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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten
Autoren: Christine Preißmann
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Tagungen richten sich aber auch an professionelle Fachleute, die davon für ihre Arbeit mit autistischen Menschen ebenfalls sehr profitieren können. In der Regel ist dabei auch ein Austausch der Teilnehmer untereinander möglich. Zu spezielleren Fragestellungen innerhalb des Autismus gibt es seit einigen Jahren die Fortbildungsreihe FBA des Bundesverbandes Autismus Deutschland e.V.; die meisten Angebote sprechen gezielt pädagogische und therapeutische Fachkräfte an, sie werden in verschiedenen Städten in ganz Deutschland durchgeführt. Alle drei Jahre schließlich findet der große Bundeskongress von Autismus Deutschland mit weit über 1000 Teilnehmern statt, der Ausrichtungsort rotiert durch die Bundesländer. An drei Tagen werden zahlreiche Seminare und Vorträge zu den verschiedensten Themen angeboten, daneben informieren begleitende Ausstellungen mit Darstellungen unterschiedlicher Anbieter sowie Bücherständen. Sicher lässt sich in kurzer Zeit keine umfassendere Information finden, für einen ersten Überblick sind jedoch manche Themen sicher zu detailliert und das Angebot insgesamt zu umfangreich. Auch in Österreich und der Schweiz werden von den jeweiligen Landesorganisationen und deren Regionalverbänden zahlreiche Veranstaltungen für Betroffene, Angehörige und Fachleute angeboten.

Nachwort: Ressourcen entdecken
    Im klinischen, pädagogischen und therapeutischen Alltag ist die Definition von Erkrankungen und Behinderungen, so auch bei Menschen innerhalb des autistischen Spektrums, nahezu ausschließlich auf der Annahme von Defiziten, Beeinträchtigungen und Störungen aufgebaut. In der Folge »senkt sich ein Nebel von negativen Bildern und Hoffnungslosigkeit über unsere Aufmerksamkeit. Unter solchen Umständen besteht das Risiko, dass wir blind werden für ein Gesamtbild, da sich dann unsere Fähigkeit, Dinge zu bemerken, verengt. Wir vernachlässigen oder schaffen es dann nicht, auch die positiven Aspekte einer Situation zu erkennen. Statt erlernten Ansichten zu vertrauen, sollten wir versuchen, die positiven Eigenschaften herauszufinden, die sich um die vermuteten Lücken und Fehler herum entfalten« (Cardinal 2010, 293).
    In der letzten Zeit strebt man auch im Bereich Autismus neben der defizitären Sichtweise ein ressourcenorientiertes, auf den persönlichen Stärken beruhendes Arbeiten mit den betroffenen Menschen an. Diese Entwicklung wurde wohl erst durch die stärkere Präsenz von Menschen mit Autismus in der Öffentlichkeit und in den Medien ermöglicht, die bei ihren Auftritten nicht ausschließlich Schwierigkeiten und Unzulänglichkeiten darstellen, sondern auch ihre Fähigkeiten und Ressourcen betonen.
    Während früher die »Sicht von außen« auf die persönlichen Wünsche und Bedürfnisse autistischer Menschen dominierte, häufen sich nun eigene Berichte. Inzwischen existiert auch im deutschen Sprachraum eine kaum mehr zu überblickende Fülle an Erfahrungsberichten, Portraits etc. in den unterschiedlichsten Medien (u. a. Schuster 2007, Preißmann 2005, 2009, Aspies e. V. 2010). Vereinzelt konnten sogar Artikel in Fachzeitschriften abgedruckt werden (Dern u. Schuster 2008, Preißmann 2007b). Zudem werden die Betroffenen eingeladen, auf Fachveranstaltungen und Kongressen ihre eigenen Gedanken darzulegen, die immer stärker nachgefragt und auch von Fachleuten geschätzt werden: »Wir verdanken ihnen ein verbessertes Verständnis der Besonderheiten im Denken und Handeln dieser Personen, das uns hilft, in jedem Arbeitskontext – ob Schule oder Therapie – den Bedürfnissen von Menschen mit Asperger-Syndrom besser gerecht zu werden« (Lechmann u. Eckert 2006, 147). Autistische Menschen haben inzwischen also die Möglichkeit, selbst ihren Beitrag zu leisten zur Entwicklung von immer besser auf die Bedürfnisse der Betroffenen selbst abgestimmten Hilfsmaßnahmen. Auch die in diesem Buch versammelten Erfahrungsberichte werden zu einem besseren Verständnis beitragen und helfen, die Innensicht autistischer Menschen als wichtige Arbeitshilfe wertzuschätzen.
    Die Orientierung an Stärken und Ressourcen spielt nicht nur im Empowerment-Konzept (Theunissen 2009), sondern auch in der modernen Psychotherapie eine Rolle. Sie gründet sich »auf Würdigung der positiven Attribute und menschlichen Fähigkeiten und Wege, wie sich individuelle und
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