und auf symptomzentrierte Interventionen hinauslaufen, »letztlich keinen angemessenen Beitrag zur Entfaltung der Persönlichkeit und Unterstützung eines selbstbestimmten Lebens autistischer Menschen leisten« (Theunissen 2009, 56). Menschen wachsen nicht »durch Konzentration auf ihre Probleme – im Gegenteil, dadurch wird das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, sich auf selbstreflektierende Weise zu entwickeln, geschwächt« (Weick 1989, 352).
    Ãœber diese Erfahrung berichten viele autistische Menschen in ihren Texten. Ich selbst musste wie bereits erwähnt im Deutsch- und Fremdsprachunterricht meine Aufsätze als »abschreckende Beispiele« vorlesen. Solche Erfahrungen frustrieren und demotivieren auch Menschen mit Autismus und sind ein fruchtbarer Boden für »Verhaltensweisen (Bewältigungsstrategien als Selbstschutzmechanismen), die üblicherweise als psychosozial auffällig, gestört oder gar psychopathologisch wahrgenommen und als behandlungsbedürftig eingeschätzt werden« (Theunissen 2009, 56).
Stärken-Perspektive und Autismus
    In diesem Buch werden zahlreiche Schwierigkeiten autistischer Menschen dargestellt, und natürlich ließe sich über noch sehr viel mehr berichten. Deutlich wird durch die persönlichen Berichte aber auch, dass das Leben der Betroffenen nicht nur aus Problemen und Unzulänglichkeiten besteht. Wie alle anderen kennen auch Menschen mit Autismus Höhen und Tiefen in ihrem Leben, haben Stärken und Schwächen. Sie haben durchaus auch ein glückliches Leben und verfügen über Qualitäten, die nicht selbstverständlich sind. Meist sind sie loyal anderen gegenüber,belügen oder täuschen andere Menschen nicht. Sie sind zuverlässig und halten sich verlässlich an einmal akzeptierte Regeln. Anderen Menschen begegnen sie ohne Vorurteile. Sie sagen offen und ohne Scheu, was sie denken, dabei sprechen sie in einer eindeutigen, unzweifelhaften Sprache. Auf speziellen Gebieten verfügen sie über ein bewundernswertes Wissen, das sie gerne und ausführlich preisgeben. Viele sind Kämpfertypen, die nicht aufgeben und immer wieder neue Anstrengungen auf sich nehmen, um ihre Lage zu verbessern und ihr Leben zu meistern.
    Nicht immer jedoch ist Menschen mit Autismus bewusst, welches ihre ganz persönlichen Ressourcen sind und wie es ihnen gelingen kann, diese möglichst effektiv einzusetzen, damit sie ein gutes, gesundes, glückliches und lebenswertes Leben führen können. Sie benötigen dabei oftmals Unterstützung durch Therapeuten, aber auch durch ihr unmittelbares Umfeld. Dies gehört zu den wichtigsten Maßnahmen für jeden Menschen.
    Zudem ist es notwendig, auch der Öffentlichkeit nicht nur die Einschränkungen und Defizite, sondern ebenso auch die Ressourcen, die Liebenswürdigkeit und Fröhlichkeit, die Lebensfreude und die Kraft von Menschen mit Autismus zu vermitteln. Erst dann wird die Gesellschaft bereit sein, auch diese Menschen in ihrer Mitte willkommen zu heißen. Um eine möglichst detaillierte Darstellung der Betroffenen in der Öffentlichkeit zu gewährleisten, wurden in den letzten Jahren auch solche Veranstaltungen angeboten, die neben der Beschreibung der Schwierigkeiten in besonderer Weise auch die Stärken und Ressourcen von Menschen mit Autismus betonen. So fanden Theateraufführungen oder abendliche Kulturveranstaltungen für die interessierte Öffentlichkeit statt (Radio Aktiv Hameln 2008), und zum 40-jährigen Jubiläum des Bundesverbandes Autismus Deutschland e.V. wurde im Frühsommer 2010 eine große Kunstausstellung mit Werken von über 180
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