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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt
Autoren: A Brandhorst
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Avatar. »Die Leskovar sagen, dass die Routen geeignet sind, und die Zeit drängt. Sie müssen so schnell wie möglich nach Heraklon.
    Sie erreichten einen Gang, in dem es zu einer Explosion gekommen war, und Rahil beobachtete eine glitzernde Wolke aus Femtomaschinen, die geborstenen Synthmetallen und Polymeren neue Struktur gaben – die Station reparierte sich. Ein autonomes Reparaturmodul schwebte ihnen entgegen, auf einem wie heiße Luft flirrenden Krümmungsfeld und einen silbergrauen Schweif hinter sich herziehend. Offenbar handelte es sich um eine Minischmiede, auf die Produktion spezialisierter Femtomaschinen programmiert. Der Angriff, überlegte Rahil, konnte noch nicht lange zurückliegen, denn sonst wäre zumindest die Schmiede als wichtigste Komponente der Station repariert gewesen.
    »Warum ausgerechnet ich?«, fragte Rahil. »Mein Tod auf Heraklon bedeutet, dass ich identifiziert worden bin. Außerdem ist Ganska mehr als fünftausend Lichtjahre von Heraklon entfernt. Bestimmt sind andere Missionare der Ägide dem Planeten näher als ich.«
    Seltsamerweise antwortete der Avatar nicht sofort. Er blieb an den Resten einer zerstörten Siegeltür stehen, den Kopf wie horchend zur Seite geneigt. Knirschende Geräusche kamen aus der Finsternis, und in der Dunkelheit flackerte ein defektes Leuchtelement. Rahil erinnerte sich an den Hinweis, dass der Angreifer vielleicht noch immer an Bord war. Die Sensoren der Rüstung nahmen keine verdächtigen Aktivitäten wahr, aber das hatte nicht viel zu bedeuten, wenn primäre Technik zum Einsatz kam.
    Der Avatar setzte den Weg fort, durch einen intakten peripheren Korridor. Ein seltsamer Geruch lag in der Luft.
    »Wir sind sicher, dass Sie vor Ihrem Tod ein Image angefertigt oder zumindest Ihre Erinnerungen gespeichert haben, vermutlich zusammen mit wichtigen Informationen über das Artefakt«, sagte der Avatar. »Wir wissen nicht, wie die Daten gespeichert sind, aber auf Heraklon unterliegt Technik oberhalb der vierten Stufe der Interdiktion. Es gibt sie nur in Ausnahmezonen wie unserer dortigen Botschaft und den Konsulaten. Deshalb müssen wir davon ausgehen, dass Image oder Gedächtnisinhalt nicht in einem dauerhaften Speicher abgelegt sind. In einigen Wochen oder Monaten könnten die Daten unbrauchbar sein. Dann wäre Ihr früheres Leben endgültig verloren, Rahil Tennerit.«
    »Aber wie soll ich meine Erinnerungen finden? Ich weiß nichts mehr von meinem Einsatz auf Heraklon. Dieses Image ist wie alt?«
    »Ein Jahr.«
    »Ein ganzes Jahr!«, entfuhr es Rahil.
    »Ein aktuelleres stand leider nicht zur Verfügung«, sagte der Avatar in einem bedauernden Tonfall. Sie traten durch ein offenes Schott, und der sonderbare Geruch wurde stärker. »Es wird keine Rolle spielen, sobald Sie Ihre Erinnerungen auf Heraklon gefunden haben. Sie werden nicht als einfacher Missionar dorthin zurückkehren, Rahil Tennerit. Diesmal brechen Sie mit Exekutor-Privilegien auf. Sie sind bereits bei unserer Botschaft akkreditiert, und Sie erhalten einen Assistenten, der Ihnen helfen wird.«
    Dieser Hinweis ließ Rahil nicht unbeeindruckt. Exekutoren waren Sonderbeauftragte der Ägide, dazu befugt, sich über Regeln und Vorschriften hinwegzusetzen, wenn es die Situation erforderte. Seine aktuellen Erinnerungen an Heraklon waren ein Jahr alt; in der Zwischenzeit musste sich die Situation auf dem Planeten zugespitzt haben, denn das Kuratorium verlieh Exekutor-Privilegien nicht ohne Grund.
    Entschlossenheit erfüllte Rahil, nicht nur geschaffen von Femtomaschinen und Rüstung. Existierte eine wichtigere Mission als die, der Menschheit das Tor in die Zukunft zu öffnen? Dies gab seinem Leben einen Sinn: Er konnte den wichtigsten aller Dienste leisten, und wenn er Erfolg hatte, tilgte er damit einen Teil seiner Schuld. Überkompensation? Und wenn schon. Hauptsache, es half.
    »Die Frist, die uns die Hohen Mächte vor sechshundert Jahren gesetzt haben, geht in einigen Monaten zu Ende. Finden Sie Ihre auf Heraklon gespeicherten Erinnerungen und lösen Sie das Rätsel des Artefakts. Als Exekutor können Sie auf alle Ressourcen zurückgreifen, die Sie brauchen.«
    Als Exekutor war er auch nicht mehr an die Nichteinmischungsprinzipien gebunden, an denen die Ägide noch immer festhielt, trotz allem. Es war ein verlockender Gedanke.
    »Wie wir hörten, haben die Krion die gegenwärtigen Entwicklungen zum Anlass genommen, sich im Gremium der Evaluatoren erneut dagegen auszusprechen, der Menschheit und den
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