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Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg
Autoren: Martin Mucha
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stand ›Dr. Meyerhöffer‹, auf der anderen ›Unrath‹.
    Ich legte meinen Mantel ab, setzte mich auf die schwarzen Ledermöbel, stellte meine Tasche neben mich und nahm mir eine Zeitschrift. Es war die neue Ausgabe der ›Yacht‹, das traf sich gut, denn ich wollte mir sowieso ein neues Boot anschaffen. Seit Abramowitsch auf dem Seinigen zwei Hubschrauberlandeplätze hatte, kam mir mein eigenes irgendwie lausig vor. Es waren zwar ein paar ganz nette Stücke vorgestellt, aber nichts, das mich so richtig begeistert hätte. Sodass ich froh war, als sich die Sekretärin nach 15 Minuten blicken ließ und verkündete, dass ich eintreten dürfe. Ähnlich musste Gottes Sprechzimmerhilfe klingen, wenn ein kleiner Sünder einen Termin beim großen Boss ergattert hatte. Ich schnappte mir noch schnell zwei Visitenkarten und stand auf.
     

III
    Ich klopfte und trat ein. Vor mir lag ein Büro, durch dessen straßenseitige Fenster auch jetzt, im trüben März, viel Licht hereinkam. In der einen Ecke stand eine Chaiselongue, mit grünem Stoff bezogen, in der anderen ein grünglänzender Gummibaum mit üppigen, fleischigen Blättern. Mir gegenüber befand sich ein Schreibtisch, solides Holz, mit Laptop, Schreibunterlage und Papier. Hinter dem Schreibtisch stand ein schwarzer Schrank, der die gesamte Breite des Büros einnahm. In seinen gläsernen Türen waren Bücher zu sehen, Rechtskommentare und Ähnliches.
    In der linken Wand, der Straßenseite gegenüber, befand sich eine Tür. Aus der kam mein Gesprächspartner, der sich mit einem Handtuch über das frisch rasierte Kinn fuhr. Offenbar hatte er gerade seine Morgentoilette hinter sich gebracht. Er war in einen Dreiteiler aus edler, grauer Baumwolle gekleidet. Englischer Schnitt, er musste einen guten Schneider haben. Eine unauffällige Krawatte, die noch nicht gebunden um seinen Kragen lag, machte deutlich, wie früh die Stunde war. Insgesamt war er durchschnittlich gebaut, sein Gesicht war allerdings außergewöhnlich. Mit seinen tiefliegenden braunen Augen, der hohen Stirn und dem nach hinten gebürsteten schwarzgrauen Haar sah er aus wie eine leicht gealterte Version von George Clooney. Er hätte durchaus den ältlichen Liebhaber in einem 50er-Jahre-Film spielen können. Etwas extravagant trug er einen dazu passenden Bleistiftstrich-Oberlippenbart, Marke Errol Flynn. Mit einer wohlmanikürten Rechten wies er auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.
    »Nehmen Sie doch bitte Platz.« Seine Stimme war warm, die Worte perlten präzise, und in Vokalbildung und Klangfärbung sprach die alte Monarchie. So mussten die Protagonisten in Musils ›Mann ohne Eigenschaften‹ gesprochen haben.
    Ich nahm Platz und harrte der Dinge, die da kommen würden. Einer Ledertasche entnahm er ein Notizbuch, ebenfalls in braunes Leder gebunden. Natürlich mit Monogramm. Er öffnete das Buch und zog meine Visitenkarte heraus.
    »Herr Doktor Linder, nehme ich an.« Dabei blickte er mich fragend an. Ich nickte.
    »Sie haben gestern meine Tochter nach Hause gebracht, dafür danke ich Ihnen, aber warum wollten Sie mich sprechen?« Seine Augen fixierten mich, nahmen mich in ein stummes Kreuzverhör. »Wollte ich jeder männlichen Bekanntschaft meiner Tochter eine Stunde widmen, so käme ich nicht mehr zur Arbeit.«
    Ich erzählte ihm die gestrige Begebenheit, ohne allerdings die rechtlich problematischen Aspekte des Ganzen zu erwähnen.
    »Schön und gut, aber was geht mich das an? Einen Maria-Theresia-Orden werden Sie doch nicht erwarten.«
    »Bei Ihrer Tochter fand sich eine benützte Schusswaffe und in der Wohnung, die sie verlassen hatte, das Ergebnis der Benützung.«
    »Ich verstehe nicht ganz.« Während dieser Worte zerriss er langsam und methodisch meine Karte zu winzigen Fetzen, ohne mich auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
    »Eine Leiche. In der Wohnung fand sich eine Leiche.«
    »Und Sie wollen diesen Mord, von dem ich nichts weiß, meiner Tochter anhängen? Doktor der Philologie, was ist das? Eine Krankheit?«
    »Wenn, dann eine schlecht bezahlte.«
    »Sie wollen mich also erpressen.« Er ließ die Papierschnipsel in einen Aschenbecher auf dem Tisch fallen.
    »Nichts läge mir ferner. Ich bin der Meinung, dass Ihre Tochter weiterhin das tun sollte, was leichtsinnige junge Leute gerne tun.« Ich machte eine kleine Pause. »Und nicht für zehn Jahre einfahren. Das wäre sicher nicht gut für Ihre Geschäfte. Juristerei braucht den Anschein von Wohlanständigkeit und Solidität. Aber
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