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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey
Autoren: Ein Mann von Ehre
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danach?«
»Weil ich ein Motorrad und einen ausgezeichneten Fahrer brauche«, gab Romanow zur Antwort.
    Adam konnte nichts gegen die Dame mittleren Alters unternehmen, die die Telefonzelle in unmittelbarer Nähe des Tower, von der aus er Romanow angerufen hatte, besetzt hielt. Er war nervös aus der Zelle getreten, um die Brücke in Augenschein zu nehmen, und in eben diesem Augenblick war sie hineingeschlüpft. Sie wunderte sich bestimmt, daß der junge Mann nicht einfach die leere Zelle nebenan benützte.
    Besorgt schaute Adam auf die Uhr: zehn Uhr fünfundvierzig. Er konnte es nicht riskieren, auch nur eine Minute länger als bis elf zu warten, aber er war überzeugt, daß Romanow bereits wesentlich früher in Erfahrung gebracht hätte, von wo Adams Anruf gekommen war.
    Die gesprächige Dame brauchte zwölf Minuten, bis sie endlich auflegte. Sie trat aus der Zelle und bedachte Adam mit einem herzlichen Lächeln.
    Drei Minuten später und Adam hätte Lawrence anrufen und seinen ursprünglichen Plan fallenlassen müssen. Er begann die Beefeater zu beobachten, die unter dem Traitors’ Gate patrouillierten. Traitors’ Gate – »Brücke der Verräter« –, wie passend, dachte Adam. Er hatte die Stelle gewählt, weil er den Fußweg, der zur Zugbrücke führte, von hier aus in beiden Richtungen genau zu überblicken vermochte. Daß sie ihn überrumpeln würden, stand nicht zu erwarten. Und für den schlimmsten Fall gab es da noch den Graben.
    Zum erstenmal im Leben erfuhr Adam am eigenen Leib, wie lange fünf Minuten sein können. Als das Telefon schrillte, klang es wie eine Alarmglocke. Nervös nahm er den Hörer ab, ohne den Blick auch nur einen Augenblick von der Hauptstraße zu wenden.
    »Scott?«
»Ja.«
»Ich kann Sie deutlich sehen, da ich weniger als eine Minute
    von Ihnen entfernt bin. Ich werde nach Ablauf dieser Minute am Ende der Brücke stehen. Sehen Sie zu, daß Sie rechtzeitig mit Ihrer Ikone dort sind. Sonst werde ich die Dokumente, die die Unschuld Ihres Vaters beweisen, vor Ihren Augen verbrennen.«
    Und schon hatte er wieder aufgelegt.
Adam war begeistert: Wieder hatte sich ein Teilchen in das Puzzle eingefügt. Er trat aus der Telefonzelle und suchte die Straße in beiden Richtungen ab. Am Ende der Brücke bremste ein BMW-Motorrad so scharf ab, daß es seitlich ausbrach. Der Fahrer trug eine Lederjacke; er saß rittlings auf der Maschine und schien sich nur für den vorbeiflutenden Verkehr zu interessieren. Der Mann hinter ihm sah aber direkt zu Adam
    herüber.
    Adam ging langsam auf die Brücke zu. Er steckte eine Hand in die Tasche. Er wollte sich vergewissern, daß die Ikone noch an ihrem Platz war.
    Er war etwa dreißig Meter vom Ende der Brücke entfernt, als der zweite Mann vom Motorrad stieg und ihm entgegenkam. Ihre Blicke trafen einander. Romanow blieb wie festgenagelt stehen und hielt einen kleinen viereckigen Rahmen in die Höhe. Adam klopfte nur gegen seine Tasche und marschierte weiter. Die beiden Männer gingen aufeinander zu wie Ritter in alten Zeiten. Als sie nur noch wenige Schritte voneinander entfernt waren, blieben sie fast gleichzeitig stehen und sahen sich an.
    »Zeigen Sie sie mir«, sagte Romanow.
     
    Adam zögerte kurz. Dann zog er die Ikone langsam aus der Tasche und hielt sie so an seine Brust, daß sein Gegner dem heiligen Georg direkt in die Augen blickte.
     
    »Drehen Sie sie um«, befahl Romanow.
    Adam kam der Aufforderung nach. Der Russe konnte seine Freude nicht verbergen, als er die kleine Silberkrone des Zaren in der Rückseite des Rahmens erblickte.
    »Jetzt sind Sie an der Reihe«, sagte Adam. Romanow streckte seine Ikone vom Körper weg, als schwinge er ein Schwert. Das Meisterwerk glänzte in der Sommersonne.
    »Und jetzt die Dokumente«, befahl Adam. Er zwang sich, ruhig zu sprechen.
Der Russe zog ein Päckchen aus seiner Tasche und faltete die Papiere auseinander. Zum zweitenmal hatte Adam nun das offizielle Gerichtsurteil vor Augen.
»Gehen Sie bis zur Mauer«, sagte Adam und deutete mit der linken Hand auf die Seite der Brücke. »Legen Sie die Ikone und die Dokumente darauf.«
Romanow folgte seinen Anweisungen. Adam schritt zu der Mauer auf der anderen Seite der Brücke und legte seine Ikone mitten darauf.
»Langsam wieder hinübergehen«, rief Adam. Die beiden Männer schritten seitwärts gewandt über die Brücke zurück. Sie hielten einen Abstand von einigen Metern, bis sie die Ikone des anderen erreichten. Kaum war das Bild in seiner Reichweite, da
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